
Ehemaliger Truppenübungsplatz vor der Haustür: als in Klein Hehlen für den Zweiten Weltkrieg geübt wurde...
Auf der historischen Luftaufnahme sind die
zickzackförmigen Splitterschutzgräben gut erkennbar – heute befinden sich an
Ort und Stelle Häuserreihen und Vorgärten. Alteingesessenen Klein Hehlenern ist
dieses Kapitel der Ortsgeschichte sicher noch bekannt. Jüngere werden dagegen
vermutlich nicht ahnen, dass in der Nähe des Dorfes einst einen
Truppenübungsplatz der Wehrmacht gegeben hat. Informationen zu diesem
militärischen Gelände sind heute augenscheinlich kaum noch vorhanden. Aktuelle
Recherchen brachten allerdings neue Details hierzu ans Tageslicht.
Mit Wirkung zum 1. April 1939 wurde der Ort
Klein Hehlen aus dem Landkreis in den Stadtkreis Celle eingegliedert.
Aufschluss hierüber liefert unter anderem das von dem Hilfsschullehrer Müsche
im Jahr 1948 fertiggestellte „Dorfbuch von Klein Hehlen“. Allerdings musste der
Ort in den letzten Jahren seines eigenständigen Bestehens noch große
Entbehrungen verkraften. Hierzu zählten vor allem die Geländeabtretungen für
die Errichtung der Kasernen an der heutigen Hohen Wende sowie Abgabe von
Gemeindeflächen für die Nutzung als Truppenübungsplatz.
Bereits im 19. Jahrhundert, also zu Zeiten der
Belegung durch das 2. Hannoverschen Infanterie-Regiment Nr. 77, verfügte die
Celler Garnison über einen großen Exerzierplatz auf der Scheuener Heide.[1]
Der Platz befand sich gut eine Stunde Fußmarsch entfernt von den Celler
Kasernen und wurde sowohl zu preußischer Zeit als auch zwischen den beiden
Weltkriegen genutzt.
Insbesondere die restriktiven Rüstungsbeschränkungen des Versailler Vertrags motivierten die Reichswehrführung nach dem Ersten Weltkrieg neuartige Technologien und Truppengattungen einzuführen.[2] Vor diesem Hintergrund erhielt Celle ab Oktober 1937 unter anderem eine ständige Belegung mit Einheiten der neu eingeführten „Werfer-“ bzw. „Nebeltruppe“[3] und gut ein Jahr später die Heeresgasschutzschule[4]. Bereits zur Mitte der 1930er Jahre war das Militär wohl zum wichtigsten Wirtschaftsfaktor in Celle geworden.[5]
Insbesondere die restriktiven Rüstungsbeschränkungen des Versailler Vertrags motivierten die Reichswehrführung nach dem Ersten Weltkrieg neuartige Technologien und Truppengattungen einzuführen.[2] Vor diesem Hintergrund erhielt Celle ab Oktober 1937 unter anderem eine ständige Belegung mit Einheiten der neu eingeführten „Werfer-“ bzw. „Nebeltruppe“[3] und gut ein Jahr später die Heeresgasschutzschule[4]. Bereits zur Mitte der 1930er Jahre war das Militär wohl zum wichtigsten Wirtschaftsfaktor in Celle geworden.[5]

Ein vom einstigen Oberbürgermeister Ernst Meyer unterzeichneter Vermerk vom 1. Mai 1934 liefert Hinweise auf militärische Umstrukturierungen und das Bauprogramm seitens der Heeresverwaltung.[6] Demzufolge war noch nicht geklärt, welche Truppenkontingente nach Celle verlegt werden sollten – man plante allerdings bereits mit dem Eintreffen mindestens eines Infanterie-Bataillons sowie einer Abteilung schwerer Artillerie. Durch die Anlage der Heeresmunitionsanstalt Scheuen verkleinerte sich die Fläche des dortigen Exerzierplatzes auf ca. 160 ha. Der Vermerk konstatiert, dass für die neu eintreffenden Truppen eine Platzgröße von mindestens 180 ha erforderlich sei.
In einer Besprechung am 15. Mai 1934 wurde
der Plan konkretisiert, einen neuen Truppenübungsplatz südlich der Landstraße
zwischen Klein Hehlen und Boye zu errichten.[7]
Das Gelände, im Süden durch die Aller begrenzt, lag in nur ca. 4 km Entfernung
zur neuen von-Seeckt-Kaserne. Die Schießbahnen auf dem Scheuener Übungsgelände
sollten dem Militär unabhängig von der Verlegung des Truppenübungsplatzes
weiterhin zur Verfügung stehen.
Der Celler Oberbürgermeister zeigte sich diesen Planungen gegenüber zunächst aufgeschlossen, obwohl der Heeresverwaltung im Rahmen des Geländetausches deutlich wertvollerer Grundbesitz zufiel und die Stadt mit einem Verlust von „sicherlich ½ Million“ Reichsmark rechnen musste. Auch war klar, dass das Gelände bei Klein Hehlen nach den Vorstellungen des Militärs umgestaltet werden musste. Hierzu waren umfangreiche Abholzungen erforderlich, die ganz nach den Erfordernissen der Heeresverwaltung ausgeführt werden sollten.
Der Celler Oberbürgermeister zeigte sich diesen Planungen gegenüber zunächst aufgeschlossen, obwohl der Heeresverwaltung im Rahmen des Geländetausches deutlich wertvollerer Grundbesitz zufiel und die Stadt mit einem Verlust von „sicherlich ½ Million“ Reichsmark rechnen musste. Auch war klar, dass das Gelände bei Klein Hehlen nach den Vorstellungen des Militärs umgestaltet werden musste. Hierzu waren umfangreiche Abholzungen erforderlich, die ganz nach den Erfordernissen der Heeresverwaltung ausgeführt werden sollten.
[1]
Schimmelpfeng, Geschichte des 2. Hannoverschen Infanterie-Regts. Nr. 77, 1913,
S. 100.
[2]
Fleischer, Deutsche Nebelwerfer 1934 – 1945, in: Waffen-Arsenal, S.Bd: S-40, S.
4.
[3] Tessin,
Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen SS im Zweiten Weltkrieg
1939 – 1945, Bd. 14, S. 141.
[4] Möller,
Celle-Lexikon, S. 163.
[5]
Rohde/Wegener, Celle im Nationalsozialismus, S. 73.
[6] Vermerk
aus der Besprechung mit Ministerialrat Drescher, Reichswehrministerium, StadtA
CE, Best. 05, Best. 5 O. Nr. 0006.
[7] Vermerk
aus der Besprechung zwischen Oberstleutnant Pflugradt, einem Vertreter der
Kommandantur Braunschweig, dem Adjutanten Oberleutnant Pauli und
Oberbürgermeister Meyer, StadtA CE, Best. 05, Best. 5 O. Nr. 0006.

Bereits wenige Tage später, am 19. Mai 1934,
äußerte der Celler Oberbürgermeister jedoch „grundsätzliche Bedenken“ an dem Vorhaben.[1]
Zur Begründung führte er an, dass die geplante Fläche bei Klein Hehlen rund 1/3
der Gemeindefläche umfasse und die örtlichen Bauern insbesondere durch den
Verlust ihrer Weidegründe an der Aller enorm geschädigt würden.
Alternativ offerierte der Oberbürgermeister dem Militär einen anderweitigen Geländevorschlag, der zu Teilen die weiter westlich befindliche Hambührener Gemarkung betraf. Postwendet wurde Oberbürgermeister Meyer von der Heeresverwaltung darüber aufgeklärt, dass seine Option aufgrund fehlender Visiermöglichkeiten für Artillerieübungen ausschiede.[2]
Man einigte sich im Fortgang im Wege eines Kompromisses, sodass wenigstens einige Weidegründe den Klein Hehlener Bauern erhalten blieben. Zwischen 1935 und 1936 lief das Enteignungsverfahren in dessen Ergebnis das Gelände schließlich als Truppenübungsplatz umgestaltet werden konnte.
Alternativ offerierte der Oberbürgermeister dem Militär einen anderweitigen Geländevorschlag, der zu Teilen die weiter westlich befindliche Hambührener Gemarkung betraf. Postwendet wurde Oberbürgermeister Meyer von der Heeresverwaltung darüber aufgeklärt, dass seine Option aufgrund fehlender Visiermöglichkeiten für Artillerieübungen ausschiede.[2]
Man einigte sich im Fortgang im Wege eines Kompromisses, sodass wenigstens einige Weidegründe den Klein Hehlener Bauern erhalten blieben. Zwischen 1935 und 1936 lief das Enteignungsverfahren in dessen Ergebnis das Gelände schließlich als Truppenübungsplatz umgestaltet werden konnte.

Bild: Soldaten der 1. Nebel-Abt. bei einer Übung - Flussüberquerung über die Aller, 1938. Quelle: Fotoalbum, 1. Nebel-Abt., Archiv Altmann.
Wie es bei militärisch genutzten Bereichen üblich ist, erhielt fortan nur noch ein abgeschlossener Personenkreis Zutritt zum Gelände – die Quellen zum laufenden Übungsbetrieb sind daher recht überschaubar. Historische Luftaufnahmen vom 24.03.1945 zeigen jedoch die Ausdehnung, die Geländenutzung und sogar vereinzelte Stellungen sowie vereinzelte Zickzack-Gräben im südöstlichen Bereich des Truppenübungsplatzes. Die letztgenannten Splitterschutzgräben lagen auf der Fläche, die sich heute östlich der Leberstraße, südlich der Witzlebenstraße und westlich des Wilhelm-Heinichen-Rings befindet.
[1] Schreiben
Ernst Meyer an Oberstleutnant Pflugradt vom 19.05.1934, StadtA CE, Best. 05,
Best. 5 O. Nr. 0006.
[2] Schreiben
des Celler Oberbürgermeisters an den Stadtsyndikus Vogel vom 22.05.1934, StadtA
CE, Best. 05, Best. 5 O. Nr. 0006.

Bild: Luftbildausschnitt, Stellungen auf dem Truppenübungsplatz Kl. Hehlen. Quelle: National Archive, NARA, Archiv Altmann.
Es stellt sich die Frage, wie sich der
Truppenübungsplatz nach Kriegsende entwickelte – schließlich ist er
mittlerweile vollständig aus dem Landschaftsbild verschwunden. Aufschluss geben
hierzu Aktenbestände im Niedersächsischen Landesarchiv in denen die
Wehrmachtsanlagen im Landkreis Celle nach Kriegsende erfasst worden sind. Laut
einem Vermerk der Bezirksplanungsbehörde vom 29. Oktober 1945 waren einzelne
Flächen direkt nach Ende des Krieges wieder in eine landwirtschaftliche Nutzung
überführt worden.[1]
In einem
Schreiben der Kreisbauernschaft an das Landratsamt vom 12. Dezember 1945 heißt
es hierzu: „was Kulturland war, ist
bereits verpachtet und wird an die früheren Besitzer des Ortes Kl. Hehlen
zurückgegeben. Der Rest ist nur zur Aufforstung geeignet.“[2]
Das Landratsamt des Landkreises Celle äußerte sich mit einem Schreiben an die
Bezirksplanungsbehörde am 20. Dezember 1945 dahingehend, dass der Übungsplatz
bei Klein Hehlen ohne Gebäude sei und mit Hinblick auf seine ungünstige
Verkehrslage für eine Nutzung zu gewerblichen Zwecken ausscheide.[3]
Bis das Gelände wieder vollständig in zivile
Nutzung überführt werden konnte, verging offenbar noch einige Zeit, da die
britische Militärverwaltung das Areal nicht freigab. „Bemühungen auf Freigabe sind seit ungefähr 2 Jahren im Gange“,
heißt es hierzu in einem Schreiben des Celler Oberkreisdirektors an das
Niedersächsische Innenministerium sowie an das Niedersächsische Ministerium für
Wirtschaft und Verkehr vom 24. April 1948.[4]
[1] Vermerk
der Bezirksplanungsbehörde vom 29.10.1945, Nds. 120 Lüneburg, Acc. 51/79 Nr.
61.
[2]
Schreiben der Kreisbauernschaft an das Landratsamt vom 12.12.1945, Nds. 120
Lüneburg, Acc. 51/79 Nr. 61.
[3] Schreiben
des Landratsamtes des Landkreises Celle an die
Bezirksplanungsbehörde vom 20.12.1945, Nds. 120 Lüneburg, Acc. 51/79 Nr.
61.
[4]
Schreiben des Celler Oberkreisdirektors an das Niedersächsische
Innenministerium sowie an das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft und
Verkehr vom 24. April 1948, Nds. 120 Lüneburg, Acc. 51/79 Nr. 61.

Bild: Luftbild, Kl. Hehlen, Lage des ehem. Truppenübungsplatz. Quelle: NLD, Bildflug F025181, M.: 1:32.000, 1981.
Tatsächlich kam es in der Nachkriegszeit zu einer Weiternutzung des Truppenübungsplatzes durch die britischen Besatzungstruppen. Zeitzeugen aus Klein Hehlen erinnern sich heute noch an einzelne Manöver, die britische Streitkräfte auf dem Areal ausübten.
Heute ist das ehemalige Übungsgelände links und rechts des Wilhelm-Heinichen-Rings längst zu einem Stadtteil von Celle geworden – nichts deutet mehr darauf hin, dass sich hier einmal ein weitläufiges, militärisch genutztes Freigelände befand.
Heute ist das ehemalige Übungsgelände links und rechts des Wilhelm-Heinichen-Rings längst zu einem Stadtteil von Celle geworden – nichts deutet mehr darauf hin, dass sich hier einmal ein weitläufiges, militärisch genutztes Freigelände befand.

Bild: Lage des ehem. Truppenübungsplatzes bei Kl. Hehlen heute. Quelle: Satellitenbild, Google Earth, Ergänzungen anhand Planskizze aus StadtA CE, Best. 05, Best. 5 O. Nr. 0006.
Mittlerweile bilden Boye und Klein Hehlen schon fast einen zusammenhängenden Stadtteil, der sich im Süden bis fast an die Aller erstreckt. Stellungen, Schützengräben und Schießbahnen gehören längst der Vergangenheit an und sich darüber hinaus schon lange aus dem Gelände verschwunden.

Rückblickend zeigt sich, dass die Anlage eines militärischen Übungsgeländes in unmittelbarer Nähe zur Stadt letztlich nur deswegen realisierbar war weil die politische Situation nach der Machtergreifung 1933 diese Maßnahmen ermöglichte.
Zunächst profitierte die lokale
Wirtschaft durchaus von der gesteigerten militärischen Präsenz. Nach Kriegsende
stellten sich die einstigen Entscheidungen jedoch als Trugschluss heraus.
Einerseits hatte die Stadt beim Geländetausch und der Verlegung des
Übungsplatzes von Scheuen nach Klein Hehlen Verluste erwirtschaftet. Darüber
hinaus musste fortan eine Vielzahl militärischer Liegenschaften verwaltet und
unterhalten werden. Der ehemalige Truppenübungsplatz bei Klein Hehlen stellte
insofern noch einen recht günstigen Fall dar, denn er konnte ohne größere
Umstände wieder seiner ursprünglichen Nutzung zugeführt werden.
H. Altmann
Moin, ich bin in den 60-ern in Boye groß geworden und kann mich noch an die Schützengräben erinnern. Wir sind mit dem Fahrrad in ihnen rum gefahren. Danke für den tollen Bericht.
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