f April 2020 ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Mittwoch, 29. April 2020

Blickwinkel #11 - Scharnhorst, Dorfstraße


Schon in früheren Zeiten entstanden in Stadt und Landkreis herrliche Aufnahmen von Sehenswürdigkeiten, Straßenszenen und alltäglichen Begebenheiten. Manchmal sticht erst beim direkten Vergleich mit heutigen Aufnahmen ins Auge, was sich im Laufe der Zeit verändert hat. In der Serie Blickwinkel werden alte Fotografien im historischen und lokalen Kontext vorgestellt. 

Gelaufen im Jahr 1917, zeigt die Postkarte eine alltägliche Szene der Dorfstraße in Scharnhorst in der Gemeinde Eschede. Befestigt war die Straße seinerzeit noch nicht - wohl  aber gab es bereits eine Oberleitung für Strom. 

Bild: Dorfstraße Scharnhorst, 1917. Quelle: Postkarte, 1915; Archiv Altmann. 

Zu erkennen ist auch die Gaststätte "Zur Post" (rechts), deren Äußeres sich bis in heutige Zeit kaum verändert hat. Dass dieses alte Gasthaus überhaupt bestehen blieb, ist beherzten Bürger vor Ort zu verdanken gewesen. 

In kaum veränderter Szene präsentiert sich die Scharnhorster Dorfstraße somit heute noch - allerdings besser befestigt. 

Bild: Dorfstraße Scharnhorst, 2020. Quelle: H. Altmann. 

Im direkten Abgleich der Bilder wird deutlich, dass vor Ort tatsächlich das Meiste erhalten blieb. 

Bild: Dorfstraße Scharnhorst, Vergleich 1917 / 2020. Quelle: Repro; H. Altmann. 

Noch heute steht das Gasthaus "Zur Post" in Scharnhorst insbesondere für Veranstaltungen zur Verfügung. 

H. Altmann



Montag, 27. April 2020

Relikte des ehemaligen Flugplatzes Wesendorf


Vielerorts hat sich die Natur längst zurückgeholt, was der Mensch ihr einst genommen hatte. Betonfundamente, Gräben und andere kleinere Relikte stellen somit die letzten verbliebenen Hinterlassenschaften aus vergangenen Epochen dar - so auch im Bereich des ehemaligen Flugplatzes Wesendorf. 

Folgt man heute der Bundesstraße 4 aus Groß Oesingen in Richtung Gifhorn, durchquert man ungefähr auf halber Strecke ausgedehnte Kiefernwälder. Im Herbst stehen in vielen Einfahrten von Waldwegen abgestellte PKW - offenbar ist das Gebiet der "Brutlohsheide" ein ergiebiges Revier für Pilzsammler. Diese friedliche Beschaulichkeit herrschte hier allerdings nicht immer.  

Bis April 1945 starteten und landeten hier Kampfflugzeuge der deutschen Luftwaffe. Der Flugplatz Wesendorf verfügte über ausgedehnte Kasernen-, Hallen- und Infrastruktureinrichtungen. In den letzten Kriegsmonaten dienten die angrenzenden Heideflächen zur Abstellung der zahlreichen Flugzeuge, die der Platz längst nicht mehr aufnehmen konnte. 

Nach einer Nachnutzung durch die Bundeswehr und umfangreichen Rückbaumaßnahmen ist von dem einstigen Flugplatzgelände nicht mehr viel erhalten geblieben. Lediglich auf historischen Karten und Luftbildern finden sich noch Hinweise zur ursprünglichen Nutzung. Bei genauem Hinsehen lassen sich bis heute noch einige der wenigen verbliebenen Relikte in der Umgebung aufspüren. 

Bild: Gelände des ehemaligen Flugplatzes Wesendorf. Quelle: war office, 1945. 

Der Flugplatz Wesendorf entstand in den Jahren 1937/1938 und hing mit der Entwicklung des Flugplatzes Celle-Wietzenbruch zusammen. Dort wurde zur Mitte der Dreißigerjahre eine Blindflugschule betrieben. Wie sich herausstellte war der Platz bei Celle für die Ausbildung von Piloten im Blindflug nur bedingt geeignet - ein Ausweichplatz sollte errichtet werden. 

Zur Jahresmitte 1936 begannen die Arbeiten an dem rund 500 ha großen Gelände bei Wesendorf. Bereits im Jahr 1937 wurden wesentliche Bestandteile fertiggestellt - die Celler Blindflugschule konnte nach Wesendorf verlegt werden und ihren Ausbildungsbetrieb aufnehmen. Die erste trafen im Sommer 1939 auf dem Flugplatz Wesendorf ein, um kurzzeitig später am Polenfeldzug teilzunehmen. Es handelte sich dabei um den Stab sowie die II. Gruppe des Kampfgeschwaders 55 "Greif" (Zapf, Flugplätze der Luftwaffe, Bd. 7). Mit Fortschreiten des Krieges waren verschiedene Ausbildungs-, Jagd- und Kampfgeschwader in Wesendorf stationiert. 

Südwestlich des Flugplatzes existierte früher noch eine sogenannte S-Anlage - ein Scheinflughafen, der Nachts entsprechend beleuchtet wurde, um alliiere Aufklärungsflugzeuge zu täuschen. Die S-Anlage befand sich nördlich von Wilsche. Derartige Anlagen waren allerdings nicht ungewöhnlich und gehörten bei größeren Flugplätzen zur Standardausstattung - beispielsweise verfügte der Flugplatz Dedelstorf über eine entsprechende S-Anlage bei Bokel

Der Flugplatz Wesendorf verfügte über verschiedene Abstellbereiche für Flugzeuge, die sich außerhalb des eigentlichen Platzgeländes befanden. Eine große Abstellfläche für dutzende Flugzeuge befand sich westlich der heutigen Bundesstraße 4 - auf den Flächen der ehemaligen Brutlohs Heide. Die Heideflächen sind mittlerweile aufgeforstet worden - auf historischen Karten sind sie jedoch noch verzeichnet. 

Bild: ehemalige Brutlohs Heide im Bereich der heutigen B 4. Quelle: TK 1:100.000, 1978. 

Um für die abgestellten Flugzeuge einen gewissen Schutz zu gewährleisten, wurden im Abstellbereich westlich der B 4 massive Schutzwälle aufgefahren. Zwar waren die so geschaffenen Abstellboxen nach oben offen - die Wälle boten jedoch trotzdem Schutz gegen umherfliegende Splitter. 

Mit einer Länge von ca. 35m, einer Höhe von ca. 3,5m und einem Abstand zwischen den, sich jeweils parallel gegenüberliegenden Wällen, von rund 50 - 75 m konnten auch größere Flugzeugtypen zwischen diesen Schutzwällen geparkt werden. 

Bild: Splitterschutzwall in der Brutlohs Heide heute. Quelle: Altmann, 2020. 

Zum Aufschütten der Wälle wurde einfach der vor Ort vorhandene Sandboden aufgefahren. Größere Gruben direkt neben den noch vorhandenen Wällen belegen diese praktische Verfahrensweise. Nicht ganz so praktisch war, dass der Sandboden hell reflektierte - die Splitterschutzwälle sind auf den Bildern der alliierten Luftaufklärung, die u.a. in der ersten  Aprilhälfte 1945 aufgenommen worden sind, sehr deutlich zu erkennen. 

Zweifelsohne konnten diese deutlich abgesetzten, hellen Strukturen in der Brutlohs Heide den alliierten Luftbildauswertern nicht verborgen bleiben. Dennoch scheint es keinerlei Bombenabwürfe auf diesen Bereich gegeben zu haben. 

Bild: Splitterschutzwall in der Brutlohs Heide heute. Quelle: Altmann, 2020. 

Noch heute finden sich im Bereich der Brutlohs Heide zahlreiche diese parallel verlaufenden Splitterschutzwälle. Zusätzlich gab es noch eine größere Anzahl ungedeckter Abstellplätze im Bereich eines kleinen Kiefernwaldes, der gleichzeitig als Tarnung fungierte. 

Vom Abstellbereich mussten die Flugzeuge über befestigte Rollbahnen zur Startbahn östlich der heutigen B 4 geschleppt werden. Teilweise entsprechen die heutigen Wege noch diesen historischen Rollbahnen. 

Bild: Abstellbox in der Brutlohs Heide heute. Quelle: Altmann, 2020. 

Die offenen Abstellboxen konnten mit Tarnnetzen überspannt werden, um zumindest einen gewissen Schutz gegen die gegnerische Luftaufklärung zu bieten. Die Tarnnetze wurden an massiven Betonsockeln befestigt - einige hiervon lassen sich im Gelände noch auffinden. 


Bild: Betonsockel zur Befestigung eines Tarnnetzes. Quelle: Altmann, 2020. 

Der Boden der Abstellboxen wurde ebenfalls befestigt und mit Kohlenschlacke versehen. Im Boden befinden sich in gleichmäßigen Abständen massive eingelassene Fundamente. An diesen sind stabile Eisenringe angebracht. Möglicherweise dienten diese Verankerungen zur Befestigung der abgestellten Flugzeuge. 


Bild: Bodenfundament zur Befestigung. Quelle: Altmann, 2020. 

Im gesamten Bereich der Abstellfläche waren Flakstellungen positioniert. Es handelte sich hierbei lediglich um Geschützstellungen des Kalibers 2cm, die mit Geschützen des Typs 38, d.h. um leichte Flak. Diese konnte nur im Falle von Tieffliegerangriffen etwas ausrichten - für höher fliegende Ziele, wie etwa Bomberverbände, stellten diese Geschütze keine Gefahr dar. 

Bild: leichtes Flakgeschütz vom Typ 38. 

Noch heute sind einige dieser Flakstellungen im Gelände zu finden. Sie sind einerseits aufgrund ihrer Bauweise und des rechteckigen Grundrisses erkennbar. Darüber hinaus folgte die Anlage derartiger Flakstellungen einem vergleichbaren Muster. 

Bild: Flakstellung in einer Schrägaufnahme von oben. Quelle: Altmann, 2020. 

Klassischerweise waren drei Geschützstellungen versetzt zueinander angeordnet. Die Stellungen waren jeweils mit einem massiven Erdwall umgeben. Etwas abseits gelegen zu den Geschützstellungen befanden sich die Munitionslager, die ebenfalls mit einem entsprechenden Wall gesichert waren. 

Einige Stellungen verfügten über zusätzliche Deckungslöcher, die den Bedienungsmannschaften im Falle eines direkten Angriffs als Schutzmöglichkeit dienten. 

Bild: Flakstellung - Skizze. Quelle: Altmann, eigene Darstellung. 

Mindestens zwei Flakstellungen im westlichen Abstellbereich sind noch erhalten geblieben - allerdings haben forstwirtschaftliche Maßnahmen schon einigen Schaden an den Stellungen verursacht. Nur mit gutem Blick kann man die ehemaligen Flakstellungen noch erkennen. 


Bild: Flakstellung in einer Schrägaufnahme von oben. Quelle: Altmann, 2020. 

Im Norden des Flugplatzes Wesendorf, nördlich der heutigen Landstraße 284 existierten weitere Abstellplätze für Flugzeuge, die nicht auf dem Flugplatzgelände untergebracht werden konnten/sollten. Massive Splitterschutzwälle und dergleichen gab es in diesem Areal nicht. Stattdessen wurden die Flugzeuge in rechtwinklig einschlagene Abstellbereiche am Waldrand geschoben. 

Luftbilder aus dem April 1945 zeigen einige noch vorhandene Flugzeuge in diesen Positionen - einige davon wurden offenbar durch Tiefflieger getroffen oder kurz vor Eintreffen der alliierten Truppen durch das Bodenpersonal zerstört. 

Flakstellungen existierten in diesem Bereich nicht. Einzige Schutzmaßnahme waren hier lange, am Waldrand nördlich der Landstraße 284 angelegte, Zick-Zack-Gräben bzw. Splitterschutzgräben. In diese konnte sich im Falle von Tieffliegerangriffen rasch geflüchtet werden. 

Bild: Zick-Zack-Graben an den nördlichen Abstellfläche. Quelle: Altmann, 2020. 

Rund vier Kilometer nördlich von Wesendorf - etwa auf der Höhe von Teichgut - befand sich damals offenbar ein Bombenabwurfplatz der dem Flugplatz Wesendorf zugehörig war. Von diesem Übungsgelände ist heute kaum noch etwas zu erkennen, was vermutlich nicht zuletzt daran liegt, dass dort keine Abwürfe scharfer Bomben geübt worden sind. Vielmehr diente der Platz offenbar zum Abwurf von Zementbomben, die keine größeren sichtbaren Krater im Gelände hinterließen. 

Für das Vorhandensein eines Bombenabwurfplatzes in dem Bereich spricht unter anderem ein massiver, betonierter Unterstand, der einst sicherlich der Beobachtung gedient haben wird. 

Bild: Beobachtungsbunker, nördlich Wesendorf. Quelle: Altmann, 2020. 

Der Unterstand ist relativ klein - die Grundfläche liegt ca. bei 3 x 2m. Daher konnten damals vermutlich auch nicht mehr als zwei Personen gleichzeitig Platz in dem Bunker finden. Er ist verwinkelt angelegt und besteht nur aus einem kleinen Raum, der mit entsprechenden Gucköffnungen bzw. Sehschlitzen ausgestattet ist. 

Bild: Beobachtungsbunker, nördlich Wesendorf. Quelle: Altmann, 2020. 

Bild: Beobachtungsbunker, nördlich Wesendorf. Quelle: Altmann, 2020. 

Der Beobachtungsbunker verfügte wohl über Kabelverbindungen, die für eine einfache Drahtverbindung zur Kommunikation gedient haben können. Sicherlich war eine Kommunikationsanlage notwendig, um die entsprechenden Meldungen mit der Leitstelle zu koordinieren. 

Bild: Kabelanschluss im Beobachtungsbunker, nördlich Wesendorf. Quelle: Altmann, 2020. 

In nördliche Richtung weist der Bunker einen verkleinerten Sehschlitz auf. Es läge demnach nahe, dass sich der eigentliche Abwurfplatz nordöstlich des Bunkers befand. Genauere Angaben, bzw. Relikte sind in diesem Bereich allerdings nicht beobachtet worden. 

Bild: Sehschlitz im Beobachtungsbunker, nördlich Wesendorf. Quelle: Altmann, 2020. 

In den Monaten bzw. Wochen vor Kriegsende wurden auf dem Flugplatzgelände Wesendorf noch umfangreiche Ausbaumaßnahmen angestrengt. So sollte der Platz offenbar im Rahmen des sogenannten "Silberprogramms" (Zapf, Flugplätze der Luftwaffe, Bd. 7) noch zu einem Großflugplatz mit einer Startbahn 3.000 x 60m ausgebaut werden. Belege für dieses Unterfangen finden sich unter anderem in den Rechnungen der vor Ort tätigen Bauunternehmen, die bis nach Ende des Zweiten Weltkrieges unbeglichen blieben. 

Zuständig war in diesem Bereich die Einsatzgruppe Hansa der Oberbauleitung Osthannover-Süd, die der Organisation Todt (OT) unterstand. Örtliche Bauunternehmen, die im Auftrag dieser Bauorganisation des Dritten Reiches bis unmittelbar vor Kriegsende umfangreiche Baumaßnahmen ausführten, blieben vielfach auf ausstehenden Forderungen sitzen. nach Kriegsende wandten sich diese Unternehmen daher in vielen Fällen an die Abwicklungsstelle der OT und machten die offenen Zahlungen geltend. 

So machte die Julius Berger Tiefbau AG nach Kriegsende die Summe i.H.v. 20.342,64 Reichsmark gegenüber der OT-Abwicklungsstelle Hamburg-Altona. Die zugrundeliegende Rechnung hatte demnach dem Bauleiter des Platzes Wesendorf vorgelegen und war seinerzeit geprüft und anerkannt worden. Dies war allerdings nur ein Bruchteil des Gesamtbetrages der Forderung, denn insgesamt machte das Unternehmen die Summe von 287.000 Reichsmark für den Platzausbau in Wesendorf geltend. Die entsprechenden Rechnungskopien wurden beigefügt. Den Arbeitsmaßnahmen lag laut den beigefügten Unterlagen ein Angebot vom 22.09.1944 zugrunde - offenbar war der Platzausbau in Wesendorf bereits zu diesem Zeitpunkt vorgesehen. 

Laut Rechnungen entfielen die ausstehenden Beträge insbesondere auf die "Rollfeldeinebnung des Platzes Wesendorf" (236.326,40 RM). Die Arbeiten bestanden u.a. darin die vorhandene Rasenfläche per Hand in gleichmäßigen Stücken abzutragen und die Stücken in einer Stärke von jeweils 10 cm Dicke auf ein hierfür vorbereitetes Areal zur Wiederverwendung zu verfrachten. Im Bereich der Bauflächen für die "Schlechtwetterstart- und Landebahn" sollte eine Zementbettung in einer Schichtstärke von mindestens 20 cm eingebracht werden. Die Baufläche der Bahn einschließlich der Entwässerungsrinne ist mit 2.000 x 61,45 m angegeben. Die hätte für Starts und Landungen der damals modernen Düsenjäger ausgereicht.  

Am 04.04. sowie am 07.04.1945 griff die 8. US Air Force (USAAF) mit jeweils 97 bzw. 107 Flugzeugen des Typs B-24 (Liberator; "Befreier") bzw. B-17 (Flying Fortres; "Fliegende Festung") den Flugplatz Wesendorf an. Die Masse der abgeworfenen Sprengbomben traf den zentralen Bereich des Rollfeldes - ein Großteil ging jedoch auch im Areal östlich des Flugplatzgeländes in unbewohntem Gebiet nieder. Noch heute befinden sich hier zahlreiche Krater dieser Luftangriffe. 

Im Zuge des Luftangriffs am 04.04.1945 kam es zu einem Angriff einer deutschen Me-262 auf den anfliegenden Verband der B-24 Bomber der 446. Bomb Group. Dabei wurde die Me-262 durch amerikanische P-51 Mustangs bzw. Bordfeuer der Liberator Bomber getroffen und explodierte. Der Zeichner John McCoy, der die Szene als Augenzeuge verfolgte, hielt diese später in einer Zeichnung fest. 

Bild: Luftgefechte über Wesendorf am 04.04.1945. Quelle: John McCoy, Mission to Wesendorf, germany - 04 April 1945"; NARA Washington, unrestricted, https://catalog.archives.gov/id/6375489

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich insbesondere in der Umgebung des einstigen Flugplatzgeländes noch heute einige Relikte jener Zeit verbergen. Allerdings muss man schon ziemlich genau hinschauen - die Flächen sind weitläufig und viele Spuren sind mittlerweile verschwunden. 

Trotzdem ist der Flugplatz Wesendorf ein gutes Beispiel dafür, dass sich Ereignisse des Zweiten Weltkrieges nicht ausschließlich in weiter Ferne zutrugen - sondern vielfach auch unmittelbar vor unserer Haustür. 

H. Altmann

____________________

Quellen: 
Zapf, Flugplätze der Luftwaffe, Bd. 7
- Bundesarchiv
- Luftbilder RAF
- TK 1:100.000
- Messtischblatt 1:25.000
- NARA, Washington
- Zeitzeugenberichte
- Einsatzchronologie der 8. USAAF



Mittwoch, 8. April 2020

Karte zeigt Zerstörungen: 8. April 1945

Bild: Bombenschäden im Stadtgebiet Celle zwischen Klein-Hehlener-Straße und Mondhagen. Quelle: NLA HA Kartensammlung Nr. 32 c Celle 78 m (Public Domain). 

Der 8. April 1945 markiert einen Tiefpunkt in der Geschichte der Stadt Celle. Was später als sogenannte "Celler Hasenjagd" in die Historie einging, wirft bis heute ungeklärte Fragen auf. Eine kürzlich aufgefundene Karte zeigt das Ausmaß der Zerstörungen im Detail. 

Der 8. April 1945 war ein warmer, sonniger Frühlingstag an dem bestes Fliegerwetter herrschte. Obgleich sich das nahende Ende des zweiten Weltkrieges abzeichnete, ahnte niemand von dem, was der Stadt Celle an diesem Tag bevorstand. Zwar hatten Stadt und Landkreis in den zurückliegenden Monaten durchaus unmittelbare Auswirkungen des Luftkrieges erfahren. Es gab zahlreiche Bombenabwürfe - meist Notabwürfe - und auch einige Abstürze alliierter Bomber, u.a. bei Langlingen. Dennoch war die Stadt bis dato durch massive Luftangriffe verschont geblieben. 

Allerdings wurde die Stadt ständig von alliierten Bomberstaffeln auf deren Weg in mittel-ost-deutsche Gebiete überflogen. Die Gemeinden waren zum Luftschutz aufgerufen - es sollten Deckungsgräben an den Straßen errichtetet werden. Es ereigneten sich vermehrt Tieffliegerangriffe auf die lokalen Infrastruktureinrichtungen - u.a. auf die Bahnstrecke Celle-Gifhorn sowie die Bahnstrecke Celle-Hamburg

Bild: B-26 Marauder Bomber. Quelle: Wiki-Commons, Public License.

Am 22. Februar 1945 wurde Celle schließlich unmittelbares Ziel eines alliierten Bombenangriffs im Zuge der Operation "Clarion". Ziel dieser Offensive waren vornehmlich Einrichtungen der Rüstungsindustrie sowie Infrastrukturknotenpunkte. Allerdings erlitt der Innenstadtbereich im Zuge dieses Angriffs keine Beeinträchtigungen. Getroffen wurde lediglich ein Teil des Güterbahnhofs und die Umgebung eines Bahnübergangs in Altencelle. Getroffen wurde bei diesem Angriff ebenfalls ein Transportzug mit ungarischen Soldaten, die auf dem Weg nach Bergen-Belsen waren. 

Auch wenn das unmittelbare Stadtgebiet verschont blieb, war spätestens ab dem 22. Februar 1945 klar, dass Celle im alliierten Bombenkrieg keine Ausnahme darstellen würde. Interessant ist in diesem Zusammenhang insbesondere der imediate Interpretation Report No. K. 3911. In diesem Bericht wurden der Luftangriff vom 22. Februar 1945 auf Celle ausgewertet und analysiert. Unumgänglich flossen die Auswertungen in den Bericht des folgenschweren Angriffs vom 8. April 1945 ein. 

Zum Bericht für den 22. Februar 1945 steuerte das 540 Squadron der Royal Air Force entsprechende Luftaufnahmen bei. Der Angriff durch acht Flugzeuge der USAAF erfolgte um 13:29 Uhr. Laut Bericht der USAAF war der Güterbahnhof zu diesem Zeitpunkt nur mittelmäßig ausgelastet. Der ausführliche Interpretation Report No. F. 629 enthält detaillierte Beschreibungen der Lage und Beschaffenheit der Celler Bahnhofsanlagen. 

Bild: Celler Bahnhofsanlagen heute. Quelle: Altmann, 2019.

Unter anderem wurde beobachtet, dass die Passenger Station, d.h. der Personenbahnhof, über acht Gleisstränge, drei doppelte Bahnsteige sowie zwei einseitige Bahnsteige und mit einer durchschnittlichen Länge von 380m verfügte. Ähnlich detaillierte Informationen wurden zu den Bereichen des Hauptgüterbahnhofs (Main Goods Depot), das Zugdepot, Brücken, Lagerschuppen usw. festgehalten. 

Die Erkenntnisse basierten auf der Auswertung von Luftbildern, die am 9. März 1945 durch das 540. Squadron der Royal Air Force (RAF) aufgenommen wurden. An diesem Tag starteten der Pilot Griffiths und sein Navigator Mallison mit ihrer Maschine des Typs De Havilland DH.98 Mosquito (XVI NS. 814) gegen 10:40 Uhr auf dem britischen Luftstützpunkt Benson. Ziel ihres Aufklärungsfluges waren diverse Bahnanlagen im Raum Hamburg, Hannover und Osnabrück. Beiläufig konnten sie ebenfalls Aufnahmen von Celle (Stadtgebiet und Gleisanlagen) sowie der Ölindustrie bei Hannover (Misburg-Anderten) anfertigen. Die Records of Events (AIR 27 2007/60) belegen eindrucksvoll wie umfangreich die Aufklärungsmissionen des 540. Squadron zu jener Zeit waren. 

Um 12:45 Uhr machten Griffiths und Mallison die Luftaufnahmen über Celle, die laut Interpretation Report hinsichtlich der Abdeckung und Qualität mit "full, fair", d.h. vollständig und angemessen, bezeichnet wurden. 

Diese Bilder bildeten eine Grundlage für den Luftangriff am 8. April 1945. 

Bild: Titelseite am 7./8. April 1945. Quelle: CZ. 

Am 8. April 1945, einem heiteren Sonntag, zeichnete sich das nahende Kriegsende bereits ab. Britische und amerikanische Truppen rückten auf breiter Front vor. In der Zeitung erschienen Durchhalteparolen. In diesen Tagen war völlig unklar, ob Celle verteidigt werden sollte. Eine höchst unangenehme und ungewisse Situation für die Bevölkerung. 

Bereits an den vorangegangenen Tagen wurde der Celler Bahnhof von langen Güterzügen passiert, die KZ-Häftlinge aus frontnahen Konzentrationslagern nach Bergen-Belsen  bzw. Neuengamme bei Hamburg brachten. Zeitzeugen aus Bockelskamp erinnerten sich später, wie diese langen Züge gespenstisch die Bahnstrecke am Ort "vorbeischlichen". 

Vorsicht war mehr als geboten - immer wieder wurden Zugtransporte in diesen Tagen durch Tiefflieger beschossen. Bei einem dieser Zugtransporte kam es zu einem Halt im Waldgebiet vor Wienhausen. Hierbei wurden tote Häftlinge in einem Massengrab neben der Bahnstrecke verscharrt. Schwache - aber noch lebende - Häftlinge wurden von den Begleitmannschaften erschlagen bzw. erschossen. 

Gegen Nachmittag des 8. April 1945 wurden die Ölanlagen bei Nienhagen durch einen schweren Luftangriff getroffen. Die Celler Feuerwehr rückte aus, um die Löscharbeiten zu unterstützen. Ein Großteil der Bomben traf allerdings unbewohntes Gebiet und verfehlte somit das eigentliche Ziel. Allerdings waren auch über Celle Aufklärungsflugzeuge gesichtet worden und man befürchtete nun das Schlimmste. 

Aus Sorge vor Luftangriffen entschied der Celler Bahnhofsvorsteher am 8. April 1945 einen weiteren Transportzug von der Strecke bei Wienhausen zu holen. Dieser wurde anschließend gegen Spätnachmittag auf dem Celler Güterbahnhof abgestellt. Um 18:15 Uhr hätte der Zug weiter nach Bergen-Belsen rollen sollen - hierzu kam es jedoch nicht mehr. 

Um 17:45 Uhr heulten die Celler Luftschutzsirenen los. Schutzräume gab es in der Stadt nur wenige. Der Zeitzeuge Gisbert Selke erinnerte sich später, wie er als vierjähriges Kind den Luftangriff im Schutzbunker in Klein Hehlen an der Petersburgstraße erlebte. 


Der Angriff traf im Masse den zentralen Bereich des Güterbahnhofs auf dem sowohl der Zug mit den KZ-Häftlingen aus Salzgitter-Drütte stand als auch ein Personenzug der Wehrmacht sowie ein Zug, der mit Munition beladen war. Die Wirkung war verheerend - einige Wagen erhielten Volltreffer, die Munition detonierte - die Szene kam einem Inferno gleich. 

Häftlinge, die sich aus dieser Hölle befreien konnten, suchten Schutz und versuchten dem Bereich zu entkommen. In der Folge ereignete sich das, was später als Massaker von Celle - als sogenannte "Hasenjagd" in die Geschichte einging. Einheiten der SS, SA, Polizei und Zivilisten machten Jagd auf die entflohenen Häftlinge, die teilweise ins Neustädter Holz geflohen waren. Es kam zu schweren Ausschreitungen. 

Eine genaue Zahl der Opfer ist bis heute nicht bekannt - was vermutlich auch den chaotischen Zuständen damals geschuldet ist. 190 KZ-Häftlinge wurden später in Sammelgräber auf den Celler Waldfriedhof umgebettet. 

Bild: Gedenktafel auf dem Celler Waldfriedhof. Quelle: Altmann, 2019. 

Laut Aufzeichnungen der Ordnungspolizei, die sich im Bundesarchiv in Berlin-Lichterfelde befinden, heißt es zu den Ereignissen des 8. April 1945 wie folgt: 

Celle: 

18:10 bis 19:15 Uhr: Angriff durch etwa 80 Flugzeuge unter Abwurf von 360 Minen- und Sprengbomben. 60 Wohngebäude total (zerstört), 40 schwer, mehrere 100 mittel und leicht (beschädigt). 3 Industriebetriebe total (zerstört), darunter Städt. Werke. Bahnanlagen angegriffen, Transportzug mit 3.500 KZ-Häftlingen getroffen. Hier etwa 6-800 Tote. In Stadtgebiet zahlreiche Verschüttete. Bisher geborgen 8 Gefallene, 35 Verwundete. 

Diese Darstellung liefert wohl nur ein selektives und stark verkürztes Bild der Ereignisse. Von den Massakern an den KZ-Häftlingen ist keine Rede. 

Bild: Gedenkstätte auf dem Celler Waldfriedhof. Quelle: Altmann, 2019. 

Viele Leichen konnten erst in den folgenden Tagen und Wochen geborgen werden. In Straßengräben und provisorischen Gräbern hatte man sie vor ihrer Umbettung verscharrt. 

Da die Toten keine Erkennungsmarken bei sich trugen und die Leichname bereits stark verwest waren, konnten die meisten nicht mehr namentlich identifiziert werden - sie liegen heute als unbekannte Tote auf dem Waldfriedhof. 

Bild: Gedenkstätte auf dem Celler Waldfriedhof. Quelle: Altmann, 2019. 

Viele Zusammenhänge des 8. April 1945 konnten bisher nicht abschließend geklärt werden. Mehrfach gab es öffentliche Kritik zur Auseinandersetzung mit den historischen Zusammenhängen des Massakers. Auch der Luftangriff als solcher wirft bis heute Fragen auf. 

So wurde in der Vergangenheit angenommen, dass das tatsächliche Ziel die Bahnanlagen im Bereich des Celler Hauptbahnhofs gewesen seien (u.a. M. Bertram, in: Der Luftangriff auf Celle und das Schicksal der KZ-Häftlinge aus Drütte, S. 12). Die Zerstörung wäre in diesem Bereich besonders effektiv gewesen, wenn es darum gegangen wäre Verkehrsverbindungen zu unterbrechen. So ist es ebenfalls im Einsatzbericht der 322. Bomb Group überliefert, die bei diesem Angriff die erste Angriffswelle flog. In der Box Nr. 1 flog der Bombenschütze, der für die Verlagerung des ersten Angriffspunktes verantwortlich war. 

Allerdings scheint es im Lichte der aktuellen Forschungen fraglich, ob das ursprüngliche Ziel  verfehlt - und stattdessen der Güterbahnhof angegriffen wurde. Es liegen mittlerweile die Interpretation Reports der Bombardierungen am 22. Februar 1945 sowie der anschließenden Luftbildauswertungen vom 9. März 1945 vor. Hieraus geht eindeutig hervor, dass das Interesse der Luftaufklärung und des Bomber Commands nicht speziell auf dem Hauptbahnhof lag - vielmehr zählte der gesamte Korridor zwischen dem Hauptbahnhof und der heutigen Tangente zum Einsatzziel. 

Von zwölf ausgemachten Zielpunkten im Bereich der Celler Bahnhofsanlagen war der Hauptbahnhof im Norden lediglich einer - und noch dazu der Äußerste. Die Masse der Ziele lag laut der Luftaufklärung im Bereich des Güterbahnhofs - wo schließlich auch der Angriff erfolgte. Das Ziel ist also völlig konsequent entsprechend der Aufklärung angegriffen worden. 

Auch der Einsatzbericht der 322. Bomb Group passt hierzu, denn er spricht davon das Primärziel getroffen zu haben. Tatsächlich musste die dritte Welle, die an diesem Tag durch die 391. Bomb Group geflogen wurde, wegen der starken Rauchentwicklung im Bereich des Güterbahnhofs abermals eicht abschwenken und stattdessen den Bahnknotenpunkt am Abzweig nach Wietze bzw. Gifhorn ins Visier nehmen. Auch dieses Ziel war bereits im Rahmen der Luftaufklärung des 9. März 1945 berücksichtigt worden. 


Vieles spricht also dafür, dass der Luftangriff am 8. April 1945 sein Ziel planmäßig traf. Der Korridor zwischen der heutigen Tangente bis hin zum Hauptbahnhof wurde getroffen. Auch die Gegend unmittelbar östlich des Hauptbahnhofs, in der sich damals u.a. das städtische Gaswerk befand, wurde schwer beschädigt. Der Bahnhof selber wurde ebenfalls schwer beschädigt. 

Bild: Celler Bahnhof nach dem Luftangriff. Quelle: Archiv Altmann. 

Eine nach Kriegsende erstellte Karte zeigt das Ausmaß der Zerstörungen und Beschädigungen sehr detailliert. Die Karte ist als Digitalisat im Niedersächsischen Landesarchiv verfügbar (Permalink: https://www.arcinsys.niedersachsen.de/arcinsys/digitalisatViewer.action?detailid=v4541935). 

Auf der Karte ist deutlich erkennbar, dass der Luftangriff den gesamten Bereich der Gleisanlagen traf. Besonders massiv wurde der Güterbahnhof getroffen (gelb) - hier wurden zahlreiche Gebäude vollkommen zerstört, während links und rechts der Heese vergleichsweise wenige Zerstörungen / Beschädigungen dokumentiert sind. 

Bild: Bombenschäden im Stadtgebiet Celle zwischen Klein-Hehlener-Straße und Mondhagen. Quelle: NLA HA Kartensammlung Nr. 32 c Celle 78 m (Public Domain). 

Anhaltspunkte wonach der USAAF hätte bekannt gewesen sein können, dass bei dem Luftangriff KZ-Häftlinge getroffen werden könnten, liegen keine vor. Da der Zug erst kurz vorher auf den Güterbahnhof rangiert wurde, bahnte sich die folgenschwere Katastrophe nicht langfristig an. 

Ähnliche Bombardierungen waren zu diesem fortgeschrittenen Stadium des Zweiten Weltkrieges  längst keine Besonderheit mehr. Das dunkelste Kapitel in der Celler Stadtgeschichte markiert nicht alleine der Luftangriff, sondern ebenfalls die Ausschreitungen und Massaker an KZ-Häftlingen, die sich in seiner Folge ereigneten. Aus heutiger Sicht kaum mehr begreiflich, offenbart dieses Ereignis, wie es um Teile der Gesellschaft jener Zeit bestellt war: noch im Angesicht des nahenden Kriegsendes wurde die menschenfeindlichen Ideologie des NS-Regimes gelebt. 

Unverständlich erscheint vor diesem historischen Hintergrund die Forderung einzelner "doch endlich diese alten Sachen ruhen zu lassen." Mit Blick auf eine gelebte Erinnerungskultur kann man diesen Themen nicht aus dem Wege gehen - gerade, weil es immer noch ungeklärte Zusammenhänge gibt, die eben jene Zeit betreffen. 

H. Altmann 





Donnerstag, 2. April 2020

Ehemaliges Jagdschloss Weyhausen


Den meisten ist das kleine Dorf Weyhausen am äußersten nördlichen Rand des Landkreises vermutlich nur von der Durchfahrt bekannt. Eigentlich handelt es sich vielmehr um eine lockere Ansammlung von Gebäuden. Noch vor 230 Jahren besaß Weyhausen ein stattliches Jagdschloss, von dem heute jedoch nicht mehr viel zu erkennen ist. Eine Spurensuche.

Bereits der ehemalige Oberhofmarschall des Königreichs Hannover, Ernst von Malortie, bemerkte, dass es ihm nur mit viel Mühe möglich gewesen sei, Nachrichten über das Jagdschloss in Weyhausen zu sammeln.[1] Der Grund: der frühere Jägerhof in Celle, in dessen herzoglicher Jagdregistratur sich die Akten zum Jagdschloss befanden, brannte vollständig aus. So sind die Quellen zum einstigen Jagdschloss relativ mager. Trotzdem – oder gerade deswegen soll das ehemalige Jagdschloss im Lichte aktueller Erkenntnisse der Heimatforschung untersucht werden. 

Das Datum der Entstehung des Jagdschlosses ist bisher nicht eindeutig geklärt. Anton Friedrich Büsching berichtet in seiner 1792 erschienen Erdbeschreibung, dass bei „Weihausen ein Forsthaus mit einem Jagdschloss, das Herzog Christian Ludwig erbaut hat“ vorzufinden sei.[2] Neuere Quellen berichten davon, dass das Jagdschloss im Jahre 1653 erbaut wurde.[3] Allerdings legen die Ämterakten des ehemaligen Amtes Beedenbostel nahe, dass das Jagdschloss bereits ab 1650 entstanden sei könnte.[4] In herzoglichen Kammerrechnungen finden sich entsprechende Hinweise. Auch wenn das genaue Alter der Schlossanlage nicht genau bekannt ist, dürfte ihre Entstehung zweifelsohne in die Zeit Herzog Christian Ludwigs (1622 – 1665) fallen.


Christian Ludwig, der nach dem Tod seines Vaters, Georgs zu Braunschweig, bereits 1648 -im Alter von 19 Jahren - die Regierungsgeschäfte übernehmen musste, war leidenschaftlicher Jäger. Er soll zeitweise an über 260 Tagen seiner Jagdleidenschaft nachgegangen sein.[5] Unter Herzog Christian Ludwig wurden die bereits bestehenden Jagdeinrichtungen weiter ausgebaut. Hierzu zählten unter anderem der Fasanengarten bei Tannhorst sowie das Jagdschloss in Wienhausen

Darüber hinaus ließ Christian Ludwig allerdings auch neue Jagdeinrichtungen errichten, wie insbesondere sein repräsentatives Anwesen in Weyhausen. Die Jagdveranstaltungen waren seinerzeit ein vornehmes Event für ausgewählte Gäste – wobei Christian Ludwig offenbar die Jagd mit einem kleineren Gefolge favorisierte.[6] Weyhausen war mit seiner urtümlichen und abgelegenen Wald- und Heidelandschaft ideal für die Anlage eines Jagdsitzes.


[1] Malortie, Beiträge zur Geschichte des Braunschweig-Lüneburgischen Hauses und Hofes, Bd. 5, S. 155.
[2] Büsching, Erdbeschreibung, Neunter Teil, S. 192.
[3] Steinau, Hofjagd im Fürstentum Lüneburg, in: Jagd in der Lüneburger Heide – Beiträge zur Jagdgeschichte, S. 89.
[4] Bühring / Maier / Engel / Ricklefs / Schrader, Die Kunstdenkmale des Landkreises Celle im Regierungsbezirk Lüneburg, S. 379.
[5] Cassel, Die Stadt Celle historisch-topografisch, in: Hannoversche Geschichtsblätter Bd. 11, S. 136-191.
[6] NHStAH, Hann. 78, Nr. 618. 

Auch die „modernen“ Formen der Jagd konnten in Weyhausen praktiziert werden. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam die sogenannte „Parforcejagd“ in Mode. Diese, ursprünglich aus Frankreich stammende, Jagdmethode zielte darauf ab ein einzelnes Wildtier – meist einen kapitalen Hirschen – mit einer Hundemeute und Reiterschar „par force“, d.h. „mit Gewalt“ zu jagen.[1] Das völlig erschöpfte Tier stellte sich nach mehrstündiger Jagd irgendwann aus Erschöpfung. 

Unter Georg Wilhelm, dem älteren Bruder Christian Ludwigs steigerten sich die Jagdaktivitäten nochmals. Es wird unter anderem berichtet, dass Georg Wilhelm mitsamt Meute und Troß einen Hirschen von Weyhausen bis in die Gegend von Salzwedel gejagt habe.[2]


[1] Delfs, Jagdarten, in: Jagd in der Lüneburger Heide – Beiträge zur Jagdgeschichte, S. 90.
[2] Uhde, Zur Geschichte des Jagdhundewesens, in: Jagd in der Lüneburger Heide – Beiträge zur Jagdgeschichte, S. 210. 

Bild: Lage des ehemaligen Jagdschlosses Weyhausen. Quelle: Kurhannoversche Landesaufnahme, 1780. 

Bereits im Jahr 1664 verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Herzogs Christian Ludwig – er verstarb am 15. März 1665 auf seinem Landsitz bei der westlich von Celle gelegenen Schäferei.[1] 

Da die Ehe Christian Ludwigs kinderlos geblieben war, kam es nach seinem Tod zunächst zu Meinungsverschiedenheiten zwischen seinem jüngeren Bruder Johann Friedrich und seinem älteren Bruder Georg Wilhelm. Dieser setzte sich schließlich durch und führte das Fürstentum Lüneburg als letzter Herzog fort.


[1] Steinau, Hofjagd im Fürstentum Lüneburg, in: Jagd in der Lüneburger Heide – Beiträge zur Jagdgeschichte, S. 95.

Bild: Letzte Relikte des einstigen Jagdschlosseses Weyhausen. Quelle: H. Altmann, 2018. 

Das Anwesen in Weyhausen war längst nicht fertiggestellt, als Christian Ludwig verstarb. Auch sein Bruder liebte die Jagd sehr und daher setzte Georg Wilhelm den Ausbau fort, wie insbesondere durch die entsprechenden Kammerrechnungen belegbar ist. Unter anderem wurde dem „Mechanico Hanß Georg Hertel für 13 Sonnenuhren auff fürstlichem Schloß zu Weyhausen“ die entsprechende Entlohnung gezahlt.[1] 

Für den Ausbau und die Unterhaltung der jagdlichen Einrichtungen wurden große Summen aufgewandt. Es entstanden mehrere neue Gebäude auf dem Areal des Jagdschlosses – und auch außerhalb wurden Erweiterungsbauten durchgeführt, wie beispielsweise ein ausgedehntes Hasengehege im Jahr 1678. 

Georg Wilhelm verbrachte einen Großteil des Jahres mit verschiedenen Jagden – je nach Saison wurden Schnepfen, Rebhühner, Reiher, Hasen, Rot- und Schwarzwild – und natürlich mit besonderem Eifer - auch stattliche Hirsche bejagt. Für Georg Wilhelm war die Jagd zum einen ein Mittel für Repräsentationszwecke – allerdings teilte seine französische Gemahlin Eleonore d’Olbreuse seine Leidenschaft für die Jagd offenbar, sodass Georg Wilhelm scheinbar keine Schwierigkeiten dabei hatte Privates und Berufliches miteinander zu verbinden.


[1] Bühring / Maier / Engel / Ricklefs / Schrader, Die Kunstdenkmale des Landkreises Celle im Regierungsbezirk Lüneburg, S. 379.

Bild: Lage des ehemaligen Jagdschlosses Weyhausen. Quelle: Papen Atlas, 1830, Google Earth. 

Neben Weyhausen bestanden noch weitere Jagdschlösser in Wienhausen und in der Göhrde – rings um die Herzogstadt Celle existierten ausgedehnte Jagdreviere. Am Abend des 28. August 1705 verstarb Herzog Georg Wilhelm in seinem Jagdschloss in Wienhausen. Nach seinem Tod fiel das Herzogtum an seinen Neffen, Kurfürst Georg Ludwig, der in diesem Zuge die Fürstentümer Calenberg und Lüneburg miteinander vereinigte. 

Unter Georg Ludwig lebten die traditionelle Jagd und ihre Einrichtungen im Wesentlichen weiter fort. Der Kurfürst verweilte auf seinem Jagdschloss zu Weyhausen im Mai 1707, Mai 1709 und Juni 1714.[1] In diesem Jahr bestieg Georg Ludwig als Georg I. den englischen Thron. Da er von London aus regierte, waren seine Jagdausflüge mit einer weiten Anreise verbunden und fanden meist im modernisierten und teilweise neu errichteten Jagdschloss in der Göhrde statt. Nachdem Georg I. bei einer solchen Reise im Jahr 1727 verstarb, wurde sein Sohn Georg August als Georg II. zu seinem Nachfolger.



[1] Steinau, Hofjagd im Fürstentum Lüneburg, in: Jagd in der Lüneburger Heide – Beiträge zur Jagdgeschichte, S. 114.

Bild: Lage des ehemaligen Jagdschlosses Weyhausen. Quelle: Preußisches Messtischblatt, 1899, Google Earth.

Unter Georg II. zeichnete sich ein Rückgang der Nutzung des Weyhäuser Jagdschlosses ab – lediglich auf Reisen zum Jagdschloss in der Göhrde nutzte er das Anwesen noch, wie beispielsweise im Jahr 1750. Im Winter des Jahres 1757 wurde Celle während des Siebenjährigen Krieges durch französische Truppen eingenommen und besetzt. Dieses Ereignis hatte ebenfalls erhebliche Auswirkungen auf die Jagd – insbesondere die Parforcejagden kamen zum Erliegen und wurden nach Ende des Krieges nicht wieder aufgenommen. 

Nach dem Tod Georg II. trat sein Enkel im Jahr 1760 als Georg III. die Nachfolge an - allerdings kam es nicht zu einem einzigen Besuch im Kurfürstentum Hannover. Vermutlich um die immens hohen Kosten zu reduzieren, ordnete Georg III schließlich an, die Jagdeinrichtungen aufzulösen. Zwischen 1775 und 1790 wurden die Jagdschlösser in Wienhausen und in Weyhausen abgerissen.[1]



[1] Malortie, Beiträge zur Geschichte des Braunschweig-Lüneburgischen Hauses und Hofes, Bd. 5, S. 155.

Bild: Relikte des ehemaligen Jagdschlosseses Weyhausen. Quelle: H. Altmann, 2018. 

Baumaterialien des abgebrochenen Schlosses sowie den Nebengebäuden sollen beim bau des Forsthauses in Helmerkamp und in der Papierfabrik in Lüneburg verwendet worden sein.[1] Das Mobiliar und das Inventar wurden meistbietend verkauft. Tatsächlich gelangte eine gemusterte und mit figürlichen Darstellungen verzierte Wachstuchtapete später nach Helmerkamp und von dort aus angeblich ins Welfenmuseum nach Hannover.[2]

Die Wetterfahne des ehemaligen Jagdschlosses soll weiterhin noch in Weyhausen verblieben sein – sie trug die Jahreszahl 1654 und die Initialen Christian Ludwigs, sodass dieses Jahr fortan als Erbauungsjahr des Schlosses angenommen wurde.[3] Die später in Beedenbostel am Amtshof neu errichtete Zehntscheune stammt ebenfalls aus dem Bestand des einstigen Jagdschlosses – sie trägt am Giebel die Initialen GW (Georg Wilhelm) und die Jahreszahl 1671.[4] Es könnte sich hierbei um den ehemaligen Marstall des Schlosses handeln. 

Die Glocke des Jagdschlosses wurde im Jahr 1771 dem Celler Waisenhaus gegeben – sie gelangte später in den Bestand des Bomann-Museums.[5] Sie enthielt die Inschrift „Christian Ludwig, Herzog zu Braunschweig und Lüneburg von Gottes Gnaden“ sowie „Ludolph Siegerieth goß mich Anno 1656“.


[1] Malortie, Beiträge zur Geschichte des Braunschweig-Lüneburgischen Hauses und Hofes, Bd. 5, S. 156.
[2] Bühring / Maier / Engel / Ricklefs / Schrader, Die Kunstdenkmale des Landkreises Celle im Regierungsbezirk Lüneburg, S. 382.
[3] Malortie, Beiträge zur Geschichte des Braunschweig-Lüneburgischen Hauses und Hofes, Bd. 5, S. 156 f.
[4] Bühring / Maier / Engel / Ricklefs / Schrader, Die Kunstdenkmale des Landkreises Celle im Regierungsbezirk Lüneburg, S. 382.
[5] Ottens, Vom Weidwerk in herzoglicher Zeit, in: Der Speicher, Celle 1930, S. 491 f. 

Bild: Abbildung der ehemaligen Wetterfahne. Quelle: Ottens, in: Der Speicher, 1930. 

Es ist leider nicht genau bekannt, wie und in welchen Entwicklungsstufen das Weyhäuser Jagdschloss genau entstand bzw. ausgebaut wurde. Auch der Umfang der Anlagen ist nur durch wenige Quellen überliefert. Heute zeigt sich das Gelände stark verändert. Dort, wo einst freie Heideflächen lagen, wachsen heute Wälder. Ehemals freie Felder sind ebenfalls mit Bäumen bestanden. Die Schlossgebäude sind längst abgetragen und geschliffen. Ihr ehemaliger Standort ist bereits seit vielen Jahren neu bebaut worden. 

In den Schilderungen des Oberhofmarschalls Ernst von Malortie über das „vormalige kurfürstliche, nachher königliche Jagdschloss in Weyhausen unweit Eschede“ finden sich wichtige Hinweise zum Anwesen in Weyhausen. Von Malortie gab zu den im Jahre 1737 vorhandenen Gebäuden die nachfolgende Aufstellung. Nach dieser bestand das Jagdschloss aus:[1]

  • dem Herrenhaus 
  • dem großen Kavalierhaus 
  • dem kleinen Kavalierhaus 
  • dem Traiteurhaus (Traiteur: https://de.wikipedia.org/wiki/Traiteur
  • der Küche mit der Pastetenbäckerei 
  • der Konditorei und der Silberwäscherei 
  • dem Wachhaus 
  • dem Marstall 
  • dem Parforce-Stall 
  • der Schmiede 
  • dem Hühnerhaus- und hof 
  • dem Holzhof 
  • dem Backhaus 
  • der Jägerei – bestehend aus dem Jägerhaus, einem Anbau für den Förster, dem Hundestall, der Hundeküche und dem Hundezwinger.


[1] Malortie, Beiträge zur Geschichte des Braunschweig-Lüneburgischen Hauses und Hofes, Bd. 5, S. 156 f.

Bild: Lageplan des ehemaligen Jagdschlosseses Weyhausen. Quelle: Ottens, in: Der Speicher, 1930.  

Karten, die das Jagdschloss in seiner ursprünglichen Lage darstellen, liegen leider keine mehr vor. Zwar wurden in späteren Jahren noch Lageskizzen angefertigt – diese beruhen auf den Überlieferungen aus dem bereits genannten Inventarverzeichnis und stimmen mit den tatsächlichen Verhältnissen daher vermutlich nicht vollkommen überein.

Das als Herrenhaus bzw. Schlossgebäude bezeichnete Gebäude war zweistöckig und an beiden Seiten mit jeweils drei Erkern versehen, die mit einer Abdeckung aus Blei versehen waren. Es handelte sich um ein gemauertes Anwesen, dessen Dach mit Ziegeln gedeckt war. Den Eingang bildete eine Quadersteintreppe, die auf beiden Seiten mit verzierten Handläufen versehen war. Das Herrenhaus verfügte über mehrere Kaminzimmer, einen Gang zum Kavalierhaus und Säle. Die Böden waren teilweise aus geschliffenen Steinen und teils aus massiven Holzdielen gestaltet. Die Decken enthielten aufwändige Stuckarbeiten. 

Die königliche Majestäts-Kammer war mit Dielen aus Tannenholz ausgestaltet und einer Stuckdecke, die in der Mitte die Initialen Christian Ludwigs sowie die Jahreszahl 1664 enthielt. Es schloss sich hieran ein Garderoben-Zimmer. Weitere Räumlichkeiten auf der unteren Ebene waren zum einen der Speisesaal sowie kleinere Vorzimmer. In der dritten Etage befanden sich einige Gästezimmer – wie insbesondere jenes der Duchesse de Kendal. Unterhalb des Herrenhauses befand sich ein Gewölbekeller, der ebenfalls vom Hof erreichbar war. 

Nahe bei dem Herrenhaus befand sich das große Kavalierhaus. Dieses bestand aus einem Ständerwerk aus Eichen und gemauerten Wänden. Das Ziegeldach schmückten vier Windfahren mit den Initialen CL (Christian Ludwig). Das kleine Kavalierhaus war ähnlich gestaltet – seine Abmessungen waren allerdings entsprechend kleiner. Es war durch einen überdachten Gang mit dem Herrenhaus verbunden. Unter dem kleinen Kavalierhaus befand sich ein großer Keller. Ernst von Malortie beschreibt einen weiteren Kellerraum, der allerdings bisher keinem Gebäude zugeordnet werden konnte. 

Neben weiteren Gebäuden wie beispielsweise der Konditorei, der Silberwäscherei sowie Wachhäusern und Hundezwingern beschreibt Ernst von Malortie einen auffälligen Brunnen, der sich inmitten des ehemaligen Anwesens befand. Der Brunnen konnte in den 90er Jahren erstmalig untersucht werden, wobei Funde aus der Zeit des Jagdschlosses zutage kamen. Die weitere Beschreibung der Gebäude kann den Darstellungen von Ernst von Malortie entnommen werden. 

Aus heutiger Sicht hat sich vor Ort einiges verändert - vom einstigen Jagdschloss ist kaum noch etwas zu erkennen. 

Bild: Eichenallee auf der Rückseite des ehemaligen Jagdschlosseses Weyhausen. Quelle: H. Altmann, 2019.  

Die Natur hat sich in vielen Bereichen der einstigen Schlossanlage wieder vollständig bemächtigt. Dort, wo sich einst freie Flächen, beispielsweise im sogenannten "Gretloh" befanden, wachsen mittlerweile haushohe Buchen. Nur anhand historischer Karten - im Abgleich zu heutigen Satellitenaufnahmen - lassen sich die Veränderungen detailliert nachvollziehen. 

Bild: einstige Freifläche "Gretloh" heute. Quelle: H. Altmann, 2019.  

Erhalten geblieben ist aus der Zeit des einstigen Jagdschlosses vor allem ein historischer Eichenbestand. An der südlichen Grenze des ehemaligen Schlosses wachsen noch heute Bäume, die vermutlich von jenen Zeiten berichten könnten. 

Bild: Historische Zeugen im südlichen Bereich der einstigen Schlossanlage. Quelle: H. Altmann, 2019.  

Einige der Bäume sind jedoch mittlerweile vom Lauf der Dinge eingeholt worden - von ihnen  sind nur noch Stümpfe übrig geblieben. Anhand der Jahresringe lässt sich jedoch nachvollziehen, dass diese Bäume auf ein langes dasein zurückblicken. 



Bild: Historische Zeugen im südlichen Bereich der einstigen Schlossanlage. Quelle: H. Altmann, 2019.  

Sonstige Relikte sucht man im Bereich des einstigen Jagdschlosses Weyhausen vergeblich. Verrostete Überbleibsel in Form emaillierter Teller täuschen an Ort und Stelle darüber hinweg, dass diese Zeitzeugnisse vermutlich aus deutlich späteren Epochen stammen müssen, als jenen in denen auf dem Jagdschloss getafelt wurde. 

Bild: vermeintliche Überbleibsel der einstigen Schlossanlage. Quelle: H. Altmann, 2019. 

Dagegen könnte ein massive, geschmiedeter Türhespen, der noch an der Erdoberfläche aufgefunden werden konnte, durchaus aus der Zeit des einstigen Jagdschlosses stammen. 

Bild: Hespen, Oberflächenfund. Quelle: H. Altmann, 2019. 

Eine auffällige Ansammlung von Findlingen im südlichen Bereich der Anlage legt nahe, dass diese Steine nicht bloß zufällig dort ihren Platz fanden. Möglicherweise dienten sie einst zur Ausschmückung der Gartenanlage. 

Bild: Findlinge auf der Rückseite des ehemaligen Jagdschlosses. Quelle: H. Altmann, 2019. 

Das Jagdschloss befand sich unweit einer zur damaligen Zeit wichtigen Straßenverbindung. Bereits im Mittelalter verlief in der Nähe ein Heer- und Handelsweg von tragender Bedeutung, der die Städte Süd- und Mitteldeutschlands mit dem Norden verband. Über Braunschweig, Celle und Uelzen verlief diese wichtige Route. Noch heute können in einigen Bereichen Wegspuren hiervon aufgefunden werden. 

Das Jagdschloss bei Weyhausen lag nur wenig abseits dieser traditionellen Straßenverbindung. So ist es kein Wunder, dass die Entstehung des Ortes mit diesen historischen Zusammenhängen in Verbindung gesetzt wird. Demnach lag Weyhausen im Bereich einer Überquerungsmöglichkeit der Lutter am sogenannten Söltergrund. Diese Strecke sollen Frachtfahrer genutzt haben, um ihre Ladung unbeschadet über den Fluss zu bringen. 

Auch die Anlage des Jagdschlosses kann hiermit in Verbindung stehen - schließlich war eine gute infrastrukturelle Anbindung schon zur damaligen Zeit sicherlich relevant. Noch heute finden sich in dieser Gegend alte Wegverbindungen. 

Bild: Alte Wegverbindungen am Söltergrund. Quelle: H. Altmann, 2019. 

Festzuhalten bleibt, dass vom ehemaligen Jagdschloss bei Weyhausen - obwohl es quellenseitig belegt ist - kaum mehr sichtbare Spuren vorhanden sind. So liefern unter anderem die Ausführungen des einstigen Oberhofmarschalls Ernst von Malortie wichtige Hinweise zu den längst verschwundenen Baulichkeiten des Jagdschlosses. Ein Großteil der interessanten Unterlagen ging leider beim Brand des Celler Jägerhofes verloren, sodass viele Zusammenhänge bis heute noch nicht abschließend bekannt sind. 

Der Niedergang der Schlossanlage fällt in eine Zeit in der viele einstige Jagdeinrichtungen stillgelegt wurden. Vogelherde, die Fasanerie, das Wienhäuser Jagdschloss sind weitere Einrichtungen, die den Rückgang der königlichen Jagdaktivitäten im Celler Raum nicht überdauerten. 

So bleibt auch in Weyhausen nur ein Hauch vergangener Zeiten, alte Eichen und sporadische Relikte der einstigen Schlossanlage. 

H. Altmann