f März 2013 ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Donnerstag, 14. März 2013

Interpretation von Luftbildern

Interpretation von Luftbildern


Anschauliche Darstellungen zum Einsatz von Luftbildern zum Aufspüren historischer Relikt. 


Einleitung

Seit den Brüdern Montgolfière, die am 4. Juni 1784 den weltweit ersten Heißluftballon präsentierten, sind Luftfahrzeuge aus unserem Leben nicht mehr fortzudenken (Montgolfière). Allerdings war es noch zu früh, um diese Technologie wirkungsvoll nutzen zu können. 

Bereits im Ersten Weltkrieg erkennte man das enorme Potential der Luftaufklärung. Es hatte viele Vorteile über die Aktivitäten des Feindes im Bilde zu sein. Vor allem bot die Luftaufklärung die Möglichkeit relativ unabhängig von käuflichen Spionen und Informanten zu sein. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Möglichkeiten der Luftaufklärung perfektioniert. Zum Ende des Krieges setzten vor allem die Allliierten auf die Luftbildfotografie. Dazu kamen eigens konstruierte Spitfires der Briten zum Einsatz. Sie waren unbewaffnet, um mehr Treibstoff transportieren zu können. So waren sie auf eine große Distanz einsetzbar und trotzdem schnell genug um angreifenden Jagdflugzeugen zu entkommen. Die Spitfires verfügten über hochauflösende Spiegelreflexkameras. 

Ebenfalls wurde im Zweiten Weltkrieg eine Technologie genutzt mittels derer es möglich war aus zwei 2-D Aufnahmen eine 3-D Aufnahme zu erstellen (5 Millionen britische Luftbilder). Diese Aufnahmen wurden von einer speziell eingerichteten Stelle ausgewertet. Kombiniert mit Geheimdienstinformationen war diese Art der Aufklärung eine der wirkungsvollsten Informationsinstrumente des Zweiten Weltkrieges. Geheime Projekte wie der Bau der V2 Rakete in Peenemünde konnten so entlarvt werden und durch gezielte Luftangriffe zerstört werden. 

Heute dienen die Luftbilder aus dem WK II unter anderem zum Aufspüren von Fliegerbomben und anderen Rüstungsaltlasten. 

Es ist eigentlich kein Problem heute an Luftbilder zu kommen. Praktisch jeder kann den kostenlosen Service Google Earth (Google Earth) nutzen. Dabei gibt es weite Unterschiede, denn Fotografien sind meist hochauflösender als Satellitenbilder. Allerdings stehen viele Hobbyarchäologen häufig keine anderen als die frei zugänglichen Google Earth-Bilder zur Verfügung. 

Die entscheidende Frage, die in diesem Beitrag aufgegriffen werden soll, ist es Hilfestellungen zur Interpretation von Satellitenbildern anhand anschaulicher Beispiele zu geben. Dabei soll sich dieser Beitrag auf solche Bilder beschränken die frei zugänglich sind, um dem Anspruch der Hobbyarchäologen gerecht zu werden. 

Dabei sollen vor allem die Chancen, aber auch die Grenzen von Satellitenbilder aus Google Earth behandelt werden. 

Luftbildinterpretation

Vorüberlegung

Das beste Werkzeug nutzt einem nicht, wenn man nicht weiß, wie man es benutzen soll. Ähnlich verhält es sich bei der Interpretation von Luftbildern. Es bringt einem nicht viel, wenn man über noch so gutes Bildmaterial verfügen kann: man muss dieses deuten können!

Für die Deutung bzw. Interpretation spielen folgende Aspekte eine tragende Rolle:


  • allgemeine Informationen über das Gebiet
  • formelle Bestandteile des Bildes 
  • materieller Inhalt/Darstellung des Bildes
Nur wenn diese drei Punkte ausreichend überdacht worden sind, kann die Interpretation eines Luftbildes überhaupt einen Sinn ergeben. Was heißt das? 


Allgemeine Informationen: 
  • Geschichte/Historie des zu untersuchenden Gebietes
  • Bodenbeschaffenheit
  • Klima
  • Höhenlage/Tektonik
  • Hydrologie
  • Nutzung des Gebietes
  • Flora
Mit anderen Worten: es stellt z.B. einen erheblichen Unterschied dar, ob das Untersuchungsgelände in tropischen Gefilden oder in den gemäßigten Breiten liegt. 

Eine Interpretation von Bodenstrukturen würde sicherlich auch in die falsche Richtung gehen, wenn man glaubt in der Sahara ein Wikingerdorf zu finden. Es ist also von entscheidender Bedeutung sich überhaupt erst mit dem materiellen Inhalt eines Bildes zu beschäftigen, wenn vorher die allgemeinen räumlichen Aspekte bedacht wurden. 


Formelle Bestandteile: 
  • Herkunft des Bildes
  • Alter der Aufnahme
  • Grund für die Aufnahme
Die formellen Aspekte sind nicht zwingend notwendig, um das Bild zu deuten. Dennoch vervollständigen sie den Zusammenhang und helfen möglicherweise Fragen zu klären. Wenn man z.B. auf einem Luftbild aus dem WK II eine Grabenlinie sieht, ist es recht unwahrscheinlich, dass es sich dabei um einen Wall aus dem Dreißigjährigen Krieg handelt. Warum? Weil der Grund für die Aufnahme im Krieg das Ausspionieren des Feindes war. Folglich wird es sich eher um einen Schützengraben o.ä. aus der entsprechenden Zeit handeln. 


Materieller Inhalt: 

Dabei geht es um das was uns das Bild eigentlich inhaltlich zeigt. Hier setzt die eigentliche Interpretation vor dem Hintergrund der bisher beschriebenen Informationen an.


Gründe für Bodenstrukturen

Bevor man nun wild drauflos schlussfolgert, sollte man gezielt überlegen welche (Umwelt-) Einflüsse überhaupt dazu führen können, dass sich sichtbare Bodenveränderungen ergeben. Es muss schließlich einen (physikalischen) Grund geben weswegen sich bestimmte Bereiche im Gelände von anderen abheben. Daher werde ich jetzt einige dieser Gründe vorstellen. 



Positive Bewuchsmerkmale: 
Bild: positive Bewuchsmerkmale. Quelle: eigene Darstellung.

Man stelle sich vor man nimmt einen Sack Mutterboden, gräbt mitten auf einem sandigen Acker ein Loch und gräbt in den Mutterboden einige Weizensamen ein. Es liegt auf der Hand, dass diese Samen ein besseres Wachstum haben werden, als die restlichen, die im nährstoffarmen Sand wachsen müssen. An diesen Stellen kann man bei den wachsenden Halmen deutlich die Unterschiede zum restlichen Feldbewuchs erkennen. Diese Stellen können z.B. auf alte Siedlungen hindeuten.



Negatives Bewuchsmerkmal: 
Bild: negatives Bewuchsmerkmal. Quelle: eigene Darstellung.

Genau andersherum funktioniert es beim negativen Bewuchsmerkmal. Eine Bodenstörung (im Bild ein Mauerrest) sorgt dafür, dass es bei den Ackerpflanzen zu einem Kümmerwuchs kommt.


Streufunde:
Bild: Streufunde. Quelle: eigene Darstellung.

Mauerreste die unterhalb der Oberfläche liegen werden z.B. beim Pflügen zerstreut. Typischerweise verteilen sie sich Rückstände um die ursprüngliche Stelle herum. Natürlich sind nicht überall wo vereinzelt Steinreste auf dem Feld verteilt sind Mauern im Untergrund. Oft stammen einzelne Objekte auch vom normalen "Hofabfall" der mit dem Mist auf's Feld kam.


Störungen des Grundwassers:  
Bild: Grundwasserstörung.  Quelle: eigene Darstellung.


Unterschiedliche Sedimente im Boden können dazu führen, dass oberirdisch Flecken auftauchen. Da Mauerwerk Wasser anders speichert bzw. in tiefere Schichten weiterleitet, kann dies ein Indiz für verborgene Bodenstörungen aus Stein/Mauerwerk oder anderen Materialien sein. Regenwasser dringt in lockeren Boden besser ein als in verdichteten Boden.


Störung des Grundwassers: 

Bild: diese Flecken entstehen durch unterschiedliche Wasserverteilung im Boden. Quelle: Google Earth.

Häufig (zumindest in meinem Suchgebiet) treten diese Erscheinungen dort auf wo Moore trocken gelegt wurden. Im Bild sieht man diese Bodenunterschiede. Zum einen haben wir hier Sandboden (hell) und zum anderen Rückstände des alten Moores.


Schatten:

Bild: Schatten auf Luftbildern. Quelle: eigene Darstellung.

Schatten deuten auf hervorragende Objekte hin. Schatten verraten uns daher auch etwas über die 3-D Beschaffenheit des Untergrunds. Allerdings kann es manchmal schwer sein Schatten und Bodenverfärbungen sauber zu trennen.


Bild: ein weiteres Beispiel für Schatten. Quelle: eigene Darstellung.

Im Bild ist hier ein Kornfeld gezeigt. Es handelt sich um ein negatives Bewuchsmerkmal (siehe oben). Durch den Schatten der schräg einfallenden Sonne wird es sichtbar.


Weitere Hinweise

Neben den bisher dargestellten Gründen für Bodenstrukturen können noch weitere vorliegen:


  • Frost: in Bodensenken sammelt sich Schnee bei Verwehungen, oder gefrorenes Wasser
  • Ruinen: sichtbare aus dem Boden ragende Mauerreste
  • Versuchsfelder: sie sehen häufig aus wie Grundrisse
  • natürliche Bodensenken in denen sich früher Wasser sammelte und die bereits vertrocknet sind werfen ebenfalls dunkle Schatten
  • Natürlicher Bewuchs kann irritieren: z.B. runde Formen (siehe Hexenzirkel bei Pilzen). 

Es kommen also die unterschiedlichsten Gründe für sichtbare Bodenunterschiede in Frage. Genau aus diesem Grund ist es auch so wichtig die allgemeinen Informationen zum Gelände im Hinterkopf zu haben. Sonst wird eine Interpretation zwangsläufig fehlgeleitet.


Vertiefend: Einführung in die Luftbildarchäologie



Der Einsatz von Google Earth

Eckhard Heller lobt in seinen Beiträgen den kostenlosen Service von Google Earth (Spurensuche am Computer). Zu Recht sollte man meinen, da "kostenlos" sicherlich nicht zu teuer sein kann. Ich nehme gleich vorweg: auch aus meiner Sicht ist Google Earth ein sehr mächtiges Werkzeug.

Allerdings sollte man hinterfragen wie verlässlich die Bilder aus Google Earth sind. Jeder der das Programm kennt weiß:

Google Earth zeigt uns die Welt aus der Sicht eines Satelliten. Der Aufnahmewinkel der Bilder ist also bei 90° - man blickt in der absoluten Aufsicht auf das Gelände was man in Google Earth betrachtet. Darin liegt auch schon einer der erheblichen Unterschiede zu Luftaufnahmen die per Flug aufgenommen sind: bei diesen Aufnahmen ist eine Schrägflugperspektive möglich.

Selbst wenn man den Blickwinkel neigt (Google Earth ermöglicht das) sieht man nicht das was uns ein richtiger Schrägflug zeigen würde, sondern nur eine Vektor berechnete Darstellung des Satellitenbildes.

Ein weiteres Manko von Google Earth besteht zweifelsohne darin, dass die Bilder oft nicht so hochauflösend sind, wie man es gerne hätte. So gehen manche Informationen alleine aufgrund der Qualität verloren. Anders wäre der Online-Service von Google aber nicht umsetzbar, da die Bilder viel zu groß wären, um sie zu laden. Bei einer schlechten Internet-Verbindung wäre das problematisch.

Hinzu kommt, dass die Google Bilder oft zu ungünstigen Zeiten aufgenommen wurden. Die beste Zeit um Erkenntnisse über Bodenstörungen und damit Spuren im Boden zu entnehmen, ist, wenn die Felder gerade bestellt wurden und die Saat aufkeimt. Aus Stoppelfeldern lassen sich aber leider kaum Informationen gewinnen.

Trotz dieser Einschränkungen ist Google Earth ein sehr wirkungsvolles Tool, um bequem von zuhause aus die Landschaft zu erkunden. Wenn man die Schwächen des Programms kennt, kann man ohne Zweifel nützliche Informationen gewinnen.

Wie bei den meisten Dingen gibt es Wege die Informationen aus Google Earth besser aufzubereiten und gezielte Analysen durchzuführen. Das allerdings erfordert ein wenig Verständnis für Bildbearbeitung. Ich werde anhand der folgenden Beispiele darauf eingehen. 


Vertiefend: Eckhard Heller



Beispiele

Es hätte keinen großen Sinn, wenn ich jetzt antike Stätten aus dem vorderen Orient als Beispiele anführen würde. Bei der riesigen Deutungsvielfalt von Luftbildern würde ich mich sicherlich auf zu dünnes Eis begeben. Daher werde ich jetzt einige "Google Earth Funde" aus meinem Suchgebiet bei Celle und aus anderen Gegenden in denen ich mich auskenne präsentieren. Ich zeige immer erst das Satellitenbild aus GE und dann die später bearbeiteten Bilder.

Es handelt sich bei den farbigen Bilder nicht um Laserscans/Messbilder. Die Bilder sind durch gezielte Bearbeitung entstanden.


Alter Flusslauf: 


Bild: alter Verlauf des Schwarzwassers bei Schwachhausen. Quelle: Google Earth.

Selbst für das gute menschliche Auge erschließt sich der originäre Flussverlauf aus dem Satellitenbild nicht ohne weiteres.



Bild: alter Verlauf des Schwarzwassers bei Schwachhausen. Quelle: Google Earth.

Durch gezielte Bildbearbeitung konnte der einstige Flussverlauf sichtbar gemacht werden. Dazu später mehr.



Bild: alter Verlauf des Schwarzwassers bei Schwachhausen. Quelle: Google Earth.

Hier habe ich den Flussverlauf noch einmal eingezeichnet (grün).


Alte Straße nach Offensen: 


Bild: Alte Straße nach Offensen. Quelle: Google Earth.

Es handelt sich hier absichtlich um ein älteres Satellitenbild aus Google Earth. Auf dem aktuellen Bild waren die Felsflächen als braunes Ackerland sichtbar und für eine Betrachtung nicht geeignet. Man kann den Straßenverlauf schwach bis gar nicht erkennen.



Bild: Alte Straße nach Offensen. Quelle: Google Earth.

Auf die unterschiedlich bewachsenen Feldstücke wurden unterschiedliche Bild-Filter angewendet. Durch die Bearbeitung wird der Straßenverlauf deutlich erkennbar. Früher verlief die Straße in einem Bogen unterhalb der jetzigen Landstraße.



Bild: Alte Straße nach Offensen. Quelle: Google Earth.

Hier grün dargestellt: der alte Straßenverlauf.



Bild: Alte Straße nach Offensen. Quelle: Google Earth.

Als Beweis, dass ich hier keinen Blödsinn erzähle: Abgleich mit der Kurhannoverschen Landesaufnahme (um 1780) per Google-Layer (Kartenlayer in Google Earth). Auch wenn die Karte eine Abweichung von ca. 15m innehat, kann man deutlich erkennen, dass die Ausgangsbasis aus Google Earth richtig war und hier einst die Straße verlief.


Alter Weg, oder alter Graben


Bild: Graben/Weg? Quelle: Google Earth.

Man kann schon in etwa im mittleren Feld eine Verfärbung des Sandes ausmachen.




Bild: Graben/Weg? Quelle: Google Earth. 

Die Verfärbungen und damit der Verlauf des Grabens/Weges werden aber erst bei der Bildbearbeitung deutlich. 






Bild: Graben/Weg? Quelle: Google Earth. 

Hier grün eingezeichnet der Verlauf des Grabens/Weges. 




Bunker und Schützengräben: 


Bild: Bunker/Schützengräben auf Romo (Dänemark). Quelle: Google Earth.

Hier sehen wir alte Bunker und Schützengräben auf der Insel Romo in Dänemark. Ich weiß, dass es sich um solche Objekte handelt, weil ich selbst schon dort war (Romo).




Bild: Bunker/Schützengräben auf Romo (Dänemark). Quelle: Google Earth. 

Hier dasselbe Bild nach der Bildbearbeitung. Während im Satellitenbild die umliegenden Kiefern und Dünen nach getäuscht haben kann man in diesem Bild exakt erkennen welche Objekte von Menschenhand geschaffen wurden. 



Alter Postweg: 


Bild: Teil eines alten Postweges. Quelle: Google Earth.

Hier das Satellitenbild eines alten Postweges. Der heutige Verlauf folgt dem graden Weh in der Mitte. War das immer so...?




Bild: Teil eines alten Postweges. Quelle: Google Earth. 

Nein! Hier habe ich einen Schwarz-Weiß-Filter verwendet. Und siehe da: der frühere Weg wird sichtbar. Er ging rechts neben dem heutigen Weg über das Feld. 





Bild: Teil eines alten Postweges. Quelle: Google Earth. 

Hier noch einmal dasselbe in grün: der alte Wegverlauf. 


Und noch ein Graben: 

Bild: Alter Graben. Quelle: Google Earth. 

Man erkennt den Grabenverlauf auch ohne große Bildbearbeitung bereits. 


Bild: Alter Graben. Quelle: Google Earth. 

In der Bearbeitung zeigt sich eine Schwäche des Verfahrens: man kann auch Informationen verlieren. 


Bild: Alter Graben. Quelle: Google Earth. 

Hier eingezeichnet in grün: der alte Grabenverlauf. 


Alte Straße: 



Bild: alte Straße. Quelle: Google Earth.

Hier sieht man einen Acker über den eine mutmaßliche alte Straße verläuft. Das geübte Auge erkennt den Verlauf. Allerdings nur im mittleren Bereich des Feldes.





Bild: alte Straße. Quelle: Google Earth.

Durch die Bildbearbeitung werden auch die Randbereiche der Straße erkennbar. 





Bild: alte Straße. Quelle: Google Earth.

Hier eingezeichnet: in grün die alte Straße. 






Bild: alte Straße. Quelle: Google Earth.

Und es geht noch drastischer. Durch eine weitere Bearbeitung erhält man diesen unumstößlichen Straßenverlauf in rot. 




Bild: alte Straße. Quelle: Google Earth.

Straßenverlauf in grün eingezeichnet. 



Und noch eine alte Straße: 

Bild: alte Straße. Quelle: Google Earth.

Man kann im rechten Feld bereits Strukturen erkennen. Jedoch ist noch unklar wozu diese Bodenverfärbungen gehören könnten.



Bild: alte Straße. Quelle: Google Earth. 


Die Bildbearbeitung macht es deutlich: es handelt sich um einen alten Weg bzw. eine alte Straße. Der Satten oberhalb könnte ein alter Graben sein. 


Bild: alte Straße. Quelle: Google Earth. 

Hier eingezeichnet: der alte Weg (rot). Der mutmaßliche Graben ist in blau eingezeichnet. 


Bildbearbeitung 

Ich bin leider kein Fotograf und habe auch keine Ausbildung in der professionellen Bearbeitung von Bildern. Daher bin ich ganz pragmatisch an die Sache herangegangen. Ich hoffe meine


Das Problem

Es gibt zwar Satellitenbilder auf denen Bodenstrukturen mit dem bloßen Auge erkennbar sind - bei der Mehrzahl ist das jedoch anders. Häufig sind die schwach ausgeprägten Randbereiche von Bodenstrukturen nicht erkennbar. Das liegt vor allem daran, dass unser Auge die Farben nur sehr schlecht differenzieren kann. Möglicherweise gehen so Informationen verloren.

Lösungsansatz

Durch die Erhöhung des Kontrasts oder differenzierte Farbspektren können die Bildinformationen besser verdeutlicht werden. Das Ziel ist es dabei gleiche Bereiche hervorzuheben und gegen andere abzugrenzen. So kann man erreichen, dass nur noch wenige verschiedene Farbspektren verglichen werden müssen.

Dabei kann jede Bearbeitungsmethode zum Erfolg führen, die in den Kontrast, die Farbabstufung und die Helligkeit des Bildes eingreift. Satellitenbilder liegen uns leider nur als fixe Dateien in einer bestimmten vorgegebenen Auflösung vor. Wir können daher nur an einigen Stellschrauben drehen, um solche Bilder für unsere Zwecke brauchbar zu verändern.

Es würde zu weit führen, wenn ich nun alle Bearbeitungsschritte erläutern würde. Da es so viele qualitativ unterschiedliche Bilder gibt, gibt es leider kein allgemein gültiges Rezept. Vielmehr sollte man das Grundproblem verstehen und sich an das Prinzip halten, dass möglichst deutliche Kontraste zwischen Bodenstruktur und umliegendem Gebiet geschaffen werden müssen. Alle dazu möglichen Bearbeitungsschritte sind möglich.

Folgende Mittel helfen in vielen Fällen:

  • Erhöhen/Abschwächen der Helligkeit
  • Veränderung des Kontrasts
  • Veränderung der Farbspektren auf unterschiedlichen Bildebenen. 

Welche Programme kann man nutzen? 

Im besten Fall hat man ein so umfangreiches Programm wie Photoshop zur Hand. Es gibt allerdings auch gute kostengünstige Alternativen: 

Programme (kostenlos): 
GIMP
Pixia
- auf dem Mac ist iPhoto im Betriebssystem enthalten. 


Woher bekommt man Satellitenbilder? 

Es gibt gute Online-Dienste für Satellitenbilder. Oben hatte ich bereits Google Earth erwähnt und einige Vorteile bzw. Defizite des Programms erläutert. 


Google Earth verfügt über unterschiedliche Satellitenbilderserien. Sie stammen von verschiedenen Satelliten und sind über mehrere Zeiträume aufgenommen worden. Sozusagen der Konkurrenz-Dienst wird von Microsoft angeboten (Flash-Earth). Anders als bei Google Earth braucht man sich dabei keine extra Software auf den PC laden. 


Der Vorteil bei Flash-Earth ist die Qualität der Bilder. Die Aufnahmen stammen von Bing und der NASA und übertreffen die Google Earth Bilder oft. 

Leider sind die Flash-Earth Bilder komplett zum falschen Zeitpunkt aufgenommen worden, nämlich im Sommer. Der Großteil der Felder ist mit Getreide bewachsen und bestellt. Selbst an Stellen von denen ich weiß, dass es dort sichtbare Bodenstrukturen gibt war auf den Falsh-Earth Bildern nichts zu erkennen. Aber wer weiß...vielleicht nützen sie ja doch irgendwas. 


Wie bringt man die Bilder in sein Bildbearbeitungsprogramm? 

Es ist zwar schön, wenn man die Bilder nun sehen kann, doch um sie zu bearbeiten muss man sie als Datei auf dem eigenen Rechner speichern. Dazu kann man in Google Earth über "Datei/Speichern/Bild speichern/" gehen und das komplette angezeigte Bild speichern. Ich traue diesem Export aber nicht so ganz und nutze lieber die Screenshot-Methode. dabei wird ein Ausschnitt des Bildschirms einfach abfotografiert und als Datei gespeichert. Folgende Programme/Möglichkeiten kommen dazu infrage: 

- Windows: "Druck"-Taste drücken und dann Paint (über "Programme") öffnen. Dann mit "Rechtklick/Einfügen" das Bild einfügen. Man kann es nun auch noch entsprechend zuschneiden und dann abspeichern. 
- als Software-Tool für Windows: Camstudio 2
- Auf dem Mac ist "Bildschirmfoto" in den Programmen bereits im Betriebssystem enthalten.


Nun kann man in aller Ruhe das Bild in einem Bildbearbeitungsprogramm nach freier Lust bearbeiten, verändern und anpassen, um undeutliche Bodenstrukturen möglichst gut hervorzuheben.


Fazit

Über die Interpretation von Luftbildern könnte man Bücher schreiben. Dieser Beitrag sollte allerdings nicht das Ziel verfolgen eine umfassende wissenschaftliche Arbeit zu verkörpern, sondern praktische Hilfestellungen für Hobbyarchäologen im "Hausgebrauch" mit Luftbildern zu geben.

Viele dieser Hobby-Forscher haben sich bisher ein umfassendes Fachwissen angeeignet. Es zeigt sich, dass viele ihr Hobby, vergleichbar zum neoliberalen Wirtschaftsgedanken, umso motivierter betreiben, weil sie es aus freien und sozusagen "egoistischen" Zielen verfolgen.

Problematisch ist, dass vielen Freizeit-Forschern keine hochauflösenden/professionellen Luftbilder zur Verfügung stehen. Daher bedienen sie sich nicht selten der Quelle Google Earth & Co. In diesem Beitrag wurde daher die Frage aufgegriffen ob diese Satellitenbilder wirklich einen solchen Nutzen stiften können wie Ihnen häufig nachgesagt wird.

Abschließend halte ich daher fest, dass derartige Satellitenbilder wirklich gut zu gebrauchen sind, zumal sie kostenlos verfügbar sind. Allerdings sollte man gewisse allgemeine Informationen zum untersuchten Gebiet im Hinterkopf behalten, um keinen falschen Interpretationen zu folgen. Es bietet sich daher an sich grundsätzlich auf verschiedenen Ebenen mit dem Untersuchungsgebiet vertraut zu machen. Außerdem sollte man sie wesentlichen Gründe für sichtbare Bodenstrukturen kennen. Fakt ist, dass die Natur in ihren eigenen Gesetzen folgt und somit keine Bodenstruktur unerklärlich ist oder einfach auf bloßen Zufall zurückzuführen ist. Es geht im Wesentlichen darum die natürlichen von den künstlichen, von Menschenhand beeinflussten, Bodenstrukturen abzugrenzen.

Zur Deutung und Interpretation von Satellitenbilder aus freien Quellen, wie Google Earth, kann es nützlich sein, die Bilder gezielt zu bearbeiten. Dabei gibt es leider kein allgemeingütiges Rezept. Vielmehr muss man vom Ausgangsmaterial einen individuellen Bearbeitungsprozess anstrengen, um vorhandene Bodenstrukturen möglichst deutlich abzugrenzen.

Vor dem Hintergrund dieser Ausführungen kann man mit Recht sagen, dass sich aus der kostenfreien Nutzung von Satellitenbildern, Bilderfassungs- und bearbeitungspogrammen gute Erkenntnisse zur Interpretation von Bodenstrukturen gewinnen lassen. Allerdings muss man dazusagen, dass bei der Interpretation durch Hobbyarchäologen viele Fehler begangen werden können. Ursächlich dafür ist zum Einen die fehlende Erfahrung im Interpretationsprozess und zum anderen die teils schlechte Qualität der Satellitenbilder.
Leider gibt es nur wenige Musterbeispiele von Bodenstrukturen, die sich auf viele andere Beispiele anwenden lassen. So kann ein alter, zerpflügter Grabhügel genauso aussehen wie eine tiefliegende Senke, die sich mit Wasser gefüllt hat - für den Laien nur schwer zu unterscheiden. Die Qualität der Luftbilder wird ebenfalls zum Verhängnis und führt zu Fehlern bei der Interpretation. Optimal wäre es, wenn dem Hobbyarchäologen für das untersuchte Gebiet neben den kostenlosen Satellitenbildern auch noch hochauflösende (Schräg-)Flugbilder zur Verfügung stünden. meist ist dies nicht der Fall. So fehlen dem Hobby-Forscher schlichtweg die Grundlagen für eine umfassende Interpretation, was zu Fehlern führt.

Trotzdem sollte der sachkundige Hobbyarchäologe auf die Interpretation des ihm zur Verfügung stehenden Materials an Luftbildern setzen. In Ergänzung zur klassischen Feldbegehung können so wichtige Erkenntnisse gewonnen werden. Klarheit über das Vorhandensein historischer Relikte, die im Boden verborgen liegen, kann dann nur eine klassische archäologische Ausgrabung liefern.


Weiterführende Quellen:
http://www.archaeopro.de/archaeopro/LBA-1x.htm



Viele Grüße,


Hendrik

(Kontaktdaten siehe unten)


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Mail: found-places@live.de


Wichtiger Hinweis: 

Ich suche jederzeit Material zur Heimatgeschichte. Wenn Sie alte Fotos, Postkarten, Zeichnungen, Karten oder andere geschichtliche Dokumente besitzen und gerne etwas dazu erfahren möchten, dann bitte ich Sie mich zu kontaktieren. Alle Informationen werden mit größter Sorgfalt behandelt! 

Für Hinweise in Form von Dokumenten bin ich bereit zu zahlen! 

Bei Fragen/Anregungen/Kritik bitte ich Sie mir eine kurze Mail zu schreiben. 

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Empfehlungen:


Die Schatzregister (zu erwerben): 



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Offensen-Schwachhausen: 



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Schatzsuche:  die Teufelsinsel in Wietze: 



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Antiquarische Bücher: Celler Versandantiquariat Ehbrecht: 




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Freitag, 8. März 2013

Der Siebenjährige Krieg in Celle - 1757: die Lage aus alliierter Sicht

Der Siebenjährige Krieg in Celle - 1757: die Lage aus alliierter Sicht


Darstellung der Ereignisse, die gegen Ende des Jahres 1757 bei Celle stattfanden - aus Sicht der alliierten Armee unter Herzog Ferdinand von Braunschweig. 



Vorbemerkung

Wie in allen Beiträgen, so soll auch dieser möglichst anschaulich eine bestimmte Epoche schildern. Dabei sollen die Ereignisse in und um Celle natürlich besonders herausgestellt werden. Natürlich kann es nicht schaden, wenn man ein gewisses Hintergrundwissen zum Siebenjährigen Krieg hat. Da ich das aber nicht voraussetzen kann, werde ich kurz auf wesentliche Punkte dieses Krieges eingehen. Recht schnell folgend möchte ich dann aber auf die Situation bei Celle zu sprechen kommen. Abschließend möchte ich meinen Forschungsstand zu den Ereignissen im Flotwedel darlegen. Diese Ergebnisse werde ich durch Fundobjekte meiner Feldprospektionen erläutern.

Resultierend werde ich in einem kurzen Fazit auf die Gesamtergebnisse eingehen.


Bild: Tagebuch des Generaladjutanten von Reden. Quelle: Google Books.



Der Siebenjährige Krieg

Der Krieg (Siebenjähriger Krieg), der im Jahr 1756 begann, war ursprünglich durch die Vorherrschaft der britischen und französischen Kolonien ausgelöst worden. Eher beiläufig geriet der europäische Kontinent durch Preußen, Schweden, Sachsen, Österreich, Kurhannover und Russland in den Konflikt. Frankreich konnte sich zur See nicht gegen die britische Flotte behaupten. Um die Lage in den Kolonien (z.B. Indien und Nordamerika) zu entspannen, griff Frankreich das Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg (Kurhannover) an. Das Kurfürstentum (Kurfüstentum Braunschweig-Lüneburg) war durch eine Personalunion mit dem vereinigten Königreich England verbunden.

Die Machtverhältnisse auf dem europäischen Festland muss man in dieser Zeit als instabil bezeichnen. Österreich hatte im ersten ( Erster Schlesischer Krieg 1740 bis 1742 ) und zweiten Schlesischen Krieg (Zweiter Schlesischer Krieg ) Gebiete an Preußen verloren. Es kam Österreich daher gerade recht, dass das Machtgefüge um das mit Kurhannover verbundene Preußen ins Wanken gerieten. Preußen und England hatten am 16. Januar 1756 die Konvention von Westminster unterzeichnet - faktisch war Kurhannover damit ebenfalls mit Preußen verbunden. Im April 1756 erklärte die Zarin Elisabeth von Russland sie werde Österreich in einem Angriff auf Preußen unterstützen. Der Koalition "Österreich-Russland-Frankreich" traten auch noch Schweden und Sachsen bei. Somit standen Kurhannover, England und Preußen einer Union bestehend aus Schweden, Österreich, Frankreich, Sachsen und Russland gegenüber.

Am 29. August 1756 marschierten preußische Truppen im Kurfürstentum Sachsen ein und besetzten dieses. Die sächsischen Truppen wurden bei Pirna eingelschlossen (1756 in Pirna). Nun war klar, dass eine französische Intervention folgen musste.

Im März 1757 überschritten zwei französische Heere den Rhein. Die ca. 100.000 Mann starke "Rhein-Armee" unter dem Marshall d'Estrées ( sollte gegen Hannover ziehen. Die "Main-Armee" unter Charles de Rohan sollte zunächst gegen das besetzte Sachsen und dann direkt gegen Friedrich von Preußen vorgehen (Friedrich II).

In Hannover wurde die so genannte Observationsarmee gebildet. Am 25. Juli 1757 kam es bei Hastenbeck zu einer folgenschweren Auseinandersetzung beider Armeen Schlacht bei Hastenbeck). Die alliierten Truppen (Observationsarmee) unterlagen dabei den Franzosen. Die Alliierten mussten weichen. Hannover wurde besetzt. In diesem Zuge verlangten die Franzosen die Auflösung der Observationsarmee. England widersprach einer Kapitulation. Friedrich II. entsandte einen seiner talentiertesten Heerführer: Herzog Ferdinand von Braunschweig. Er löste den zuvor in Hastenbeck gescheiterten Herzog von Cumberland ab. Ferdinand informierte den Marshall de Richelieu, der inzwischen den Befehl über die Rhein-Armee übernommen hatte, gegen Ende November von der Wiederaufnahme der Feindseligkeiten.

Obgleich die Chancen auf den Erfolg der Observationsarmee gegen die französischen Truppen schlecht standen, brach Herzog Ferdinand von Braunschweig schon Ende November mit der Armee von Stade aus in Richtung Lüneburg auf.

Die französische Garnison in Harburg wurde rasch vom Nachschub abgeschlossen. Dann wandte sich die Observationsarmee in Richtung Winsen/Lüneburg.


Hinweis:

Im Dreißigjährigen Krieg war der Nachschub der Armeen kaum organisiert. Vielfach mussten die besetzten Gebiete für die Versorgung aufkommen. Im Siebenjährigen Krieg ging man zum so genannten Magazinwesen über. Die Vorräte der Armee wurde dabei in großen Lagern zentral gebündelt. Dies hatte den Vorteil, dass die Armeen aus eigenen Reserven heraus operieren konnten. Das war effizienter, als den Nachschub ausschließlich aus den besetzten Gebieten herauszupressen. Allerdings war die Armee damit auch abhängig von ihrem Nachschub. Die Magazine mussten in die Planung aufgenommen werden - ohne Nachschub konnte die Armee nicht vorrücken.




Bild: Observationsarmee auf dem Weg von Lüneburg nach Uelzen. Quelle: eigene Darstellung.


In der Nacht auf den 03.12.1757 erfuhr man in der Observationsarmee (O.A.) davon, dass der Marshall (de Richelieu) Lüneburg geräumt hatte. Daraufhin marschierte Major Freitag (O.A.) am 04.12. in Lüneburg ein. Er nahm 123 Verwundete gefangen und beschlagnahmte die Magazine.

Am 06.12. rückte die Armee nach Ebstorf vor. Wegen der oben beschriebenen Probleme durch das Nachrücken der Magazine konnte die Armee dann erst am 09.12. weiter Richtung Uelzen und Suderburg vorrücken. Der Feldmarshall von Reden schrieb in seinem Tagebuch es habe eine solche Unordnung und Verwirrung bei dem Transport gegeben, dass es zu Verzögerungen bei Ebstorf kam.

In Suderburg angekommen (09.12.1757) musste Ferdinand von Braunschweig entscheiden, wie er weiter vorgehen wollte. Es ging vor allem darum wo die Aller zu überqueren sei, wobei sich folgende Alternativen eröffneten:


  • "rechts" über Soltau, Visselhövede, Rothenburg und Verden
  • "links" über Ülzen, Gr. Oesingen und Gifhorn
  • "zentral" auf Celle zu. 
Ferdinand entschloss sich direkt auf Celle zu marschieren. Am 10.12.1757 setzte sich die Armee in Bewegung. 


Bild: Lageentwicklung 10.12. bis 12.12.1757. Quelle: eigene Darstellung. 


Allerdings wollte Ferdinand sicher gehen und ließ den Oberst Spröken mit 8 Bataillons und 8 Schwadronen nach Sprakensehl vorrücken. Damit wollte er dem Marshall de Richelieu Glauben machen er würde einen Allerübergang bei Gifhorn anstreben. 

Der Hauptteil der Armee ging aber in dieser Zeit auf Weyhausen zu. Am 11.12. "detachierte" (verlegte) Ferdinand die Truppen unter Oberst Spröken nach Gr. Oesingen. Damit sollte der Feind abermals zur Vermutung gelangen, dass die Observationsarmee bei Gifhorn den Übergang der Aller plane. 

In Wirklichkeit setzte Ferdinand die Truppen der Hauptarmee am 11.12. in Richtung Celle in Bewegung. Entlang des alten Postweges gingen sie auf Rebberlah vor. Dort stieß Major Luckner, der 4 Kolonnen mit zwei Avantgarden (800 Mann leichte Truppen, 200 Mann Fußgarde, 1 Schwadron Busch-Dragoner unter Brigademajor Estorf) auf Franzosen. Diese zogen sich nach kurzem Gefecht schnell nach Garßen bei celle zurück. Sofort rückte die erste Avantgarde, verstärkt durch die zweite (300 Grenadiere und drei Schwadrone) nach. Diese Vorhut sollte dem Feind nachspüren und während der nacht auf den 12.12. die Stärke der Franzosen bei Garßen in Erfahrung bringen. 



Bild: Luckner-Husar (Husaren-Regiment unter Major Luckner). Quelle: Uniformbilder der Armee Ehrenhalle, vaterländisches Museum Celle, 1914. Quelle: Uniformbilder der Armee Ehrenhalle


Der Rest der Armee schlug am 12.12.1757 das Lager bei Rebberlah auf. 



Bild: Das Lager bei Rebberlah. Quelle: eigene Darstellung. 


Die zweite Avantgarde unter Oberg kampierte laut von Reden südlich von Rebberlah, während die restliche Armee nördlich verblieb. Vermutlich wollte sich Ferdinand absichern, um nicht in den Ausläufern des unübersichtlichen Lüßwaldes von den Franzosen überrascht zu werden. 

Auch die Truppen unter Oberst Spröken, der sich bei Gr. Oesingen aufgehalten hatte, um die Franzosen zu täuschen, stießen am Abend des 12.12. zu dem Lager bei Rebberlah. 

Am Morgen des 13.12. brach die Armee weiter in Richtung Celle auf. Die zweite Avantgarde meldete, dass der Feind um Mitternacht (also von 12.12. auf den 13.12.) Garßen verlassen hatte und nach Altenhagen aufgebrochen war. Daraufhin setzte Herzog Ferdinand seinen Marsch weiter nach Altenhagen fort. 

Bild: Lageentwicklung am 13.12.1757. Quelle: eigene Darstellung. 


Die Vorhut, bestehend aus "Jägern" (Preußische Jäger) rückte gegen die Vorstädte und die Allerbrücke in Celle vor. Nur ein Toter auf Seite der Alliierten und zwei Verwundete waren dabei zu beklagen. Die Franzosen zogen sich auf die andere Seite der Aller zurück. 

Johann Heinrich Ludewig Grotehenn schrieb in seinem Tagebuch über die Belagerung Celles folgendes: 

(...) Allein hier vor Zelle siehet es noch schlecht aus, daselbst fliest die Aller durch, und dieser fluß ist die scheidunge anjetzo zwischen uns und unserem gegner. Jedoch wird von beiden seiten täglich Connonirt und Bombardirt, in Zelle Hats bereits 3. Tage gebrand und sagt mann das eine kirche und Waisenhauß Nebst anderen gebäuden von dem frantzosen angesteckt, um sich an dieser seite der Stadt freyen Platz zu machen. Wegen der anhaltenden und zu Nehmenden kälte und Schnee kommt hier Mancher Mensch um seine Gesund(heit), und das arme Pferde vieh Crepiert gar, theils vor Kälte und theils vor hunger. Es ist noch eine herrliche sache, das wir immer unser bordt richtig kriegen, und dies ists auch womit man sich nebst wasser erhalten muß, und da man nun seit 2. Monat kein hemde hat können gewaschet kriegen, so stehet leicht zu gedenken wie sich bey jedem die Mit Eßer (Ungeziefer) anfinden, und die noch übrigen lebens säfte mit aus saugen helfen, denn wir Müßen tag und (Nacht) in voller kleidunge sein und bleiben. In dem Sommer langen tagen Wünschte mann, wie die Tages länge durch die Nacht theils abgeürzet würde anjetzo da nun die Nächte so lang und kalt sind, verlanget man mehr tages licht zu haben. (...) 

(Quelle: Johann Heinrich Ludewig Grotehenn, Briefe aus dem Siebenjährigen Krieg, Lebensbeschreibung und Tagebuch. Hrsg. Marian Füssel und Sven Petersen, Militärgeschichtliches Forschungsamt (MGFA), 2012)


Bild: Das Umland Celles um 1732. Quelle: Kartenausschnitt "Environs de Celle 1732". Quelle: Französische Nationalbibliothek


Die Karte der "Environs de Zelle 1732" (Umland von Celle 1732) ist eine der ersten detaillierten Karten, die die Ortschaften im heutigen Landkreis zeigt (Kartenbeschreibung). 

Möglicherweise war diese Karte den Franzosen bereits bekannt. Damit wären die folgenden Truppenbewegungen der alliierten Armee gut kalkulierbar gewesen. 


Bild: Die nördlichen Celler Vorstädte im Jahr 1757. Quelle: Französische Nationalbibliothek


Wie den meisten bekannt ist wuchs die Stadt Celle von Altencelle her. Das neue Celle entstand einige Kilometer flussabwärts wo sich die Aller gut aufstauen ließ. Anders als der Stadtkern, der zum ursprünglichen neuen Celle gerechnet wird, entstanden die nördlichen Vorstädte erst später. 

Die oben stehende Karte zeigt die Teile der Stadt (nördliche Vorstädte), die später durch die alliierte Armee besetzt werden konnten. Teile dieser Vorstädte fielen den Brandstiftungen seitens der Franzosen zum Opfer. 


Bild: Kolorierter Kupferstich der Stadt Celle um 1750. Quelle: Deutsche Fotothek. 


Für den Herzog Ferdinand und seine Armee war es unmöglich zu diesem Zeitpunkt die Stärke der französischen Armee auf der anderen Seite der Aller abzusehen. Laut von Reden machten die Franzosen sogar einige Bewegungen die die Einschätzung der Lage zusätzlich erschwerten. Daher beschloss Ferdinand den Hauptteil der Armee bei Garßen und Bostel zu lagern. Ebenfalls wurden Einheiten Truppen (z.B. die Luckner'schen) nach Klein Hehlen entsandt. Auch in der Celler Vorstadt wurden zwei Bataillons platziert. 



Bild: Lage am 13.12. zu Mittag/nachmittag. Quelle: eigene Darstellung. 


Im späteren Verlauf des Nachmittags (gegen 18:00 Uhr) begannen die Franzosen damit die Häuser auf der Fritzenwiese in Celle anzuzünden. Nicht nur die Wohnhäuser, sondern auch die Garnisonskirche und das Waisenhaus fielen den Flammen zum Opfer. Begründet wurde dies seitens Richelieus damit, dass die Armee ein freies Schussfeld gegen die anrückende Observationsarmee benötigte. Zivile Opfer sind trotz der dramatischen Überlieferungen nicht bekannt. 

Ebenfalls zerstörten die Franzosen die Celler Allerbrücke um zu verhindern, dass die alliierte Armee sie nutzen konnte. 


Bild: französische Soldaten brennen die Häuser der Fritzenwiese nieder. Quelle: "Celle im Siebenjährigen Krieg", Tagebuch des Celler Garnisonsauditeurs Johann Philipp Schowart. 



Bild: Lage am 14.12.1757. Quelle: Eigene Darstellung. 


Herzog Ferdinand erkannte schnell die Lage. Die Franzosen standen zur einen Seite der Aller - die Observationsarmee zur anderen. Daher wurden am 14.12. die Positionen seitens der alliierten Armee unter Ferdinand ausgebaut. Laut von Reden zündeten die Franzosen gegen Abend des 14.12. abermals Häuser in der Vorstadt an. 

Ferdinand und sein Stab erkannte, dass den Franzosen jederzeit der Nachschub aus den rückwärtigen Gebieten gesichert war. Es ist anzunehmen, dass Richelieu schon bei Ankunft der alliierten Armee Boten aussandte, um seine Kräfte bei Celle zu forcieren. In den folgenden tagen rückte daher immer mehr Nachschub der Franzosen bei Celle an. 


Bild: Lage am 15.12.1757. Quelle: eigene Darstellung. 


Aufgrund der aussichtslosen Lage wurde Oberst Spröken am 15.12. mit acht Bataillons und acht Schwadronen nach Groß Hehlen geschickt. Er sollte Boye besetzen und mittels seiner Truppen die Brücke bei Winsen über die Aller besetzen um endlich den notwendigen Allerübergang zu schaffen. Im Zuge dieses Plans sollten Ponton-Brücken zwischen Stedden und Boye gebaut werden. Diese Notbehelfs-Brücken hätten einen schnellen Übergang gewährleistet. 

Als jedoch Herzog Ferdinand von Braunschweig am Morgen des 16.12. nach Boye kam, um die Arbeiten zu begutachten, fanden er und seine Truppen keine fertigen Ponton-Brücken vor. Der Offizier der die Pontons führte gab an, seinen Weg verfehlt zu haben (von Reden). 


Bild: Lage am 16.12.1757. Quelle: eigene Darstellung. 


Somit war der Plan den Franzosen bei Celle in die Flanke zu fallen verfehlt. Völlig richtig erkannte Ferdinand, dass es besser war vom Plan bei Boye abzulassen. Ohnehin hatten die Franzosen wohl längst von diesem Plan Ahnung. Hätte Ferdinand seine Armee trotzdem über die Aller bei Boye geführt, so hätte er sich kurz darauf in unwegsamen Gelände einer Übermacht an französischen Truppen gegenüber gesehen. Immerhin muss berücksichtigt werden, dass Ferdinand nicht von der Stärke der Franzosen wissen konnte.  


Bild: Lageentwicklung bei Boye um den 13.12.1757. Quelle: Plan der Aufstellung der preußischen und französischen Truppen im Dezember 1757 bei Celle. Deutsche Fotothek (Deutsche Fotothek). 


Herzog Ferdinand von Braunschweig kehrte unverrichteter Dinge wieder in das Hauptquartier nach Altenhagen zurück. Mit ihm marschierte die Fuß-und Leibgarde. Um sich abzusichern wurde Oberg mit 2 Bataillons in der Nähe von Klein Hehlen postiert. Spröken, der immer noch das Gebiet Richtung Boye und Winsen sicherte, konnte sich so im Notfall, d.h. falls die Franzosen angriffen zurückziehen. 



Bild: Grenadier des Leibgarde-Regimants. Quelle: Uniformbilder der Armee Ehrenhalle, vaterländisches Museum Celle, 1914. Quelle: Uniformbilder der Armee Ehrenhalle


Nachdem es nicht gelungen war einen Allerübergang bei Winsen und Boye zu erzwingen, richtete sich die alliierte Armee auf eine Belagerung ein. 

Und das war auch zwingend nötig. Wie schon in den vorherigen Abbildungen gezeigt und kurz angesprochen, verfügten die Franzosen über ausreichenden Nachschub an Truppen. Der Marshall de Richelieu beorderte Truppenkontingente aus Hessen und Norddeutschland (z.B. Ostfriesland) heran. Täglich stießen neue Regimenter hinzu. Von Reden schrieb in seinem Tagebuch: 

"So endigte dieser Tag, der vermöge der getroffenen Vorkehrungen und Dispositionen von bedeutenden Folgen hätte seyn müssen, statt dass er bei jenem Misslingen unseres Planes unsre Lage nur problematisch machte. Übrigens war es der letzte Tag, an dem wir noch offensiv zu Werke gingen; denn von nun an begann der Feind uns seine Überlegenheit täglich mehr fühlen zu lassen. Im Vortheile durch das tägliche Eintreffen neuer Regimenter, unternahm er von Zeit zu Zeit Ausfälle bald von Winsen, bald von Gifhorn aus, und endlich Klein-Hehlen gegen über, wo er, die Brücke herstellend, das Obergsche Corps anzugreifen Miene machte." 

Der alliierten Armee unter Herzog Ferdinand blieb also in dieser Situation nicht viel Handlungsraum. Die Truppen unter Oberg bildeten eine gewisse Vorhut. Einerseits war es den Franzosen unmöglich unbemerkt über die Aller zu gehen - aber andererseits hatten auch Ferdinands Truppen keine Chance in die Stadt einzudringen. 

Die Franzosen spielten dabei klar auf Zeit. Ferdinand hatte seine Magazine zunächst nach Lüneburg und später nach Uelzen verlegt. Trotzdem war Uelzen sehr weit weg, um die alliierte Armee mit Nachschub zu versorgen. Sicherlich konnten die Franzosen in dieser Lage gewissermaßen auf Zeit spielen. Gleichzeitig nutzten sie diese gewonnene Zeit um neue Truppenkontingente heranzuschaffen.  


Bild: Lage am 17. und 18.12.1757. Quelle: eigene Darstellung.


Am 18.12. ging die Meldung ein, dass die Franzosen auch an der Altenceller Allerbrücke arbeiteten.
So meldete der Prinz von Ysenburg (Grafschaft Ysenburg), dass auch Truppen der Franzosen auf dem Weg seien um die wiederhergestellte Allerbrücke bei Altencelle zu passieren.

Auf der Kurhannoverschen Landesaufnahme von Altencelle (um 1780) ist noch eine alte Schanze der Franzosen (Schanze (Festungsbau)) erkennbar. Offensichtlich sollte diese den Allerübergang bei Altencelle sichern.


Bild: Franzosenschanze bei Altencelle. Quelle: Kurhannoversche Landesaufnahme. Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen (LGLN (Karten)



Ebenfalls von Oberg und Spröken aus Klein Hehlen und Winsen gingen Nachrichten ein, die Franzosen würden sich auf den Übergang vorbereiten. Diese stellten sich nachträglich aber als Gerüchte und Falschmeldungen heraus. 

Herzog Ferdinand gab den Befehl die Armee solle sich bereit halten. Die Gerüchte um den möglichen Allerübergang der Franzosen führten so weit, dass alle detachierten Posten zurück an die Hauptarmee beordert wurden. Somit sollte dem Feind keine Gelegenheit gegeben werden einzelne Einheiten von der Truppe zu trennen. Allerdings bewahrheiteten sich die Gerüchte nicht. Als Resultat stand die gesamte Armee am 19.12. wieder geschlossen in Altenhagen - wie am Tag der Ankunft. 


Bild: die Lage bei Winsen. Quelle: Plan der Aufstellung der preußischen und französischen Truppen im Dezember 1757 bei Celle. Deutsche Fotothek (Deutsche Fotothek).


Nun begann wieder ein langsames Vortasten der Allliierten. Ferdinand wollte sich vor allem der Brücken bei Altencelle, Wienhausen und Schwachhausen versichern. Daher gingen die Husaren Richtung Lachendorf vor. Sie sollten dort in Stellung gehen wo sie die Brücken bei Oppershausen (Wienhausen) und Schwachhausen im Blick hatten. Dein Detachement Jäger (zu Fuß) wurde nach nach Klein-Hehlen entsandt. Es kam jedoch zu keinen Feindberührungen.
Bild: mögliche Allerübergänge um den 19.12.1757. Quelle: eigene Darstellung.


Als Allerübergänge kamen nur die Flanken - also die links und rechts von Celle liegenden Brücken in Frage. Zwar schrieb von Reden, dass die Franzosen an der Wiederherstellung der Brücken von Celle und Altencelle arbeiteten, aber sie werden diese nicht als primäre Übergänge im Auge gehabt haben. Militärisch wäre das Blödsinn gewesen, denn die Truppen unter dem Marshall de Richelieu hätten nach kurzer Zeit der alliierten Armee frontal gegenüber gestanden ohne sich auf die Flanken ausdehnen zu können. Es scheint viel plausibler, dass die Franzosen sich ihrer Lage bewusst waren und die Brücken von Winsen, Wienhausen und Schwachhausen nutzen wollten. Nur dann konnte ein Vorstoß über die Celler Brücken erfolgen ohne ein militärisches Desaster zu riskieren.

Bild: Aufstellung der Hauptarmee zwischen Altenhagen, Bostel und Garßen. Quelle: Plan der Aufstellung der preußischen und französischen Truppen im Dezember 1757 bei Celle. Deutsche Fotothek (Deutsche Fotothek).

Währenddessen wurde es von Tag zu Tag kälter. Die alliierte Armee litt nicht nur unter den fallenden Temperaturen. Auch der Mangel an Nachschub machte sich immer stärker bemerkbar. Besonders die Futterrationen für die Pferde stellten ein zunehmendes Problem dar. Dennoch war man unter herzog Ferdinand von Braunschweig noch zuversichtlich. Die vorherrschende Meinung war, dass man die Strapazen länger aushalten wollte als die Franzosen auf der anderen Allerseite.

Am 21.12. breitete sich ein neues Gerücht aus. Angeblich ließ Richelieu ein Truppencorps auf Gifhorn zumarschieren. Schnell war dem Stanb von Herzog Ferdinand klar, dass diese Bewegung der Franzosen (so sie der Wahrheit entsprach) nur ein Ziel haben konnte: die Magazine der alliierten Armee in Uelzen.

Bild: Gerücht um die Marschroute der Franzosen am 21.12.1757. Quelle: eigene Darstellung. 


Diese Bewegung der Franzosen wäre natürlich fatal gewesen. Ohne die Magazine in Uelzen hätte die alliierte Armee sicherlich in der Eiseskälte vor Celle kapitulieren müssen. 

Aber nicht genug damit. Dem ersten Gerücht folgte ein zweites: die Franzosen stellten angeblich bei Fallingbostel (also im Nordwesten) ein großes Truppencorps zusammen, um die noch immer besetzte Harburger Garnison (siehe oben) zu entsetzen (befreien). 

Beide Fronten mussten nun auf einmal bedient werden. Vor allem bei einem Vorstoß der Franzosen über Fallingbostel nach Hermannsburg hätte es erhebliche Versorgungsengpässe bei der alliierten Armee gegeben. 

Am 24.12. (Heiligabend) liefen von den Vorposten bei den Allerübergängen bei Celle die Nachrichten ein, dass die Franzosen nun mit erheblichem Eifer am Übergang arbeiteten. 

Bild: Mögliche Lageentwicklung am 24.12.1757. Quelle: eigene Darstellung. 


Herzog Ferdinand und seinen Truppen war bewusst in welcher schlimmer Lage sie sich befanden: wenn die Zangenbewegung der Franzosen gelang, würde die alliierte Armee eingekesselt werden. 

Hinzu kamen immer neue Nachrichten über weitere Truppenteile die zur französischen Armee hinzugestoßen waren. Die Alliierten waren sich zu recht sicher, dass die Franzosen ihnen zahlenmäßig überlegen waren. Darüber hinaus konnten die Franzosen von allen Seiten angreifen - die alliierte Armee wäre schnell von möglichen Scheinangriffen ermüdet gewesen. Dem wollte Ferdinand aus dem Wege gehen. 

Bild: mögliche Aufstellung der Franzosen bei Offensen und Schwachhausen. Quelle: Plan der Aufstellung der preußischen und französischen Truppen im Dezember 1757 bei Celle. Deutsche Fotothek (Deutsche Fotothek).  

Bild: Franzosen sichern die Allerbrücke bei Wienhausen. Quelle: Plan der Aufstellung der preußischen und französischen Truppen im Dezember 1757 bei Celle. Deutsche Fotothek (Deutsche Fotothek).  


Die Brücken bei Wienhausen und Schwachhausen spielen in diesem Szenario eine wesentliche Rolle. Um die Zangenbewegung auszuführen mussten die Franzosen diese Brücken kontrollieren und das taten sie vermutlich auch. 

Herzog Ferdinand traf daraufhin den einzig richtigen Entschluss in dieser Situation und befahl seiner Armee "mit dem Schlag 12 Uhr um Mitternacht unterm Gewehre zu sein". Daraufhin zog sich die alliierte Armee in der Nacht vom 24.12. auf den 25.12. über Rebberlah und Schelploh/Weyhausen in Richtung Uelzen zurück. 

Bild: Rücknahme der alliierten Armee zum 25.12.1757. Quelle: eigene Darstellung. 


Tatsächlich gingen die Franzosen am 25.12.1757 an mehreren Stellen über die Aller und führten die beschriebene Zangenbewegung aus. Jedoch fanden sie die Lager der alliierten Armee bei Altenhagen, Bostel und Garßen vollständig verlassen vor. Richelieu ließ von einer Verfolgung der alliierten Truppen ab, denn die Witterung setzte seinen Truppen ebenfalls erheblich zu. Alleine bei dem Übergang der Aller und der Besetzung der Lager von Altenhagen starben viele Franzosen an der unmenschlichen Kälte. 

Lange noch erzählte man sich in Celle eine Anekdote, die sich zum Abzug der alliierten Armee zugetragen haben soll. Obgleich der Rückzug schon feststand empfing Herzog Ferdinand einen Abgesandten der Franzosen. Dieser sollte wohl die Lage und den genauen Standort des alliierten Lagers ausspionieren. Ferdinand griff zu einer List und ließ sein Zelt herrichten so dass es aussehen musste, als wenn seine Armee eine längere Belagerung plane. Er ließ Teppiche ausrollen und vermittelte dem französischen Abgesandten einen rundum heimlichen Eindruck. 
Direkt nachdem dieser aber wieder fort war, packten die Alliierten ihre Sachen und kehrten Celle den Rücken. Die Franzosen mussten nun annehmen, dass sie ihren Feind bei Altenhagen überraschen konnten. Desweiteren waren sie sich sicher, dass sie sich alle Zeit der Welt lassen konnten. Möglicherweise verschaffte die List Ferdinands der alliierten Armee einen großen Vorsprung auf dem Weg zurück in Richtung Uelzen. 

Was an dieser Anekdote wahr ist, lässt sich heute schwer nachvollziehen. 

Im weiteren verlauf gelang Ferdinand der ersehnte Allerübergang bei Verden. Die Franzosen gerieten nun in die Bedrängnis und wichen der alliierten Armee weiter aus. Im Jahr 1759 kam es bei Minden zur entscheidenden Schlacht in der die Franzosen der alliierten Armee unterlagen (Schlacht bei Minden). 

Für Celle waren die unmittelbaren Auswirkungen des Siebenjährigen Krieges im Januar 1757 überstanden - es bestand keine akute Gefahr mehr, dass die Stadt zum Kriegsschauplatz werden musste. Jedoch litten die Celler weiter unter der Einquartierung der Besatzungstruppen. Und als die Franzosen wichen kamen bald schon die alliierten Besatzungstruppen. Wie in jedem Krieg verlor letztlich die zivile Bevölkerung, die am meisten unter den Auswirkungen zu leiden hatte. 

Fazit

Im Siebenjährigen Krieg wurde Celle zum Kriegsschauplatz. Während die französischen Truppen unter dem Marshall de Richelieu in Celle und in den westlich und östlich gelegenen Dörfern auf dem südlichen Allerufer lagerten, rückten im Dezember 1757 die Preußen unter dem Herzog Ferdinand von Braunschweig an.

Zur entscheidenden Schlacht kam es bei Celle nicht. Den Preußen war es nicht möglich einen Übergang über die Aller zu erlangen. Während sie durch falsche Gerüchte viel Zeit verloren, rücken ständig neue Truppen der Franzosen nach. Die schlechte Witterung und die drohenden Versorgungsengpässe in Verbindung mit der taktisch überlegenden Situation der Franzosen bewogen Ferdinand am 24.12.1757 dazu seine Truppen von Celle abzuziehen.

Zumal Ferdinand die Stärke der französischen Armee nur ahnen konnte, hat er sicherlich richtig gehandelt. Andererseits kann man auch schwerwiegende Fehler in der Planung des Vormarsches auf Celle feststellen. Der alliierten Armee ging sämtliches Überraschungsmoment verloren und auch die Geländevorteile blieben weitgehend ungenutzt. Schon die Entscheidung direkt auf Celle zu marschieren erscheint aus heutiger Sicht fragwürdig. Allerdings muss man Herzog Ferdinand zugute halten, dass solches Taktieren damals durchaus zur üblichen Praxis im Felde gehörte. Was die Celler Bürger im Dezember 1757 erlebten war nicht mehr als ein kurzzeitiges Kräftemessen. verglichen mit den Schlachtfeldern in Sachsen und Hessen war das Aufeinandertreffen bei Celle recht harmlos.

Aus heutiger Sicht kritisieren viele die Entscheidung Richelieus die nördlichen Vorstädte und vor allem die Gegend um die Fritzenwiese abzubrennen. Damals gehörte solch ein Vorgehen aber durchaus zur normalen Militärpraxis. Sogar Friedrich II. bestätigte die Rechtmäßigkeit dieser Vorgehensweise in einem Brief an Herzog Ferdinand. Natürlich ließen die Alliierten keine Gelegenheit ungenutzt Richelieu als den Brandstifter von Celle zu skizzieren.

Was wurde in diesem Beitrag nicht behandelt?

Ausgelassen habe ich bewusst die zivilen Aspekte des Siebenjährigen Krieges in Celle. Einerseits war es mir ein Anliegen die Sicht der alliierten Armee zu schildern und andererseits finden sich schon ausführliche Berichte über die zivile Lage im Tagebuch Johann Philipp Schowarts (erhältlich im Bohmann Museum). Dieser Beitrag sollte gewissermaßen die militärische Lücke schließen, die in der freien Literatur bisher zum Siebenjährigen Krieg bei Celle bestand.


Insgesamt umfasst der Siebenjährige Krieg, der auch teilweise als erster Weltkrieg verstanden wird, nicht nur Europa, sondern auch Nordamerika, Indien und weitere ferne Länder. Europa war dabei eigentlich mehr ein Nebenschauplatz. Jedoch sahen einige Mächte in Europa in diesem Konflikt eine Chance das Blatt zu ihren Gunsten zu wenden.

Festzuhalten bleibt wie knapp im Dezember 1757 das Weltgeschehen Celle berührte.


Hendrik.