f Der alte Schießstand bei Wietzenbruch ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Dienstag, 14. November 2017

Der alte Schießstand bei Wietzenbruch


Gut versteckt im Neustädter Holz zwischen Wietzenbruch und Hambühren befinden sich auffällige Betonreste im Wald - abseits eines Weges türmt sich hier ein hoher Berg auf. Im Volksmund heißt er "Weißer Berg". Geschichten ranken sich um diesen Ort und die historischen Zusammenhänge erschließen sich aus heutiger Sicht nicht mehr unmittelbar. Ein Grund mehr, sich diesen spannenden Ort etwas genauer anzuschauen. 

Auf den ersten Blick scheint es sich nur um eine Anhöhe mit einem vorgelagerten einen Tümpel im Wald zu handeln. Zunächst ist nur wenig Auffälliges zu bemerken. Hinter dem Wasserloch erhebt sich der ca. 20m hohe "Weiße Berg". In diesem Bereich befinden sich deutlich erkennbare Betonfundamente im Boden. Wozu haben sie einst gedient? 

Um den Ort ranken sich auch einige Legenden. So soll angeblich ein Tunnel den Weißen Berg mit dem Celler Schloss verbinden. Außerdem hält sich das Gerücht, dass es im Bereich des Weißen Bergs spuken soll. Der Erzählung nach soll sich hier einst eine Braut in ihrem wißen Kleid aus Liebeskummer erhängt haben. Inwiefern an diesen Geschichten etwas dran ist, lässt sich gegebenenfalls prüfen, wenn die historischen Zusammenhänge des Weißen Bergs nachfolgend näher dargelegt werden. 

Bild: Wasserloch bei Wietzenbruch, im Hintergrund der "Weiße Berg". Quelle: H. Altmann, 2017. 

Einige der Betonreste wurden mit Graffiti besprüht - fast überall liegt Müll herum. Es ist kein Geheimnis, dass oft Kinder hierher kommen. Die alten Betonreste am Weißen Berg haben sich zu einer Art Abenteuerspielplatz entwickelt. An einigen Stellen offenbaren sich Erdlöcher und Öffnungen in den Fundamenten. So sind beispielsweise oben auf dem Weißen Berg einige Bereiche der Betonreste freigelegt bzw. unterhält worden. Und es scheint fast so, als würden geheimnisvolle Gänge in die Tiefe führen. 

Bild: Betonfundament auf dem Weißen Berg. Quelle: H. Altmann, 2017. 

In einen massiven Betonblock wurden starke Metallbolzen verschraubt. Wozu haben sie einst gedient?  

Bild: Betonfundament auf dem Weißen Berg. Quelle: H. Altmann, 2017. 

Mithilfe historischer Luftbilder und topografischer Karten lässt sich jedoch Licht ins Dunkel bringen. Das Messtischblatt aus dem Jahr 1953 zeigt zwischen der, damals noch vorhandenen Bahntrasse (Celle / Hambühren) und dem nördlich hiervon verlaufenden Fuhsekanal, zwei kleinere Gebäude und die Bezeichnung "Schießstand". 

Bild: Schießstand bei Wietzenbruch. Quelle: Messtischblatt 1953; Google Earth. 

Erst eine spätere Karte zeigt schließlich auch die zum Schießstand zugehörigen Schießbahnen. Die Bahn für Langwaffen befand sich einst auf der rechten Seite, also weiter zur Stadt gelegen. Die kürzere Bahn war für Kurzwaffen, d.h. Pistolen vorgesehen. Auch in dieser späteren Karte aus dem Jahr 1967 sind noch beide Gebäude eingezeichnet. 

Bild: Schießstand bei Wietzenbruch. Quelle: Messtischblatt 1967; Google Earth. 

Im hinteren Bereich der längeren Schießbahn befinden sich Eingänge zu scheinbar unterirdischen Stollen. Unterhalb einer massiven Betondecke geht es hier zunächst einige Stufen herab. Allerdings sind die tiefer gelegenen Bereiche offenbar früher zugeschüttet worden. Stehen kann man in diesen Räumen daher kaum. 

Trotzdem legen Markierungen an den Wänden nahe, dass die Räume früher einmal begehbar waren. 

Bild: Stolleneingang hinter der Gewehr-Schießbahn. Quelle: H. Altmann, 2017.  

Offensichtlich wurde vor nicht allzu langer Zeit versucht diesen Tunnel wieder vom Sand zu befreien. Ein wenige Zentimeter breiter und hoher Schacht endet einige Meter weiter in der Dunkelheit. Wozu kann diese Anlage gedient haben? 

Bild: Unterirdischer Schacht an der alten Gewehr-Schießbahn. Quelle: H. Altmann, 2017.  

Ein Vergleich mit anderen militärischen Schießständen, wie insbesondere mit jenem in Dedelstorf, legen nahe, dass es sich bei dem Tunnel um einen Gang für das Personal des Schießstandes handelte. Dieser diente, um im hinteren Bereich der Schießanlage gefahrlos aus die jeweils andere Seite zu gelangen. Andernfalls hätten die Schießwarte hierfür große Umwege in Kauf nehmen müssen. 

An manchen Schießanlagen waren manuelle Scheibenbedienungen nötig. Im Boden befindliche Kabel legen zunächst den Schluss nahe, dass hier bereits eine elektrische Scheibenbedienung vorhanden war. Möglich wäre es - allerdings stammen die auffälligen Kabel aus späteren Jahren. Sie sind mit Kunststoff ummantelt, den es seinerzeit noch nicht gab. 

Der Schießplatz mit den massiven Betonbahnen scheint früher zum Flugplatz Wietzenbruch zugehörig gewesen zu sein. Hierfür spricht auch die Lage und Ausrichtung der Schießbahn. Allerdings spricht die massive Bauweise dafür, dass der Schießstand erst zwischen 1935 und 1939 errichtet wurde. 

Bis in die 80er Jahre müssten die Gebäude für die Schießwarte im vorderen Bereich der Anlage noch vorhanden gewesen sein. Zumindest legen topografische Karten aus dem Jahr 1985 dies nahe. Die Schießbahnen waren zu diesem Zeitpunkt allerdings bereits abgerissen worden. 

Bild: Schießstand bei Wietzenbruch. Quelle: TK 1:25:000, 1985; Google Earth.  

Insgesamt spricht vieles dafür, dass die noch vorhandenen Baulichkeiten in Form der massiven Betonfundamente zum Kugelfang des alten Schießstandes gehörten. Auch wenn die mutmaßlichen Tunneleingänge in der Vergangenheit Stoff für wilde Spekulationen boten,  waren sie früher wohl weniger geheimnisvoll. Es handelte sich dabei lediglich um technische Zugänge zu den Scheibenbedienungen. Historische Luftbilder bestätigen diese Vermutung weitgehend. 

Unklar bleibt allerdings wann der Weiße Berg entstanden ist. Naheliegend ist aber die Vermutung, dass er aus dem Material des einstigen Schießstandes angeschoben wurde. Dies erklärt auch die Vertiefung, bzw. den Tümpel im vorderen Bereich. 

Gerüchte um Tunnelverbindungen zum Celler Schloss können damit wohl ausgeschlossen werden und in den Bereich der Fiktion einsortiert werden. Ob es dort spukt - wer weiß. Allerdings erklärt sich der Name "Weißer Berg" wohl eher durch den weißen Heidesand, als durch irgendwelche Gespenster... 

Nicht abschließend geklärt werden konnte bislang die einstige Zweckbestimmung einiger ,schräg zur alten Schießbahn verlaufenden Mauerreste. Beachtenswert ist, dass diese Mauern aus einzelnen Ziegeln gesetzt wurden. Standardmäßig war es aber eigentlich üblich derartig massive Mauern einfach aus Beton zu gießen. Auf historischen Luftbildern sind zwar Verbreiterungen in diesem Bereich der Schießbahn erkennbar - es konnte leider bisher aber nicht geklärt werden wozu diese Mauern dienten. 

Bild: Mauerrest am Schießstand bei Wietzenbruch. Quelle: H. Altmann, 2017

Im Ergebnis zeigt sich, dass es sich bei der Anlage im Wald bei Wietzenbruch eindeutig um einen Schießstand handelt. Dieser muss zwischen 1935 - 1939 errichtet worden und durch Einheiten des Flugplatzes Wietzenbruch genutzt worden sein. Gerüchte, dass e sich hierbei um eine alte Flakstellung gehandelt hat, sind somit falsch. 

H. Altmann


Abschließender Hinweis: 
Bitte auf keinen Fall versuchen in die schmalen Tunnelöffnungen zu kriechen. Nachrutschendes Erdreich macht solche Unterfangen lebensgefährlich! Ohnehin gibt es nichts spannendes im Bereich des alten Kugelfangs zu entdecken. 






4 Kommentare:

  1. Als Kind habe ich die Schussfänge noch unverschüttet gesehen.

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  2. Ich habe das ganze als Bundeswehrsoldat live miterlebt, und zwar hatte meine Einheit, eine Pioniereinheit aus Dörverden den Auftrag diese alte Schiessanlage dem Erdboden gleich zu machen und zu renaturieren. Ich selbst war eingesetzt als San Begleitung des Pionierbatallions. Das alles passierte bei einem Einsatz von sieben Wochen im Jahre 1979

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  3. Das dort ein Bunker unter dem Berg liegt soll wohl keiner wissen!Und Fledermäuse gibt es dort auch keine mehr!

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  4. Es wurde nun der Haupteingang freigelegt und mit einem Stahltor versehen, aber nur für Naturzwecke bzw. für Fledermäuse ^^

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