f "Zum Forsthof" in Schwachhausen... ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Freitag, 5. Oktober 2012

"Zum Forsthof" in Schwachhausen...

"Zum Forsthof"in Schwachhausen...


Bilder, Erinnerungen und Geschichte einer niedersächsischen Dorfgaststätte


Es ist nun noch nicht lange her - gerade einmal eineinhalb Jahre - dass der "Forsthof" aus dem Dorfbild Schwachhausens verschwunden ist. Besser bekannt war die Gaststätte und Kneipe unter dem Namen "Bei Steffi" (nach der letzten Besitzerin Steffi Vrana). Auch die Jüngsten werden den typischen Giebel noch kennen, denn das einst "Zur Linde" getaufte Haus hatte seinen Platz mitten im Ort Schwachhausen. Dies war auch der Grund, weswegen sich heimattreue Stimmen erhoben, als das Gebäude im Frühjahr 2011 abgerissen wurde. 


Geschichtlicher Hintergrund...

Die Gaststätte war im strengen Sinn genommen der letzte noch zum eigentlichen Zweck genutzte Teil des ehemaligen Gutes zu Schwachhausen (Beitrag zum Gut). Als "Gutskrug" wurde das Gebäude im 18 Jh (1785) durch Christian Ludwig Friedrich Freiherr Schenk von Winterstedt Teil des Gutes. Es ist anzunehmen, dass die Schankwirtschaft dienen sollte Reisende und Fuhrleute zur Einkehr zu laden. Die Verbindung adeliger Güter mit Gastwirtschaften ist nicht ungewöhnlich. In Oppershausen zum Beispiel bestand zwischen Gutshof und Gutsschenke ebenfalls eine Verbindung. 








(Balken an der Westseite des ehemaligen Gutskruges. Bild von Wilhelm Tietje, 08.11.2011). 


Nachdem die von Winterstedt in den 30ern der 19 Jh ausstarben (1838, mit Christian Ludwig Friedrich) standen die zugehörigen Gebäude zunächst leer. Gegen 1850 wurden die Ländereien durch die Offensener und Schwachhäuser Bauern aufgekauft. Teile des Gutshauses wurden abgebrochen - andere wurden in Wienhausen wieder neu aufgebaut. 

Die Gastwirtschaft wurde später von Kaunes bewirtschaftet. Und zwar von der Cousine meines Urgroßvaters. Als diese die Gastwirtschaft aufgaben, wurde sie von Hagemanns übernommen. 

Das 20. Jahrhundert...

Bilder aus den 30ern zeigen, dass an der Gastwirtschaft keine baulichen Veränderungen vorgenommen wurden. 



Bild: Krugwirtschaft zu Schwachhausen 1963 (fälschlicher Weise zu Oppershausen gezählt und daher bei der Suche nicht so einfach zu finden...). Quelle: Mit freundlicher Unterstützung des Landesamtes für Denkmalpflege Niedersachsen (Hinweis: für eine weiterführende Nutzung verweise ich an dieser Stelle auf das Landesamt für Denkmalpflege: http://www.denkmalpflege.niedersachsen.de/). 

Später in den 60ern übernahmen Steffi Vrana (verstorben 2010) und ihr Mann Horst Vrana (verstorben 1982) das Wirtshaus. Steffi Vranas Mutter, Erna Döll hatte das Haus gekauft. Sie gaben ihm den neuen Namen: zum Forsthof (bisher: zur Linde). Bei den Leuten im Dorf war die Gastwirtschaft bald schon unter dem Namen "Steffi" bekannt. Die Eigentümerin sagte später einmal:" Damals (...) war die Welt noch in Ordnung. Das Bier kostete 50 Pfennig und eine Dorfkneipe konnte sich über den Mangel an Gästen nicht beklagen..." 




Bild: Steffi Vrana vor dem Forsthof 1993. Quelle: CZ-Ausgabe vom 24.04.1993 - "Jubiläum im Dorfgasthaus: Hier leben 100 mit Vieh". 

Zum 25 jährigen Jubiläum der Gastwirtschaft erinnerte Steffi an die Blüte des Forsthofes. Jung und Alt fand sich dort bei der Rast oder nach getaner Arbeit. "Steffi" das war sozusagen der Treffpunkt der Jugendlichen. Würfel- und Kartenspiele aber auch das "Stiefel-Trinken" waren beliebte Freizeitspiele berichtete die Nachbarin Heidi Santelmann (CZ. 24.09.2011). Auch, als die Zeiten sich änderten und die Diskotheken zu locken begannen, schafften es Steffi und ihr Mann das Freizeitangebot anzupassen. 1973 wurde die Kegelbahn gebaut und eingeweiht. Diese wurde ein wesentliches Standbein des Forsthofes. Vereine aus dem ganzen Landkreis meldeten sich an. 
Auch wenn die Gastwirtschaft nach und nach nachließ, wurde der zum Gebäude gehörende Saal regelmäßig genutzt. Geburtstage, Jubiläen, Hochzeiten - aber auch Silvesterfeiern und das jährliche "Erntebier" fanden bis 2010 statt. 












Bild: typische Ortsansicht in Schwachhausen bis März 2011 (Blick aus dem Birkendamm). Quelle: eigenes Bild. 

Geborgen unter mächtigen Eichen und leicht verdeckt von den vorderseitigen Lindenbäumen kannte man den Forsthof - er war einer der markanten Punkte des Dorfes. Gleichzeitig war die Gastwirtschaft etwas besonderes, denn kein anderes Dorf im Umkreis verfügte so lange über eine traditionelle Schankwirtschaft (mit wenigen Ausnahmen). 
Bild: Der Schützenumzug 2008 (Kapelle) zieht am Forsthof vorbei. Quelle: eigenes Bild. 

Leider verstarb Steffi Vrana nach langer Krankheit im Jahr 2010. Da sich kein Nachfolger fand, der die Gastwirtschaft übernahm, wurde das Haus mit Grundstück verkauft. Kurzzeitige Überlegungen das Gebäude zu einem Dorfgemeinschaftshaus umzugestalten scheiterten leider. Während die Befürworter an die Historie appellierten konterten die Gegner, dass die Bausubstanz eine Sanierung und Renovierung zu kostspielig machen würden. Wie bereits eingangs erwähnt wurden an dem Haus kaum bauliche Veränderungen vorgenommen. Es gab ein Gutachten in der Sache welches bauliche Mängel nachwies. Es kann weiterhin gemutmaßt werden, dass vor allem das Dach sowie der Dachstuhl Kostenschwerpunkte bildeten. 



Bild: Alter Gutskrug verschwindet. Quelle: CZ-Artikel vom 23.02.2011.

Nachdem sich kein Käufer fand, der das Haus bereit war zu sanieren, erwarb es Ende 2010/Anfang 2011 Rolf Kinzel aus Offensen. Angeblich soll das Haus mit Grundstück weniger als 40.000 € gekostet haben - aber das ist nur ein Gerücht!

In den folgenden Monaten wurde das Gebäude nach und nach abgebaut. Ein Großteil des Baumaterials (Balken, Steine) wurde verkauft und wahrscheinlich anderenorts wieder zum Bau verwendet.






Bild: Abbruch des Forsthofes. Ansicht von Westen - Über dem Mittelfenster war der oben gezeigte Balken verbaut. Quelle: Wilhelm Tietje, 08.03.2011.



Bild: Ruine des ehemaligen Forsthofes Ende März 2011. es stehen nur noch die unteren Elemente des Fachwerks und die Kegelbahn (links). Quelle: eigenes Bild.




Bild: Ortsansicht Schwachhausens nach der Preußischen Landesaufnahme (1877 - 1906). Die Gastwirtschaft ist genau gegenüber der T-Kreuzung. Das Gebäude rechts davon war der alte Wage-Schuppen. Quelle: Landesamt für Geoinformation Niedersachsen (2012).




Bild: Luftbild von Schwachhausen. Quelle: Landesamt für Geoinformation Niedersachsen.


Fazit und heutiger Bezug...

Mit dem Abriss des ehemaligen Gutskruges ist ein Stück greifbarer Heimatgeschichte unwiederbringlich verloren gegangen. Nicht nur, dass ein traditionelles Haus eingerissen wurde - auch die dörflichen Beziehungen wurden teils stark strapaziert. In der Diskussion was mit dem Haus geschehen sollte, waren die Meinungen gespalten. Einige plädierten für ein traditionelles Dorfgemeinschaftshaus in Schwachhausen - andere befürworteten den Bau eines neuen Gebäudes in Offensen. Als sich letzterer Vorschlag durchsetzte waren viele der erst genannten Partei enttäuscht. Jedes Mal wenn das Thema angesprochen wird finden sich daher wehmütige Stimmen, die an "den schönen alten Giebel" erinnern.

Es ist wirklich schade, dass sich niemand gefunden hat, der das Haus gekauft und saniert hat. Andererseits darf man den Abbruch nicht verurteilen denke ich.



Bild: "Nachbau" des Forsthofes zum Schützenfest 2012. Bild: Gerd Keil, Karin Wrede, Offensen 2012.


Der Forsthof wird in guter Erinnerung bleiben und nicht vergessen werden!


Gruß,
S.t.a.l.k.e.r.







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1 Kommentar:

  1. Wieder eine sehr interessante Geschichte! Ich persönlich finde es auch sehr schade, dass es meist nur an den Kosten liegt, wenn Geschichte - sei es in Form von Häusern, Bäumen, Denkmalen, usw. - aus den Ortsbildern verschwindet. Umso wichtiger, dass die Geschichte(n) wenigstens in dieser Form erhalten bleibt...

    Danke dafür und Gruß aus Hambühren :-)

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