
„Man erzählte sich, dass hier ein KZ entstehen sollte...“
In
einem Waldstück zwischen Steinhorst und der ehemaligen Gastwirtschaft „Großer
Kain“, an der heutigen Bundesstraße 4, befinden sich moosbewachsene Fundamente
und Trümmer. Offenbar stammen die Relikte aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs
und gehörten zu einem Lager, dass sich bei Ende des Krieges noch im Aufbau befand.
Nach Kriegsende entstanden Gerüchte, wonach dort ein KZ entstehen sollte. Auch wenn diese Gerüchte nicht stimmten, stellt sich doch die Frage, zu welchem Zweck dieses Lager diente bzw. dienen sollte. Was ist heute noch darüber bekannt? Dieser Beitrag dient als Zusammenfassung der bisher vorliegenden Erkenntnisse.
Nach Kriegsende entstanden Gerüchte, wonach dort ein KZ entstehen sollte. Auch wenn diese Gerüchte nicht stimmten, stellt sich doch die Frage, zu welchem Zweck dieses Lager diente bzw. dienen sollte. Was ist heute noch darüber bekannt? Dieser Beitrag dient als Zusammenfassung der bisher vorliegenden Erkenntnisse.
Östlich
von Steinhorst, an der ehemaligen Gastwirtschaft „Großer Kain“, mündet die
Landstraße 282 auf die Bundesstraße 4 – fast genau auf halber Strecke zwischen
Uelzen und Gifhorn. Etwa 500 m vor der Kreuzung, in Richtung Steinhorst
gelegen, befinden sich Hinterlassenschaften eines ehemaligen Barackenlagers
nördlich der Landstraße 282. Vorbeifahrenden fallen die verwitterten Fundamente
und maroden Mauerreste jedoch ebenso wenig ins Auge, wie sie den meisten
Ortsansässigen bekannt sein dürften.

Historische
Luftbilder, aufgenommen von Aufklärungsflugzeugen der US Air Force, zeigen das
Barackenlager Anfang April 1945 deutlich. Der 9. April 1945, als die Aufnahmen
entstanden, war ein klarer, sonniger Tag. Die erkennbaren Schattenverläufe
legen nahe, dass die Luftbilder zwischen 09.00 und 10.00 Uhr morgens entstanden
sein müssen.
Bei genauem Hinsehen ist erkennbar, dass sich das Lager noch im
Ausbau befand – größere, helle und daher das Sonnenlicht reflektierende Flächen deuten auf bereits
errichtete Fundamente im nordwestlichen Bereich des Barackenlagers hin. Im
östlichen Teil scheinen zu diesem Zeitpunkt schon einige überdachte Baracken
vorhanden gewesen zu sein – die
Schattenverläufe weisen hier auf vorhandene Satteldächer hin.

Bild: Luftaufnahme des Barackenlagers, 09.04.1945. Quelle: USAAF, NARA.
Insgesamt
13 gebäudeähnliche Strukturen sind auf dem Luftbild zu erkennen, wobei kleinere
Bauten von Bäumen verdeckt sein können. Zehn der Baracken deuten von ihren
Abmessungen auf Unterkünfte hin. Sie weisen eine Länge von ca. 30 m und eine
Breite von rund 14 m auf.
Insgesamt hätten die Unterkünfte des Barackenlagers
damit über eine Nutzfläche von etwa 4.200 m2 verfügt. Das Lager als
solches hatte eine Ausdehnung von knapp 3,6 ha.

Bild: Lage des Barackenlagers, heute. Quelle: Google Earth.
Schriftliche
Quellen zur Geschichte und Entstehung des Barackenlagers sind so gut wie nicht vorhanden. In
der Chronik der Paul König GmbH, einem (Beton-)Bauunternehmen mit Sitz in
Hankensbüttel, findet sich ein Hinweis darauf, dass Unternehmen bereits in den
1930er Jahren an verschiedenen Bauprojekten im Bereich des ehemaligen
Flugplatzes Dedelstorf beteiligt gewesen ist.[1]
Zum
Ende des Krieges war das Unternehmen am Bau einer Flugzeughalle am Standort
Dedelstorf sowie bei den beginnenden Baumaßnahmen an einem Barackenlager
westlich des Großen Kains beteiligt.[2]
[1] Chronik; 100 Jahre König –
Baugeschichte, https://www.koenig-beton.de/_media/media/historie.pdf, Abgerufen
am: 10.04.2019, 22:18 Uhr.
[2] Chronik; 100 Jahre König –
Baugeschichte, https://www.koenig-beton.de/_media/media/historie.pdf, Abgerufen
am: 10.04.2019, 22:18 Uhr.

Bild: Vermessung von Relikten im Bereich des ehemaligen Barackenlagers, heute. Quelle: H. Altmann.
Bereits
die geografische Nähe des Barackenlagers und des ehemaligen Flugplatzes bei
Dedelstorf lässt darauf schließen, dass beide Einrichtungen miteinander in
Verbindung standen. Der Bau des Fliegerhorstes erfolgte ab Sommer 1936 in
mehreren Abschnitten und dauerte und wurde zu wesentlichen Teilen bis 1939
abgeschlossen.[1]
Das Rollfeld bestand zunächst ausschließlich aus einem geebneten Untergrund,
der mit Gras und Klee bepflanzt wurde.[2] Ab
Dezember 1944 wurde allerdings mit dem Bau einer betonierten Rollbahn im
südlichen Teil des Flugfeldes begonnen.[3]
Die
Angaben hierzu sind laut den vorliegenden Quellen teilweise widersprüchlich. So
soll die Rollbahn einerseits als Ausbau der heutigen Bundesstraße 4 erfolgt
sein[4] -
andererseits legen alliierte Luftbilder vom 9. April 1945 nahe, dass sich die, damals
noch als solche bezeichnete, Reichsstraße 4 aufgrund des dichten Baumbestandes
nicht als Start- bzw. Landebahn eignete.
Vielmehr scheint die besagte Rollbahn
in Ost-West-Richtung im südlichen Bereich des Flugfeldes verlaufen zu sein.[5] Fertiggestellt
wurde dieses Bauprojekt allerdings nicht – Spuren davon sind im Gelände nur
noch mit sehr genauem Hinsehen erkennbar.
[1] Zapf, Flugplätze der Luftwaffe 1934
– 1945 – und was davon übrig blieb, Bd. 7, S. 103.
[2] DeZeng, Luftwaffe Airfields 1935-45
– Germany (1937 Borders), S. 118.
[3] Zapf, Flugplätze der Luftwaffe 1934
– 1945 – und was davon übrig blieb, Bd. 7, S. 105.
[4] Seyffarth / Tronnier, Dedelstorf –
eine Kaserne in der Heide – Geschichte des Standortes Dedelstorf 1935-1994, S.
133.
[5] Zapf, Flugplätze der Luftwaffe 1934
– 1945 – und was davon übrig blieb, Bd. 7, S. 105.

Bild: Übersichtskarte der auffindbaren Relikte des ehemaligen Barackenlagers. Quelle: H. Altmann.
Am Bau
der Rollbahn sollen unter anderem italienische Militärinternierte beteiligt
gewesen sein, die zuvor aus dem Offizierslager (kurz: „Oflag“) 83 bei
Wietzendorf eigens zu diesem Zweck nach Dedelstorf überstellt worden waren.[1]
Die
italienischen Offiziere waren im Rahmen des Militärputsches interniert worden,
in dessen Zuge am 24. Juli 1943 der italienische Diktator Benito Mussolini von
einer Gruppe um den Marschall Badoglio verhaftet worden war.[2] Durch
den Abfall des ehemaligen Bündnispartners genossen die italienischen
Militärinternierten keinen besonders hohen Stand im Deutschen Reich – im
Gegenteil: man stufte sie vielmehr als Verräter ein.
[1] Köhler, Zwangsarbeit in der
Lüneburger Heide, S. 373.
[2] Michaelis, Die Endphase des 2.
Weltkrieges und seine Folgen, in: Der Zweite Weltkrieg, Bertelsmann
Lexikon-Verlag, S. 542 f.

Bild: das einstige Barackenlager befand sich links der Straße zwischen Steinhorst, kurz vor Erreichen der Kreuzung am Großen Kain. Quelle: H. Altmann.
Über
den Einsatz der italienischen Militärinternierten als Zwangsarbeiter im Bereich
des Flugplatzes Dedelstorf liegen keine Unterlagen von deutscher Seite vor.
Überstellungsbefehle, Gefangenenliste oder sonstige Dokumente, die
detaillierten Aufschluss zur Unterbringung oder zum Arbeitseinsatz bei Dedelstorf
geben könnten, sind nicht mehr vorhanden. Wohl aber existieren mehrere Berichte
ehemaliger italienischer Häftlinge, die weitere Informationen zu den
Zusammenhängen liefern.
Die
Ankunft der italienischen Offiziere erfolgte demzufolge am 17. Februar 1945 am
Bahnhof in Repke.[1]
Die vorliegenden Quellen geben die Anzahl der bei Dedelstorf eingetroffenen
italienischen Militärinternierten mit rund 214 Personen an.[2] Es
liegt nahe, dass für diese entsprechende Unterkunftsmöglichkeiten eingerichtet
worden sein müssen.
Allerdings nehmen nur wenige Quellen hierauf Bezug – bei
den meisten Berichten stehen die schlechten Lebensbedingungen, die mangelhafte
Ernährung und die raue Behandlung durch die deutschen Bewacher im Vordergrund.
Es ist daher in vielen Fällen nicht möglich, Rückschlüsse auf die genaue Lage
der Unterkünfte zu ziehen.
[1] Parodi, Gli Eroi Di Unterlüss, S.
77; Are, Nebbia & Girasoli, S. 108-109; Bechelloni, Deportati E Internati
della Sicilia, S. 36; Ferrara, La vera storia deglui uffiviali italiani
deportati nel campo di Unterlüss,
http://www.associazioni.milano.it/aned/tr_udine/1998/1/article/1998-1--A-6.htm
, abgerufen am 08.04.2019, 19:33; Beiletti / Di Giorgi, Rapporto sul Campo 83 –
Wietzendorf, S. 21.
[2] Guaresch, Relazioni Testimonianze,
in: Il Grande Diario, S. 3; Parodi, Gli Eroi Di Unterlüss, S. 77; Are, Nebbia
& Girasoli, S. 108-109.

Bild: mittlerweile wachsen Bäume im Bereich des ehemaligen Barackenlagers - es ist aus einiger Entfernung daher praktisch nicht mehr zu erkennen. Quelle: H. Altmann.
Dennoch
finden sich stichhaltige Hinweise dafür, dass die italienischen
Militärinternierten in dem, sich noch im Bau befindlichen, Barackenlager
westlich des Großen Kains untergebracht worden sind. Unter anderem heißt es, dass
die Italiener in einem Barackenlager in drei Kilometer Entfernung zum Flugplatz
Dedelstorf untergebracht waren.[1] Die
Relikte des Barackenlagers westlich der Straßenkreuzung am Großen Kain, liegen
exakt drei Kilometer vom ehemaligen Flugplatz entfernt.

Bild: Bausandgrube im nordöstlichen Bereich des ehemaligen Barackenlagers. Quelle: H. Altmann.
Am 18.
Februar – also am Folgetag nach der Ankunft in der Gegend – wurden die
Italiener in Gruppen für die Arbeit eingeteilt und zum Barackenlager gebracht.[1] Diego
Are, der als Offizier interniert worden war, hielt die Ereignisse in seinem
Tagebuch[2]
folgendermaßen fest:
„Sie teilten uns in Dreiergruppen ein.
Meine Gruppe kommt nach drei Kilometern, mitten in dem Flugzeuge versteckenden
Fichtenwald, an einen Punkt wo Baracken hergestellt werden. Von einigen ist
bereits die Decke zu sehen, von den anderen ist nur die Basis erstellt.
Hilfsarbeiter zeigen uns unsere Arbeit: Wagen aufladen, „Populit-Platten“
transportieren, Erdboden begradigen.“
Aufgrund
der hohen Belegung mit Flugzeugen, mussten diese teilweise in den
Auflockerungsbereichen des Flugplatzes abgestellt werden. Hierzu wurden in der
Nordwestecke und in der Südwestecke zu beiden Seiten der Landstraße zwischen
Steinhorst und Hankensbüttel Lichtungen in die dort befindlichen Wälder
geschlagen.[3]
In diesen Bereichen wurden anschließend sogenannte Splitterschutzwälle
aufgeschüttet und Flugzeuge abgestellt. Es liegt nahe, dass die italienischen
Internierten auf dem Weg vom Flugplatz zum Barackenlager an solchen
Abstellplätzen vorbeikamen.
Die
Erwähnung von „Populit-Platten“ im Tagebuch[4] von
Diego Are ist ebenfalls interessant. Bei Populit handelte es sich um einen
experimentellen Zement-Baustoff, der mit Fasern von Pappeln und Algen vermischt
wurde. Der Baustoff kam auch zur Zeit des Dritten Reiches zum Einsatz. Im
Bereich des Barackenlagers westlich des Großen Kains finden sich noch heute
zerbrochene Reste dieser alten Populit-Platten.
[1] Are, Nebbia & Girasoli, S.
108-109.
[2] Are, Nebbia & Girasoli, S.
108-109.
[3] Zapf, Flugplätze der Luftwaffe 1934
– 1945 – und was davon übrig blieb, Bd. 7, S. 102.
[4] Are, Nebbia & Girasoli, S.
108-109.

Bild: Reste von "Populit-Platten" - die Überreste finden sich überall im Areal des ehemaligen Barackenlagers. Quelle: H. Altmann.
Aufgrund
der allgemeinen Entkräftung und Erschöpfung, die maßgeblich auf die
Verhältnisse im Oflag 83 zurückzuführen war, kam es zwischen dem 18. Und 24.
Februar 1945 zu einer kollektiven Arbeitsverweigerung durch die italienischen
Offiziere.[1]
Einerseits sahen sich die Internierten körperlich außerstande die schwere
Arbeit zu verrichten – darüber hinaus lehnte man es offenbar auch ab die
deutsche Kriegswirtschaft aktiv zu unterstützen.[2]
Nachdem Verhandlungsversuche ergebnislos verlaufen waren, erschienen laut
Zeitzeugenberichten am 24. Februar 1945 Beamte der Gestapo im Lager.[3] Offenbar
zur Machtdemonstration und als Strafmaßnahme wurden Schwache und Kranke
ausselektiert – den Quellen nach schwanken die Angaben hierzu zwischen 21[4] und
25[5]
Personen. Diego Are hielt hierzu fest[6]:
„Der Dolmetscher der Gestapo gibt bekannt,
dass diese 25 Arbeiter ins Straflager geschickt werden und meldet, dass allen
die nicht arbeiten wollen, das gleiche geschehen wird.“
Hierauf
berichten die vorliegenden Quellen einheitlich, dass sich mehrere (40 oder 44)
weitere der italienischen Internierten neben die soeben ausgewählten Personen
gestellt hätten.[7]
Sowohl die unfreiwillig ausgewählten, als auch die freiwillig hervorgetretenen
Offiziere wurden schließlich in das Arbeitserziehungslager nach Unterlüß
überstellt.[8]
Ungeachtet dieses Vorgangs ging der Arbeitseinsatz für die in Dedelstorf
verbliebenen Italiener weiter.
[1] Guaresch, Relazioni Testimonianze,
in: Il Grande Diario, S. 3; Parodi, Gli Eroi Di Unterlüss, S. 77.
[2] Are, Nebbia & Girasoli, S.
108-109; Beiletti / Di Giorgi, Rapporto sul Campo 83 – Wietzendorf, S. 21.
[3] Parodi, Gli Eroi Di Unterlüss, S.
78.
[4] Parodi, Gli Eroi Di Unterlüss, S.
82.
[5] Are, Nebbia & Girasoli, S.
108-109.
[6] Are, Nebbia & Girasoli, S.
108-109.
[7] Parodi, Gli Eroi Di Unterlüss, S.
82; Are, Nebbia & Girasoli, S. 108-109; Bechelloni, Deportati E Internati
della Sicilia, S. 36; Ferrara, La vera storia deglui uffiviali italiani
deportati nel campo di Unterlüss, http://www.associazioni.milano.it/aned/tr_udine/1998/1/article/1998-1--A-6.htm
, abgerufen am 08.04.2019, 19:33; Beiletti / Di Giorgi, Rapporto sul Campo 83 –
Wietzendorf, S. 21.
[8] Köhler, Zwangsarbeit in der
Lüneburger Heide, S. 373.

Bild: überall im Bereich des ehemaligen Barackenlagers liegen Trümmer verstreut. Quelle: H. Altmann.
Diego
Are, der ebenfalls in Dedelstorf verblieb, schilderte in seinem Tagebuch den
weiteren Verlauf der Arbeiten im März und Anfang April 1945. Die italienischen
Internierten mussten in dieser Zeit Forstarbeiten ausführen und hierbei schwere
Baumstämme per Hand transportieren.[1]
In
der Anlage zum Befehl OKL Gen.Qu. (Abt. LwBod.Org.II) vom 20. Dezember 1944
(„Silberprogramm“) wurde für den Standort Dedelstorf angegeben: „Flugplatz,
Ausbau einer Landstraße als Behelfsstartbahn, außerdem Startbahnneubau 1.700 x
50 m“.[2]
Da vorhandenen
Startbahnen für die neu entwickelten Düsenflugzeuge zu kurz waren, sollte der
Startbahnneubau den Flugplatz für den Einsatz dieser neuartigen Waffen
aufwerten. Im westlichen Bereich musste daher ein größerer Bereich von Bäumen
befreit werden, wobei sehr wahrscheinlich die italienischen Internierten zum
Einsatz gekommen sind.
[1] Are, Nebbia & Girasoli, S.
108-109.
[2] Zapf, Flugplätze der Luftwaffe 1934
– 1945 – und was davon übrig blieb, Bd. 7, S. 105.

Bild: Reste von Fundamenten im Bereich des ehemaligen Barackenlagers. Quelle: H. Altmann.
Am 8.
März 1945 findet sich ein weiterer Eintrag im Tagebuch[1] von
Diego Are, der Bezug auf das Barackenlager nimmt:
„Wir verlassen die Kaserne des Flugplatzes
und wechseln dorthin, wo die Baracken gebaut werden – drei Kilometer entfernt.
Die erste Baracke ist bedeckt, aber noch nicht fertig. Sie ist für unsere
Unterbringung bestimmt. Das Wasser wird aus der Erde geholt, wozu man durch
einen engen Gang hinuntergeht.“

Bild: betonierte Grube im zentralen Bereich des ehemaligen Barackenlagers. Quelle: H. Altmann.

Bild: betonierte Grube im zentralen Bereich des ehemaligen Barackenlagers. Quelle: H. Altmann.

Bild: betonierte Grube im zentralen Bereich des ehemaligen Barackenlagers. Quelle: H. Altmann.

Bild: betonierte Grube im zentralen Bereich des ehemaligen Barackenlagers. Quelle: H. Altmann.

Bild: betonierte Grube im zentralen Bereich des ehemaligen Barackenlagers. Quelle: H. Altmann.
Am 29.
März 1945 wechselten die Italiener offenbar zurück in die Kasernen.[1] Am 7.
April, also knapp eine Woche vor der Ankunft der US Truppen, wurden die
italienischen Internierten nach Celle geschickt, „um den Bahnhof von Trümmern
zu befreien“, wie Diego Are in seinem Tagebuch[2]
vermerkte. „Besser so. Wir nähern uns der Front und der Freiheit,“ so Are
weiter.
Allerdings könnte insoweit eine Verwechselung vorliegen, da der
Celler Bahnhof erst am 8. April 1945 durch einen schweren alliiertenBombenangriff getroffen wurde und daher die Datumsangabe nicht ganz exakt ist.

Bild: betonierte Bodenplatten für ehemalige Baracken - heute vollkommen überwachsen. Quelle: H. Altmann.

Bild: betonierte Bodenplatten für ehemalige Baracken - heute vollkommen überwachsen. Quelle: H. Altmann.

Bild: betonierte Bodenplatten für ehemalige Baracken - heute vollkommen überwachsen. Quelle: H. Altmann.

Bild: betonierte Bodenplatten für ehemalige Baracken - heute vollkommen überwachsen. Quelle: H. Altmann.
In
Steinhorst scheint man von diesen Ereignissen offenbar so gut wie nichts mitbekommen zu haben. Erst nach Kriegsende machten Gerüchte die Runde, dass dort ein Konzentrationslager gebaut werden sollte.[1] Dies traf zwar nicht zu - vielmehr entstand dieses Gerücht aus den spärlichen Informationen vorhanden waren. Die
älteren Steinhorster, also diejenigen die das Kriegsende bereits als Erwachsene
erlebten, berichteten nach Ende des Krieges offenbar nur wenig über die Zusammenhänge.
Es wurde
nicht darüber gesprochen, man fragte nicht danach – man wollte das lieber nicht
so genau wissen.[2]
Ursprünglich stand das Land, auf dem das Barackenlager westlich der heutigen
Bundesstraße 4 errichtet wurde, im Eigentum der Familie des ehemaligen Bürgermeisters
Hasselmann. Doch offenbar erhielten auch die einstigen Eigentümer keine genauen Informationen darüber, zu welchem Zweck das Gelände genutzt werden sollte.
[1] Hr. Hasselmann, Gespräch am
28.03.2019; Fr. Pagel, Gespräch am 04.04.2019.
[2] Hr. Hasselmann, Gespräch am
28.03.2019.

Bild: betonierte Bodenplatten für ehemalige Baracken - heute vollkommen überwachsen. Quelle: H. Altmann.

Bild: betonierte Bodenplatten für ehemalige Baracken - heute vollkommen überwachsen. Quelle: H. Altmann.

Bild: betonierte Bodenplatten für ehemalige Baracken - heute vollkommen überwachsen. Quelle: H. Altmann.

Bild: betonierte Fundamente für ehemalige Baracken - heute vollkommen überwachsen. Quelle: H. Altmann.
Die
Bandbreite der heute vorliegenden Zeitzeugenberichte reicht von Darstellungen,
wonach an Ort und Stelle noch keine Baracken gestanden hätten bis hin zu
Aussagen denen zufolge Fundamente, niedrige Mauern, gemauerte Kaminanschlüsse
und Baumaterial vor Ort vorzufinden waren.
Angehörige Soldaten des Dedelstorfer
Flugplatzes berichteten später, dass sie auf ihrem Weg nach Steinhorst mit dem
Fahrrad an dem Barackenlager vorbeikamen und manchmal sogar eine geladene
Pistole dabei hatten – aus Sorge vor Überfällen von Arbeitern aus dem Lager.[1]
Demzufolge sollen sich auch bereits Wachmannschaften bei dem Barackenlager
befunden haben.[2]
Der Bau
des Barackenlagers begann – einigen Zeitzeugen zufolge – bereits im August / September
1944.[3] Der
Ausbau des Lagers war demzufolge jedoch bei Kriegsende noch längst nicht
abgeschlossen. Vor Ort waren noch viele Baumaterialien vorhanden, die kurz nach
Ende des Krieges von der Steinhorster Bevölkerung abgeholt wurden.[4]
Im
Bereich des Barackenlagers sollen sich bei Kriegsende demzufolge auch Teile
gezimmerter Dachstühle befunden haben, die zusammen mit weiterem Baumaterial
von der ortsansässigen abtransportiert wurden. Das Baumaterial wurde für
verschiedene private Bauprojekte in Steinhorst verwendet – unter anderem zum
Bau von Baracken an der Lachte.
Zwischen Steinhorster Feuerwehrgebäude und dem
heutigen Haus der Gemeinde entstanden bereits 1946 Unterkunftsbaracken für
Polizeischüler.[5]
Diese Baracken wurden anschließend mit Flüchtlingsfamilien belegt und später
abgerissen.
[1] Fr. Scheller, Gespräch am
14.04.2019.
[2] Fr. Scheller, Gespräch am
14.04.2019.
[3] Fr. Pagel, Gespräch am 04.04.2019;
Fr. Scheller, Gespräch am 14.04.2019.
[4] Fr. Scheller, Gespräch am
14.04.2019; Hr. Lamprecht, Gespräch am 14.04.2019.
[5] Müller, Heideort Steinhorst
Niedersachsen: Geschichte, in: https://steinhorster.blogspot.com/p/blog-page_16.html,
abgerufen am 13.04.2019, 11:08 Uhr.

Bild: Abriss der ehemaligen Polizei-Baracken. Quelle: urspr.: Fr. Drögemüller, Steinhorst; zur Verfügung gestellt von Hans-Hartmuth Müller, Steinhorst, Blog: https://steinhorster.blogspot.com/ .

Bild: Abriss der ehemaligen Polizei-Baracken. Quelle: urspr.: Fr. Drögemüller, Steinhorst; zur Verfügung gestellt von Hans-Hartmuth Müller, Steinhorst, Blog: https://steinhorster.blogspot.com/ .
Nach
dem Abriss der Baracken an der Lachte gelangte auch dieses Baumaterial in privaten
Gebrauch. Unter anderem kamen Teile der gezimmerten Dachstühle beim Bau eines
Schuppens der Familie Pagel zum Einsatz.
Die Holzsparren stammen offenbar von
einer Dachseite – stellen also lediglich die Hälfte eines kompletten Dachstuhls
dar. Insgesamt weisen sie eine Breite von 2 x 7,00 m, d.h. 14,00 m auf und
entsprechen somit genau der Breite der Baracken, die sich einst westlich des
Großen Kains befunden haben.

Bild: Dachsparren im Schuppen von Georg Pagel - sie stammen von den ehemaligen Polizeibaracken. Zuvor sollen diese Dachsparren vom einstigen Barackenlager am Großen Kain abtransportiert worden sein. Quelle: H. Altmann.
Georg
Pagel erinnert sich daran wie er als Jugendlicher mit seinem Vater, der
seinerzeit Jagdaufseher war, lange Zeit nach Kriegsende in den Wäldern westlich
des Großen Kains unterwegs war. Aus Neugier stieg er einige Stufen in einen
alten Keller hinab – wurde jedoch von seinem Vater zurückgerufen.
Dieser sorgte
sich offenbar vor herumliegender, alter Munition. In den 1970er Jahren waren
die Baulichkeiten des Barackenlagers demnach offenbar noch zu Teilen vorhanden
– erst in den 1980er Jahren rückten Planierraupen an, um die Trümmer
zusammenzuschieben.

Bild: Trümmerreste im Bereich des einstigen Barackenlagers am Großen Kain. Quelle: H. Altmann.

Bild: Trümmerreste im Bereich des einstigen Barackenlagers am Großen Kain. Quelle: H. Altmann.
Im Zuge
der Beseitigung des Barackenlagers wurden die oberflächlich erhaltenen
Gebäudestrukturen weitgehend zerstört. Erhalten geblieben sind lediglich einige
der massiven, gegossenen Fundamente im Untergrund sowie die großen Bodenplatten
der einstigen Barackengebäude.
Kellerräume existierten vor Ort – nach bisherigen
Erkenntnissen – offenbar nicht. Möglicherweise verfügten die Baracken über eine
Art Parterre zu dem einige Stufen hinab führten. Die Anlage tiefer liegender
Kellerräume erscheint vor dem Hintergrund, dass oberirdisch ausreichend Platz
für eine Vielzahl weiterer Barackengebäude zur Verfügung stand, aus
Effizienzgründen daher nicht sinnvoll.

Bild: Reste einer ehemaligen Kloake im Bereich des einstigen Barackenlagers am Großen Kain. Quelle: H. Altmann.

Bild: Fundamente im Bereich des einstigen Barackenlagers. Quelle: H. Altmann.

Bild: Fundamente im Bereich des einstigen Barackenlagers. Quelle: H. Altmann.
Teilweise wurden die verschütteten Gemäuer mit dem damals umher liegenden Schrott verfüllt. So fanden sich in einer betonierten Vertiefung, die einst vermutlich als Kabelschaft oder Teil der Kanalisation vorgesehen war, einige alte Konservendosen, ein Deckel einer alten Feldflasche, Porzellanscherben sowie eine Vielzahl weiterer kleinteiliger Relikte.

Bild: Konservendosen und weiterer Müll, der in einer betonierten Vertiefung vorgefunden wurde. Quelle: H. Altmann.
Insbesondere die kleineren Objekte geben weitere Hinweise auf die Geschichte des Barackenlagers. Ein Knopf, der die Beschriftung "Militaires Equipment" trägt, stammt aus französischer Produktion. Wie er zwischen den anderen Schrott im Loch gelangte, ist allerdings kaum noch zu klären. Möglicherweise wurde lediglich alte Militärkleidung entsorgt.

Bild: französischer Uniformknopf - aufgefunden zwischen sonstigem Müll in verfüllten Fundament. Quelle: H. Altmann.
Andere Objekte legen indessen nahe, dass sich im Lager möglicherweise Insassen bzw. Arbeiter verschiedener Nationalitäten befunden haben. So fand sich im Müll, in einer Vertiefung des Fundaments, eine Ein-Dinar-Münze aus Serbien - geprägt 1942. Serbien ging als Bündnispartner des Deutschen Reiches nach dem Umsturz in Rumänien im Spätsommer 1944 verloren. Während des Krieges waren allerdings bereits zahlreiche Arbeitskräfte ins Reichsgebiet gelangt.

Bild: 1 Dinar, Münze - Serbien, 1942 - aufgefunden zwischen sonstigem Müll in verfüllten Fundament, Rückseite. Quelle: H. Altmann.

Andere Objekte wiederum legen nahe, dass das Lager bei Kriegsende zu Teilen fertiggestellt worden sein könnte. So fanden sich massive Eisennägel, die offensichtlich zur Befestigung dickerer Holzbalken verwendet worden sein müssen. Dies lässt vermuten, dass die Arbeiten an den Baracken über bloße Fundamentierungsarbeiten hinausgegangen sein müssten.
Zu welchem Gebäudeteil die Nägel, bzw. die Holzbalken gestammt haben, kann man nicht ohne Weiteres sagen. Allerdings sprechen ebenfalls einige der Zeitzeugen davon, dass die Baracken bei Kriegsende teilweise fertiggestellt waren bzw. Bauteile aus Holz vor Ort gelagert wurden.

Bild: Eisennagel für einen Holzbalken - aufgefunden zwischen sonstigem Müll in verfüllten Fundament. Quelle: H. Altmann.
Eine verbogene Fassung einer alten Glühbirne befand sich ebenfalls im Müllloch. Der Bauart nach kann dieses Objekt ebenfalls aus der Zeit stammen, in der das Barackenlager entstand.

Bild: verbogenes Bauteil einer alten Glühbirne - aufgefunden zwischen sonstigem Müll in verfüllten Fundament. Quelle: H. Altmann.
Das aufgefundene Bauteil der Glühbirne legt den Schluss nahe, dass vor Ort bereits elektrisches Licht vorhanden gewesen sein müsste. Dies wiederum lässt vermuten, dass sich das Lager zu Teilen bereits in Verwendung befand.
Zweifelsfrei belegen lässt sich dies anhand eines einzelnen Zufallsfundes freilich nicht. Allerdings sprechen die vorliegenden Indizien sehr stark dafür, dass einige Gebäude des Lagers bei Kriegsende bereits kurz vor ihrer Fertigstellung standen bzw. die Bauarbeiten an ihnen schon beendet werden konnten.
Zweifelsfrei belegen lässt sich dies anhand eines einzelnen Zufallsfundes freilich nicht. Allerdings sprechen die vorliegenden Indizien sehr stark dafür, dass einige Gebäude des Lagers bei Kriegsende bereits kurz vor ihrer Fertigstellung standen bzw. die Bauarbeiten an ihnen schon beendet werden konnten.

Bild: verbogenes Bauteil einer alten Glühbirne - aufgefunden zwischen sonstigem Müll in verfüllten Fundament. Quelle: H. Altmann.
Im Ergebnis ist festhalten, dass zwischen dem Großen Kain und Steinhorst kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges ein großes Barackenlager entstehen sollte. Inwiefern dieses bei Kriegsende bereits fertiggestellt war, konnte abschließend nicht geklärt werden.
Zeitzeugen haben hierzu unterschiedliche Angaben gemacht. In einigen der Berichte heißt es, dass es nie ein solches Barackenlager gegeben habe oder dieses nicht bezugsfertig gewesen sei. Andere wiederum berichteten, dass einzelne Gebäude schon genutzt worden seien.
Unabhängig davon führen die baulichen Relikte vor Ort eindeutig zu dem Schluss, dass sich dort einst mehr als lediglich Fundamente befunden haben. Obwohl die vorhandenen Gebäudeteile größtenteils als günstiges Baumaterial abtransportiert wurden, sind die Spuren des Lagers heute noch auffindbar.
Laut den vorliegenden Quellen sollte das Barackenlager als Unterkunft für Arbeitskräfte dienen, die unter anderem bei Baumaßnahmen im Bereich des ehemaligen Flugplatzes Dedelstorf eingesetzt wurden. Die Aufzeichnungen ehemaliger italienischer Militärinternierter legen nahe, dass diese ebenfalls beim Bau des Lagers mitwirkten und dieses offenbar auch zeitweise als Unterkunft nutzen sollten bzw. bereits taten.
Bisher war über das Barackenlager und seine Geschichte so gut wie nichts bekannt. Anwohnern aus Steinhorst kannten die Zusammenhänge nur vom Hörensagen und alten Gerüchten. In Gesprächen mit älteren Steinholstern wurde deutlich, dass über das Lager von der unmittelbaren Nachkriegszeit bis heute nicht besonders viel gesprochen wurde. Da die Fundamente und Relikte des Barackenlagers sich an einer recht abgelegenen Stelle befinden, geriet die Geschichte in Vergessenheit. Man fragte nicht danach und man sprach nicht darüber.
Aus heutiger Sicht zeigen die Zusammenhänge recht deutlich, wie einfach es im Dritten Reich gewesen ist, Lager in unmittelbarer Nachbarschaft zu besiedelten Gebieten zu errichten, ohne dass dies von der breiten Masse der Zivilbevölkerung hinterfragt worden wäre.
Umso wichtiger ist es, die einstigen Geschehnisse aufzuarbeiten und zu dokumentieren, damit sie nicht vergessen bleiben.
H. Altmann
Zeitzeugen haben hierzu unterschiedliche Angaben gemacht. In einigen der Berichte heißt es, dass es nie ein solches Barackenlager gegeben habe oder dieses nicht bezugsfertig gewesen sei. Andere wiederum berichteten, dass einzelne Gebäude schon genutzt worden seien.
Unabhängig davon führen die baulichen Relikte vor Ort eindeutig zu dem Schluss, dass sich dort einst mehr als lediglich Fundamente befunden haben. Obwohl die vorhandenen Gebäudeteile größtenteils als günstiges Baumaterial abtransportiert wurden, sind die Spuren des Lagers heute noch auffindbar.
Laut den vorliegenden Quellen sollte das Barackenlager als Unterkunft für Arbeitskräfte dienen, die unter anderem bei Baumaßnahmen im Bereich des ehemaligen Flugplatzes Dedelstorf eingesetzt wurden. Die Aufzeichnungen ehemaliger italienischer Militärinternierter legen nahe, dass diese ebenfalls beim Bau des Lagers mitwirkten und dieses offenbar auch zeitweise als Unterkunft nutzen sollten bzw. bereits taten.
Bisher war über das Barackenlager und seine Geschichte so gut wie nichts bekannt. Anwohnern aus Steinhorst kannten die Zusammenhänge nur vom Hörensagen und alten Gerüchten. In Gesprächen mit älteren Steinholstern wurde deutlich, dass über das Lager von der unmittelbaren Nachkriegszeit bis heute nicht besonders viel gesprochen wurde. Da die Fundamente und Relikte des Barackenlagers sich an einer recht abgelegenen Stelle befinden, geriet die Geschichte in Vergessenheit. Man fragte nicht danach und man sprach nicht darüber.
Aus heutiger Sicht zeigen die Zusammenhänge recht deutlich, wie einfach es im Dritten Reich gewesen ist, Lager in unmittelbarer Nachbarschaft zu besiedelten Gebieten zu errichten, ohne dass dies von der breiten Masse der Zivilbevölkerung hinterfragt worden wäre.
Umso wichtiger ist es, die einstigen Geschehnisse aufzuarbeiten und zu dokumentieren, damit sie nicht vergessen bleiben.
H. Altmann
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