f 22. Februar 1945: als Operation Clarion Celle traf ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Montag, 29. Juli 2013

22. Februar 1945: als Operation Clarion Celle traf

Im Zusammenhang mit Luftangriffen wird in Bezug auf Celle stets der 8. April 1945 genannt. An jenem Tag ereignete sich die folgenschwere Bombardierung des Bahnhofs, auf dem unter anderem ein abgestellter Zug mit KZ-Häftlingen getroffen wurde. Weniger bekannt ist dagegen, dass Celle bereits rund eineinhalb Monate zuvor Ziel eines schweren Luftangriffs gewesen ist. 

Anfang des Jahres 1945 hatten die Alliierten Verbände längst die Überlegenheit im deutschen Luftraum gewonnen. Lageberichte der zuständigen Dienststellen berichteten täglich von einzelnen Tieffliegerangriffen oder sogar von großflächigen Bombardierungen. Kaum ein Lebensbereich war von den Luftangriffen ausgenommen. 

Eine großangelegte Operation zur Zerstörung bestimmter Infrastrukturanlagen wurde ab Herbst 1944 geplant. Der Name der Operation: Clarion  (Deutsch: "Fanfarenstoß"). Es handelte sich um die größte Luftangriffskampagne der anglo-amerikanischen Luftverbände des Royal Air Force (RAF) und der United States Army Air Force (USAAF). Im Vordergrund standen vor allem Verkehrsanlagen: Häfen, Bahnanlagen und Autobahnen. Dies sollten innerhalb von 48 großflächig angegriffen und zerstört werden. Hierbei geriet auch die Stadt Celle in den Fokus. 

Im Februar 1945 wurde die Mission Clarion schließlich ausgeführt. Am 22. und 23. des Monats griffen rund 3500 Bomber und ca. 1500 Kampfflugzeuge in 9000 Einsätzen die vorher ausgearbeiteten Ziele an. Sinn der Operation war es, neben der Zerstörung wichtiger Verkehrsknotenpunkte, die Bevölkerung zu demoralisieren und zur Aufgabe zu bewegen. Die RAF hatte bereits zu Beginn der 40er Jahre ihre Bomber-Strategie geändert und griff vermehrt zivile Einrichtungen und Wohnsiedlungen an. Die Operation Clarion sollte in diesem Zusammenhang die Überlegenheit der Alliierten Bomberverbände unter Beweis stellen und der deutschen Zivilbevölkerung zeigen, dass sie immer und überall mit Angriffen rechnen musste.

Über die genauen Abläufe und Ereignisse des 22. Februar 1945 in Celle ist relativ wenig bekannt. Aus dem Einsatztagebuch der 8. USAAF des 22. Februar 1945 geht folgendes hervor:

452 B-24s are dispatched to hit marshaling yards at Halberstadt (51), Sangerhausen (11), Nordhausen (30), Vienenburg (23), Peine (52), Hildesheim (55), Kreiensen (48), and Northeim (48); targets of opportunity are Nordhausen (11), Ottbergen (10), the rail and highway bridge at Lindern (1) and marshaling yards at Wallhausen (19), Oker (8), Eschwege (30), Gottingen (29) and Celle (8) and other (1); 4 B-24s are lost and 68 damaged; 2 airmen are WIA and 38 MIA. 246 P-47s and P-51s escort; they claim 19-0-16 aircraft on the ground; 4 P-51s are lost (pilots MIA).

Der Bahnhof Celle wurde demzufolge von 8 Maschinen des Typs B-24 angegriffen. Dabei handelte es sich bei Celle lediglich um ein Ausweichziel. 

Bild: Lage des Celler Güterbahnhofs. Quelle: G.S.G.S. Map Sheet 3326 Celle, Third Edition, War Office 1944. 

Der Angriff traf mit Masse den Celler Güterbahnhof. Insgesamt 94 sogenannter GP-Bomben wurden abgeworfen. Es handelte sich um 500 Pfund Bomben des Typs "General Purpose", d.h. Mehrzweckbomben. Diese Sprengbomben mit mittlerer wanddicke und mittlerer Splitterwirkung entfalteten vor allem gegen ungepanzerte Ziele eine hohe Wirkung. 

An jenem 22. Februar 1945 befand sich ein Zug der Reichsbahn mit ungarischen Wehrmachtsangehörigen der Panzertruppe auf dem Güterbahnhof in Celle. Durch den Luftangriff wurde dieser Zug schwer getroffen. Aus den entsprechenden Lageberichten des Chefs der Ordnungspolizei vom 10.03.1945 geht hierzu hervor, dass in Celle ein Angriff auf einen Transportzug ungarischer Wehrmachtsangehöriger erfolgt sei. 

Im Bereich des Güterbahnhofs und in der Umgebung waren Glas- und Dachschäden zu beklagen. Zu beklagen waren zwei Gefallene - es handelte sich wohl um deutsche Soldaten, ansonsten wäre sicherlich von "Getöteten" statt "Gefallenen" die Rede gewesen. Laut Lagebericht wurden darüber hinaus 105 ungarische Wehrmachtangehörige getötet und 71 weitere verletzt - die Hälfte davon schwer. Nach bisherigen Erkenntnissen wurden später 117 ungarische Soldaten auf dem Celler Waldfriedhof bestattet. Es ist daher zu vermuten, dass von den schwer verletzten Soldaten noch einige verstarben. 

Es ist bemerkenswert, dass der Luftangriff vom 22. Februar 1945 bis heute relativ unbekannt geblieben ist. Zwar hatte es bereits zuvor mehrere Bombenabwürfe und Tieffliegerangriffe im Raum Celle gegeben - eine derart konzentrierte Bombardierung hatte Celle allerdings bis dahin noch nicht erlebt. Insoweit überrascht es etwas, dass der 22. Februar 1945 in der zeitgenössischen Berichterstattung kaum Erwähnung findet. 

Im Ergebnis konnten die Bahnanlagen innerhalb kurzer Zeit wieder einsatzbereit gemacht werden. Erst durch den folgenschweren Luftangriff am 8. April 1945 wurden die Gleise so massiv beschädigt, dass sie bis zum Kriegsende außer Betrieb gesetzt waren. Auch andernorts blieben die militärischen Auswirkungen der Operation Clarion hinter den Erwartungen zurück. In vielen Fällen konnten die Infrastrukturanlagen in wenigen Tagen wieder instandgesetzt werden. 

Die Rekonstruktion der damaligen Zusammenhänge in Bezug auf den Luftangriff am 22. Februar 1945 auf Celle ist aktuell Gegenstand weiterer Nachforschungen. 

H. Altmann

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Stand: 02/2023



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