f November 2014 ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Donnerstag, 20. November 2014

Einsatzhafen und Standort Dedelsdorf



Unweit der Bundesstraße 4 befindet sich ein altes Militärgelände. Es ist als solches zwar kaum noch erkennbar - auch wenn es noch vereinzelte Hinweisschilder gibt. Ortskundige werden es wissen - es handelt sich um den ehemaligen Standort Dedelstorf. 

In diesem Beitrag soll die Geschichte dieses Standortes aufgearbeitet werden. Ich durfte mich vor Ort noch einmal umsehen, bevor das Gelände im Sommer 2014 an einen neuen Investor verkauft wurde. 


Die Gegend um den kleinen Ort Dedelstorf, westlich der Bundesstraße 4, war früher von weiten Heideflächen geprägt. Somit eignete sich das Gelände sehr gut für die Anlage eines Flugfeldes. 

Bereits nach dem Ersten Weltkrieg waren unterschiedliche Verbände und Einheiten in Dedelstorf stationiert. Die Einheiten nutzten den Platz meist zu Schulungszwecken. Dabei wurde vor allem ein nahebelegendes Gelände bei Ehra-Lessin als Bombenabwurfpltz genutzt. 

Bild: Umgebung Dedelstorf vor Errichtung des Flugplatzes. Quelle: Preußisches Messtichblatt 1899. 


Im August des Jahres 1935 pachtete das Luftwaffenkommando IV, vertreten von der Fliegerhorstkommandantur Wietzenbruch aus das ca. 170 Ha große Areal. Das geamtet Gelände umfasste zu diesem Zeitpunkt noch Acker- und Weideflächen, sowie vor allem Heideflächen. Die Pachtverträge wurden zunächst auf zehn Jahre geschlossen. Etwa ein Jahr vor Kriegsausbruch, im Jahr 1938, wurden sie in Kaufverträge umgewandelt. In diesem Zuge kam es ebenfalls zu Zwangsenteignungen. Die letzten Verfahren zogen sich bis ins Jahr 1941. 

Bild: Umgebung Dedelstorf vor Errichtung des Flugplatzes. Quelle: Reichskarte 1901. 


Mit den eigentlichen baulichen Maßnahmen wurde erst im Sommer 1936 begonnen. Diese erfolgten in mehreren Abschnitten. Mit dem Fliegerhorst waren ebenfalls Bauten in der Umgebung verbunden. So wurden beispielsweise in Hankensbüttel Gebäude für Angestellte errichtet. 

Im April 1937 wurde der erste Bauabschnitt fertiggestellt. Die neuen Unterkünfte wurden von der Fliegerhorstkompanie und dem Luftwaffen-Strafbataillion 2/XI bezogen. 

Im Jahr 1938 konnte weiterhin das Rollfeld fertiggestellt werden. Dazu wurde vorwiegend Heide- und Moorboden mit Mist und Sand durchmischt. Auf die so gewonnenen Flächen wurde Gras und Klee gesät. 

Bild: Umgebung Dedelstorf nach Errichtung des Flugplatzes. Quelle: War Office 1945. 


Noch vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges waren die Kampfgeschwader 152 (Hindenburg), 26 ((Löwengeschwader), 27 (Boelcke), 30 (Adlergeschwader) und 162 (Sturzkampfgeschwader Immelmann) in Dedelstorf stationiert. 

Zwischen August 1939 und April 1941 war die I. / Kampfgeschwader 55 ("Greif") in Dedelstorf stationiert. Nachdem die Einheit nach Langendiebach verlegte, verlor der Standort zunächst an Bedeutung. Er gehörte in dieser Zeit zum Flughafenbereich Stendal. 

Zwischen Oktober 1941 und September 1942 verlegte das Fallschirmjägerersatzbataillion Nr. 2 nach Dedelstorf. Wenig später wurde es ins III./Fallschirmjägerersatzbataillion Nr. 3 umgewandelt. 

Darauf folgend traf im September 1942 ein Vorkommando des "Prüfungslagers der Luftwaffe" ein. In dieser Einheit befanden sich Soldaten der Luftwaffe, die durch Kriegsgerichte in ihrem Dienstgrad herabgesetzt worden waren. Die Einheit wurde ab Juni 1943 zur Partisanenbekämpfung in die Sowjetunion verlegt. 

Zwischen Oktober 1943 und Mitte 1944 befanden sich in Dedelstorf vorwiegend solche Einheiten, die mit der Überführung von Flugzeugen und der Ausbildung von entsprechenden Piloten bzw. Bestatzungen betraut waren. 

Bereits im Oktober 1943 war in Dedelstorf ebenfalls ein teil des Kampfgeschwaders 200 stationiert. Es handelte sich um die Transportkolonne XI-Ost. Diese Einheit war u.a. mit geheimen Transporteinsätzen betraut, wie auch mit dem Einsatz von Selbstopferwaffen. In diesem Zusammenhang ist die sogenannte Leonidas-Staffel erwähnenswert, welche ebenfalls in dedenlstorf trainiert wurde, aber nicht im geplanten Rahmen zum Einsatz kommen sollte. 

Ende September 1944 trafen Reste der I./ Kampfgeschwader 66 in Dedelstorf ein. Sie kam im März 1945 nach Tutor in Vorpommern. Ab Mitte November 1944 verlegte die I./ Jagdgeschwader 11 nach Dedelstorf. Diese Einheit gelangte ab Mitte Dezember 1944 nach Südhessen (Biblis). 

Zwischen Dezember 1944 und Mitte Februar 1945 befand sich die 2./ Schlachgeschwader 104 und die 4./ Schlachgeschwader 104 in Dedelstorf. Es fand allerdings aufgrund des Treibstoffmangels schon so gut wie kein Flugbetrieb mehr statt. Die Einheiten verlegten nach Aalborg-West. 

Die letzten Einheiten in Dedelstorf waren die 15./ Schlachtgeschwader 151 und die IV./Jagdgeschwader 26 (Schlageter). 

Bild: Umgebung Dedelstorf nach Errichtung des Flugplatzes. Quelle: War Office 1945. 


Noch zum Ende des Zweiten Weltkrieges wurde im südwestlichen Bereich des Geländes der bau einer asphaltierten Rollbahn vorangetrieben. Diese wurde allerdings nie fertiggestellt. Am 14. April 945 erreichten Einheiten der 84. U.S. Infanterie Division den Platz. Er wurde in der Folgezeit von Staffeln des 135th Wing u.a. mit Flugzeugen des Typs Hacker Tempest belegt. 

Im weiteren Verlauf wurde das Gelände zwischen 1950 und 1954 von der niedersächsischen Polizei genutzt. Daraufhin übernahm der Bundesgrenzschutz die Liegenschaft. 

Ab dem 1. Juli 1956 wurde das Gelände von der Bundeswehr genutzt. Im Standort, der fortan unter dem Namen "Richthofen-Kaserne" bekannt war, war die Panzerpionierkompanie 330, bis zu ihrer Auflösung Ende März 1993, stationiert. 

Heute steht das Areal leer - wurde jedoch im Sommer 2014 an einen neuen Investor verkauft. 


Bild: Kasernen Dedelstorf 1945/heute. Quelle: War Office 1945/Google Earth. 


1. Kasernen
2. Hanger
3. Schießstände
4. Abstellboxen
5. Neue Start- und Landebahn
6. Abstellboxen, Bomber und Gebäude auf Luftbild erkennbar

Bild: Kasernen Dedelstorf 1945/heute. Quelle: War Office 1945/Google Earth. 


Bild: Standort Dedelstorf zu BGS-Zeiten. Quelle: Kreiskarte Celle 1971. 


Heute ist nur noch wenig vom ehemaligen Charme des Flugplatzes übrig geblieben. Viele der alten Gebäude sind noch gut erhalten. Die Schießstände sind ebenfalls noch zu sehen. Sie wurden wohl zerstört, sind aber im Gelände auffindbar. 

Von den Außenbereichen des Platzes, d.h. Abstellboxen und Außenanlagen, ist kaum noch etwas zu sehen. 

Bild: Standort Dedelstorf heute. Quelle: H. Altmann. 


Bild: Standort Dedelstorf heute. Quelle: H. Altmann. 


Bild: Standort Dedelstorf heute. Quelle: H. Altmann. 


Bild: Standort Dedelstorf heute. Quelle: H. Altmann. 


Bild: Standort Dedelstorf heute. Quelle: H. Altmann. 


Bild: Standort Dedelstorf heute. Quelle: H. Altmann. 


Bild: Standort Dedelstorf heute. Quelle: H. Altmann. 


Bild: Standort Dedelstorf heute. Quelle: H. Altmann. 


Bild: Standort Dedelstorf heute. Quelle: H. Altmann. 


Bild: Standort Dedelstorf heute. Quelle: H. Altmann. 


Bild: Standort Dedelstorf heute. Schießstand. Quelle: H. Altmann. 


Bild: Standort Dedelstorf heute. Schießstand. Quelle: H. Altmann. 


Bild: Standort Dedelstorf heute. Schießstand. Quelle: H. Altmann. 


Bild: Standort Dedelstorf heute. Quelle: H. Altmann. 


Bild: Standort Dedelstorf heute. Schießstand. Quelle: H. Altmann. 


Die alten Gebäude vermitteln einen guten Eindruck, wie das Gelände einst genutzt wurde. Es scheint fast ein wenig, als wäre die Zeit stehen geblieben. Fast gespenstisch liegen die verlassenen bauten nun dort und auf dem einstigen Flugfeld wächst heute kniehohes Gras. 

Hier ein Video vom einstigen Standort: 

Weitere Bilder: 

Viele Grüße, 
Hendrik



Montag, 17. November 2014

Bennebostel


Im bislang recht chronologischen Ortsverzeichnis überspringen wir jetzt mal ein paar Einträge und kommen zum Ort Bennebostel. Selbstverständlich werden die ausgesparten Einträge nach und nach vervollständigt. 

Obwohl sich dieser Ort nur aus ein paar Häusern zusammensetzt, besitzt er eine interessante Geschichte - und das direkt vor den Toren der Stadt Celle. 

Wann wurde der Ort gegründet? Diese Frage kann nicht mit Sicherheit beantwortet werden. Allerdings macht der Name deutlich, dass es sich um eine mittelalterliche Siedlung handeln dürfte. "Bostel" steht dabei vermutlich für "Bur-Stall", also gibt es den Hinweis darauf, dass es sich um ein Gehöft bzw. eine Stallung für Vieh gehandelt haben wird. "Benne" bezeichnet wohl einen Personennamen. Der Ort taucht auch als "Bennenbostel" auf. Demnach handelt es sich um einen "Bur-Stall" der Familie Benne, oder Benno. 

Weiterhin darf angenommen werden, dass der Ort irgendwann zwischen 1100 und 1200 gegründet wurde. Die Kirche zu Wienhausen hat bereits im Jahr 1233 den Zehnten von Bennenbostel besessen. Dies ist gerade vor dem Hintergrund, dass die Westerceller Kirche einst und die Hildesheimer Diözese eingepfarrt gewesen ist und somit dem Kloster Wienhausen zugehörig war. 

Im Celler Schatzregister von 1378 taucht der Ort mit dem Namen "Borstelinge" auf - ist aber nicht zweifelsfrei von Bostel, nördlich von Celle, zu trennen. Im Schatzregister von 1438 wird der Ort dann als "Borstelde" bezeichnet. 

Am 20. Februar 1437 erwarb die Stadt Celle den, beim Depenhorn gelegenen "Bostelhof". Dieser gehörte zuvor zu den Besitzungen Otto des Hinkenden bzw. Friedrich des Älteren (der Fromme). Der Hof war frei von Dienst und Pflicht, aber nicht von Landfolge (Wehrdienst) und Heeresfahrt, wie es in der Urkunde heißt (Quelle: C. Cassel). 

Bild: bennebostel südlich von Westercelle. Quelle: Mellinger Kartenmappe um 1600. 


Bereits zu seiner Gründung war Bennebostel recht klein und scheut es auch geblieben zu sein. Aufzeichnungen und herausragende historische Ereignisse sind nur wenige verfügbar. 

Im 17. Jahrhundert war Bennebostel freier Meierhof der Stadt Celle. Erst im Jahr 1841 erloschen die städtischen Berechtigungen an dem Hof in Bennebostel. 

Bild: Bennebostel südlich von Westercelle. Quelle: Environs von der Statt Zelle 1732. 


Schon früh begann sich die Landschaft im Bereich Bennebostels zu wandeln. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts entstand ein neuer Kanal, der weiter südlich in die Fuhse mündete. An der Stelle, an welcher die alte Poststraße in Richtung nach Hannover diesen Kanal kreuzte, war ein sogenannter Kanalvoigt eingesetzt. Die Wohnung wird erstmals auf der Kurhannoverschen Landesaufnahme verzeichnet. 

Bild: Bennebostel mit der Unterkunft des Kanalvoigts. Quelle: Kurhannoversche Landesaufnahme 1780.


Auch in statistischen Erhebungen wurde fortan zwischen Bennebostel und dem "Kanalhaus Bennebostel" unterschieden. Im Jahr 1821 werden 17 Einwohner in Bennebostel (zwei Hausstellen) und 5 Einwohner im Kanalhaus verzeichnet. 

Bild: Bennebostel und das Kanalhaus. Quelle: Preußisches Messtichblatt 1899.


Diese Unterscheidung wurde bis ins 20. Jahrhundert beibehalten. Allerdings kam es mit dem Bau der Bahnstrecke Celle-Braunschweig erneut zu einem erheblichen Eingriff in die Umgebung des Ortes. Nun führte die Bahnstrecke in unmittelbarer Nähe zum Ort und durchschnitt die Feldmark. Sichtbar ist diese Veränderung u.a. in einer Karte des War Office aus dem Jahr 1945 - hier als Overlay in Google Earth. 

Bild: Bahnstrecke bei Bennebostel. Quelle: War Office 1945.


1973 wurde Bennebostel nach Westercelle eingemeindet. 

Heute liegt der Ort abseits von großen Straßen unmittelbar vor den Toren Celles und ist ein beliebter Wegpunkt für Radtouren und Reitausflüge. 

Bild: Bennebostel heute. Quelle: Hendrik Altmann.


Viele Grüße, 

Hendrik




Praxiskurs für Sondengänger am 15. November 2014

Bad Gandersheim, Ortsteil Harriehausen. Am 15. November fand ein weiterer Praxiskurs für Sondengänger statt. Geleitet wurde der Kurs von der Kreisarchäologin Dr. Lönne die momentan das historische Schlachtfeld am Harzhorn ausgräbt. Weiterhin waren Dr. Flindt von der archäologischen Denkmalpflege im Landkreis Osterode sowie Prof. Dr. Jöns vom Institut für historische Küstenforschung in Wilhelmshafen, der den Kurs ebenfalls organisiert hatte, anwesend. 

Die Vor- bzw. Nachbesprechung sowie die Mittagspause fanden im Gasthof Kupp in Harriehausen statt. Bei zunächst noch nebligem Wetter konnten die 15 Teilnehmer eine Fläche am Ortsrand untersuchen. Dazu wurde ein 50x30 m großes Netz aufgespannt und entsprechende 10x10 m Parzellen abgeteilt. In enger Zusammenarbeit mit den Fachleuten konnten die Teilnehmer in verschiedenen Schritten das optimale Vorgehen bei der Feldsuche erleben. Dazu wurden zunächst Scherben und andere nicht-metallische Objekte eingesammelt und untersucht. Dann wurden die einzelnen Parzellen sorgfältig mit dem Detektor abgesucht und entsprechende Fundstellen markiert. Im Anschluss wurden die Funde begutachtet und entsprechende relevante Fundstücke mittels eines GPS-Gerätes eingemessen. Die jeweilige Dokumentation erfolgte auf speziellen Fundzetteln. 

Zum Abschluss hielt Hendrik Altmann, von der Sondengänger-Gemeinschaft Allertal, einen kurzen Vortrag über die Verwendung von Kartenlayern in Google Earth

Der Kurs richtete sich vorwiegend an solche Teilnehmer, die bereits Erfahrung auf diesem Themengebiet besitzen. Gemeinsam mit dem theoretischen Qualifizierungskurs stellt der Praxiskurs eine wesentliche Voraussetzung zur Beantragung einer Suchgenehmigung dar. 

Seit dem ersten Praxiskurs, der im Dezember 2013 in Offensen bei Celle stattgefunden hatte, konnte der Kurs erfolgreich optimiert werden, so Prof. Dr. Jöns. Das dürften auch die Teilnehmer des aktuellen Kurses gemerkt haben - auch der Aufbau des "Such-Netzes" klappte innerhalb weniger Minuten. 

Insgesamt ist das Thema "Sondengehen" hochrelevant und aktuell. Nie zuvor gab es so viele, die dieser Beschäftigung in ihrer Freizeit nachgehen. Leider ist es mit dem Metalldetektor nicht möglich nicht-metallische Funde zu orten. Solche Spuren können dementsprechend gefährdet sein oder sogar verloren gehen, wenn ein Eingriff in den Boden erfolgt und metallische Funde entfernt werden. In Niedersachsen gibt es die Möglichkeit dem Hobby legal nachzugehen. Das niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege bietet in diesem Rahmen entsprechende Kurse an, um Sondengänger theoretisch und praktisch anzuleiten. 

Ob nun Hobby-Sucher, oder ambitionierte Heimatforscher - das Kursangebot für Sondengeher ist in jedem Fall empfehlenswert. 


Über folgenden Linkt ist das Video zum Praxiskurs verfügbar: 



Bild: Zusammenbauen der Detektoren. Quelle: H. Altmann. 


Bild: Abrollen des Such-Netzes. Quelle: H. Altmann. 



Bild: Absuchen von nicht-metallischen Fundobjekten. Quelle: H. Altmann. 


Bild: Absuchen von nicht-metallischen Fundobjekten. Quelle: H. Altmann. 


Bild: Suche mit dem Metalldetektor. Quelle: H. Altmann. 


Bild: Suche mit dem Metalldetektor. Quelle: H. Altmann. 



Quelle Bericht: H. Altmann. 



Dienstag, 4. November 2014

Alvern




Das Dorf Alvern liegt im Nordosten der Stadt Celle unmittelbar oberhalb der Kreisstraße 76 zwischen Gockenholz und Garßen. Es verfügt über einen historischen Dorfkern, sowie ein erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erschlossenes Neubaugebiet. Im östlichen Dorfbereich befindet sich ein Campingplatz. Die gesamte Größe des Ortes und seinen Ausläufern beträgt etwa 4,3 Quadratkilometer. 


Bild: von Süden aus. Quelle: Simon Thomas - Celle von Oben (Klick). 


Die Frage wie alt der Ort sein mag und woher sein (recht) ungewöhnlicher Name stammt, sind nicht leicht zu beantworten. 

Geht man anhand von Bodenfunden vor, so könnte man vermuten, dass Alvern bereits mehrere tausend Jahre als ist. Solche Funde stammen etwa aus der jüngeren Steinzeit. Eine bei Oje gelegene Feuersteinschlagwerksstelle könnte weiterhin darauf deuten, dass in der Gegend tatsächlich schon sehr früh Handwerk betrieben wurde. Allerdings kann man bei diesen ersten menschlichen Spuren in der Gegend kaum von dauerhafter Besiedlung sprechen. Hier am nördlichen Rand des Aller-Urstromtals fanden die damaligen Menschen gute Bedingungen vor. Dass sie nicht nur als Jäger und Sammler die Gegend durchzogen, sondern mancherorts auch eine Zeit lang blieben, zeigen die Begräbnisse, die heute noch in Form von Hügel- und Urnengräbern durch Funde belegbar sind. Trotzdem handelt es sich nicht um die ersten Bestrebungen den Ort Alvern zu gründen - es waren vielmehr die günstigen Bedingungen, welche dazu führten, dass sich umherstreifende Menschen hier eine Zeit lang niederließen. 

Die meisten Quellen gehen davon aus, dass der Ort erstmals  im Schatzregister der Großvogtei Celle von 1438 erstmals genannt wird. Der Ortsname wird in dieser Betrachtung dahingehend gedeutet, dass er auf den mittelalterlichen Namen "Alaward" oder "Aliward" zurückzuführen ist. 

Es lässt sich mitunter eine andere These betreten, die vermutlich in dieser Form hier erstmals Erwägung finden soll. Aus logischen Gründen scheint es hinreichend unwahrscheinlich, dass ein Ort der im genannten Schatzregister von 1438 erstmals erwähnt wird, genau um diese Zeit entstanden ist. Hier ist definitiv zu trennen von der erstmaligen Erwähnung und der Gründung. Weiterhin sind die Erkenntnisse neuerer Forschungen mit einzubeziehen! 

Bereits im Vogtei- und Schatzregister aus dem Jahr 1378 ist von einem "Henneke to Alverdinge - für einen wüsten Hof" 1 Mark Zins und Schatzung zahlte (Vogtei- und Schatzregister, Michels). Aber schon viel früher - nämlich im Jahr 1231 - übertrug Herzog Otto von Braunschweig an den Bischof von Verden bestimmte Sülzeinkünfte (aus der Salzgewinnung). In der entsprechenden Urkunde heißt es "Alverdinge nichil dat" - also "Allerdings gab nichts". Ob es sich dabei um unser gesuchtes Alvern handelt, ist fraglich, denn der Name war auch in der Gegend von Münster nochmals vergeben. Im Schatzregister von 1438 ist wiederum von "Alverdinge" die Rede. Ein Ludere Tolcken gab 2 Groschen Schatzung. Weitere Namenseinträge finden sich nicht, was darauf hindeutet, dass der Ort einst schon klein war. 

Alvern liegt an einem schmalen Bachlauf. Heute heißt das Rinnsal "Alvernscher Bach". Einst wurde er als "Alverbeek" (Beek = Bach) bezeichnet. Dies lässt sich auch den ersten kartografischen Aufzeichnungen zum Ort entnehmen. 

Bild: Alvern um 1600. Quelle: Mellinger Kartenmappe. 


Alvern bestand einst wohl nur aus einem Einzelhof. Zumindest geht dies aus den oben genannten Registern hervor. Im Schatzregister von 1511 findet sich dann ein zweiter Hof - es könnte sich allerdings um einen Abbau vom ersten handeln. 

Lange Zeit schweigt die Geschichtsschreibung. Das ist Grund genug, sich mit dem Geschehen rund um den Ort zu befassen. 

Der Ort scheint die Reformation, den Dreißigjährigen Krieg und alle damit einhergehenden Missstände überdauert zu haben. Nicht selten kam es vor, dass gerade solche kleineren Einzelhöfe und kleinere Dörfer wüst fielen. Laut schriftlichen Aufzeichnungen kam es bis zum Ende des 19. Jahrhunderts zu keinen Nachsiedlungen in Alvern. 

Bild: Alvern um 1701. Quelle: Ductus Luneburgensis. 


Auch im Siebenjährigen Krieg kam es scheinbar zu keinen größeren Ausschreitungen oder Kampfhandlungen bei Alvern. Dieser Umstand dürfte nicht zuletzt der exponierten Lage des Ortes geschuldet gewesen sein. Alvern liegt abseits der großen Heerstraße, welche von Celle nach Norden verläuft. 

Außerdem liegt der Ort in einer recht unwirtlichen Gegend, in der sich Reisende oder vagabundierende Soldaten sicherlich nicht extra auf die Suche nach einem Einzelgehöft gemacht haben werden. Im Süden liegt das schwer überwindliche Schweinebruch und die Sprache. Im Norden schließt sich die weite Wulfsloher Heide an. Alvern liegt am Äußersten Ende dieser Gegend und damit recht einsam und verlassen. Zu schweren Zeiten kam dem Ort diese Lage sicherlich zugute. 


Bild: Alvern um 1735. Quelle: Environs von der Statt Zelle. 


Die Karten des 18. Jahrhunderts zeigen Alvern als kleinen Ort. Kaum mehr als zwei Höfe haben sich dort befunden. 

Bild: Alvern um 1780. Quelle: Kurhannoversche Landesaufnahme. 


Wie viele andere Orte auch, so musste auch Alvern stark unter der französischen Besatzungszeit Anfang des 19. Jahrhunderts leiden. Die Höfe mussten die Einquartierung französischer Truppen über sich ergehen lassen. Etwa 13 Wochen lang blieben einige Duzend Mann aus einem französischen Regiment. 

Im 19. Jahrhundert änderte sich die Ausdehnung und Besiedlung des Ortes. 1858 besaß Alvern noch zwei Hausstellen. Der nahegelegene Ziegelhof gehörte allerdings zur Burgvogtei Celle und wird an entsprechender Stelle Erwähnung finden. 


Bild: Alvern im Jahr 1839. Quelle: Papen Atlas. 



Als sich im 19. Jahrhundert immer stärker das Frachtfuhrwesen entwickelte, spielte der Ort Alvern auf einmal eine wichtige Rolle. Über sogenannte Richtwege gelangten Frachtfahrer in das Dorf. Einer dieser Richtwege, welche im Grunde Umleitungsstraßen um die Stadt Celle darstellten, führte von Braunschweig kommend, über Bröckel, Oppershausen, Gockenholz, Alvern und weiter in Richtung Norden in Richtung Uelzen und Lüneburg (Mehr zu diesem Thema: Hier (Klick) und Hier Klick). 


Das Frachtfuhrwesen war für die Orte Fluch und Segen zugleich. Während die einen beispielsweise im Schank und Spannbetrieb von den Umständen profitieren konnten, sahen sich die Bauern immer stärkeren Repressionen ausgesetzt. Dazu muss man wissen, dass das Heideland einst noch Almende war - jeder konnte hier sein Vieh weiden. Nun führten gerade zwischen Gockenholz und Alvern zahlreiche Wege durch die Heide. Diese Wege waren meist Fahrspuren, d.h. ihr Verlauf änderte sich und war aufgrund fehlender Grundstücksgrenzen in der Heide auch nicht weiter vorgeschrieben. 

Bereits im Jahr 1772 erhoben die Gemeinden Gockenholz und Alvern Beschwerde bei der kurfürstlichen und königlichen Kammer und baten darum, dass den Frachtfuhrleuten die Benutzung des Richtweges verboten werden soll. Hintergrund war vor allem, dass befürchtet wurde, dass die Wege (vor allem) durch die Eicklinger Frachtfuhrleute ausgefahren würden. Die Bauern fürchteten um ihre Weideflächen und solche Flächen, die für den Paggenhieb nötig waren. 


Bild: Plaggenhieb in der Heide. Quelle: Lüneburger Heimatbuch.



Der Ort Alvern hatte indes noch ganz andere Sorgen im Zusammenhang mit den Frachtfuhrleuten. Diese nutzten eine Fläche beim sogenannten Kakelförth, um ihre Pferde mit Futter zu versorgen. Das Kakelförth befindet sich im Südosten des Ortes Alvern. 

Alvernsche Bauern brachten nun die Beschwerde vor, dass die Eicklinger Frachtfuhrleute regelmäßig Reste von ihrem Pferdefutter liegen ließen und ihr Hornvieh - also ihre Schafe - daran "röche". Die Eicklinger Frachtfahrer kämen in der ganzen Welt herum und deswegen bestünde die ständige Sorge, dass sich das Alvernsche Hornvieh mit Krankheiten anstecken könnte. 

Die königliche und kurfürstliche Kammer sollte zu diesen Punkten Stellung beziehen. Es wurde also eine Verhandlung vor Ort einberufen. Daran nahmen wohl aber nur Bauern aus Gockenholz und Alvern teil - von Seite der Frachtfahrer erschien niemand. 

Es wurde beschlossen, dass die Frachtfahrer sich um den Zustand der Wege sorgen mussten. Sie hatten die Erdhügel, welche als Markierung und Begrenzung der Wege galten, regelmäßig zu erneuern. Weiterhin durften sie die vorgegebenen Wege nicht verlassen. Sie mussten junge Büke entlang der Straße pflanzen lassen und für die Kosten aufkommen. Die  Bäume gingen in das Eigentum der Orte Gockenholz und Alvern über und durften von den dortigen Bauern gefällt werden, wenn sie ausgewachsen waren. Wer einen Baum mit seinem Fuhrwerk beschädigte, musste eine Strafe in Höhe von 24 Mariengroschen zahlen. Wer außerhalb des Weges mit seinem Fuhrwerk angetroffen wurde, musste ebenfalls eine Strafe in Höhe von 24 Mariengroschen zahlen. 

Als das Frachtfahrwesen mit der Zeit zurückging, lösten sich derartige Probleme von selber. 

Bild: Alter Weg zwischen Gockenholz und Alvern (im Bild). Quelle: Hendrik Altmann. 


Im Norden Alverns liegt die sogenannte Wulfsloh. Dabei handelte es sich einst um ein ausgedehntes Heidegebiet, durchzogen mit Sümpfen und kleinen Fuhrenwäldchen. Der Name rührt nicht zuletzt von den Wölfen her, die in diesem Gebiet zu früherer Zeit gelebt haben. 

Für die Landwirtschaft war dieses Gebiet kaum geeignet. Es diente daher den Hirten um ihre beträchtlichen Schafherden zu weiden. Die Tiere hielten die beide kurz. Das ging auch lange Zeit recht gut - vereinzelt kam es zu Streitigkeiten, aber im Ganzen war die Heide als Almende von allen gleichermaßen nutzbar. Erst als zu Beginn des 19. Jahrhunderts ordentliche Gemeinden entstanden und die Beweidung von den zuständigen Gemeindehirten durchgeführt wurde, kam es zu erheblichen Auseinandersetzungen. 

Mehrere Ortschaften nutzten die Wulfsloh. Neben Beedenbostel, Höfer, Alvern, Ohe und Gockenholz waren es auch Bauern aus Rebberlah, die hier ihr Vieh weideten. Dabei befanden sich große Teile der Wulfsloh innerhalb der Flur des Ortes Höfer. Wie genau die anderen Ortschaften an so erhebliche Weiderechte innerhalb der höfischen Flur kamen, ist unklar. 

Eine Geschichte erzählt davon, dass ein Beedenbostler Viehhirte bestochen wurde und unter falschem Eid aussagte er würde seit vielen Jahren in dem Gebiet seine Schafe auf die Weide führen. Das Recht war damals noch von vielen Gewohnheiten geprägt - daher wurde den Orten letztlich auch das Weideland zugestanden, was sie aus Gewohnheit benötigten. Nicht selten hieß das praktisch: bis dorthin, wo der Dorfhirte das Vieh führte, durfte er es auch weiterhin treiben. 

Die Älteren berichteten einst, der meineidige Hirte habe noch viele Jahre nach seinem Tod auf der Wulfsloh herumgespukt, weil er nicht die Wahrheit gesagt habe. 

In den Jahren 1819 bis 1823 einigten sich die Orte gütlich über die Weiderechte auf der Wulfsloh. Mit dem Prozess der Verkopplung gegen Mitte des 19. Jahrhunderts erledigten sich viele Fragen hinsichtlich der Weideberechtigungen. 

Erst rund 100 Jahre später verkaufte die Realgemeinde Rebberlah ihre Flächen in der Wulfsloh. Der Erste Weltkrieg war gerade verloren - es herrschte Inflation und Armut. Da ließ ein Bauer aus Höfer die Bäume auf der Wulfsloh fällen und die Stucken als teures Feuerholz verkaufen. Das scheint wenig verwunderlich, zumal die französischen Truppen das Ruhrgebiet besetzt hielten und Kohle teuer war. Der Brennstoff Holz war somit heiß begehrt. 


Bild: Alvern - Kartenlayer. Quelle: 1945 (War Office) - Heute (Google Earth).


Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Ort Alvern im Sommer des Jahres 1968 in die Gemeinde Garßen eingemeindet. 

Weiterführende Ausführungen über den Ort zur Zeit nach der Eingemeindung finden sich unter anderem in der Chronik des Ortes Garßen, die online verfügbar ist (Chronik Garßen (Klick)). 


Bild: von Nordwesten aus mit Blick in Richtung Gockenholz. Quelle: Simon Thomas - Celle von Oben (Klick). 



Bild: Alvern - Ortsrand aus Gockenholz kommend. Quelle: Hendrik Altmann.



Quellen: 
- Lüneburger Heimatbuch
- Der Speicher
- Schatzregister 1438
- Schatzregister 1378
- Clemens Cassel, die Geschichte der Stadt Celle und seiner Bewohner. 
- Kulturdenkmale des Landkreises Celle


Dieser Beitrag wird, wie andere Einträge im Ortsverzeichnis ebenfalls, laufend ergänzt und erweitert.  

Weitere tolle Luftbilder aus dem Landkreis Celle: Celle von Oben (Klick). 



Hendrik Altmann