Am 19. Juli...
Die Ausschreitungen am Tag zuvor hatten einige Bürger dazu veranlasst, bereits am Morgen des 19. Juli die Polizei um ein möglichst hartes Durchgreifen zu bitten. Viele verlangten, dass Vorkehrungen getroffen werden sollten, um derartige Tumulte zu unterbinden.
Anscheinend nahm man aber diese Bedenken der Bürger seitens der Polizeidirektion nicht so recht ernst und beließ es dabei folgende Bekanntmachung zu veröffentlichen:
Im Tagesverlauf kam es immer wieder zu Unruhen woraufhin die Feuerwehr die Allerbrücke zum Schützenhaus absperrte. Die Menge sammelte sich daraufhin auf der Mühlenstraße. Viele bei denn sich am Vortag die Wut gestaut hatte, waren gekommen.
Bald hatte sich eine breite Demonstrantenfront auf der Mühlenstraße gebildet, sodass die Feuerwehr dorthin abrückte. Kurz darauf flogen die ersten Steine in di Reihen der Feuerwehrmänner. Vom Zaun des Dr. Scheller wurden Latten abgebrochen mit denn sich die Demonstranten zum Angriff wappneten. Bald daraufhin kam es zu einer Straßenschlacht in der viele Feuerwehrmänner die Stile ihrer Beile als Schlagstöcke einsetzten. Ein Feuerwehrmann soll sogar einen Revolver gezogen haben und einen Zuschauer durch zwei Schüsse verletzt haben.
Der Kommandeur der Feuerwehr, Ellecke veranlasste daraufhin das zusammenziehen der "Bürgerwehr" an den Sammelplätzen (siehe Bekanntmachung oben). Kurz darauf wurde er selber durch mehrere Schläge schwer verwundet.
Es fanden sich jedoch nicht genügend Bürger an den Sammelpunkten ein, um dem wütenden Mob Einhalt zu gebieten. Nachdem die Feuerwehr und die helfenden Bürger der Masse nichts entgegenzusetzen hatten, begann diese die Innenstadt zu verwüsten. Die Häuser von Feuerwehrleuten wurden besonders ins Visier der Menge genommen. So wurden vom Haus des eben erst verwundeten Kommandeurs Ellecke alle Fenster eingeschmissen und auch die Fensterrahmen demoliert. Er selbst konnte in einem Hinterzimmer versteckt gehalten werden.
"...das Gebrüll der wütenden Horde tönte durch die Luft."
Da es im Juli für gewöhnlich lange ausreichend hell ist, brannten eigentlich keine Straßenlaternen. Das war an diesem Tag anders: die Laternen waren aus Vorsicht angezündet worden. Allerdings diente dieser Umstand nun eher den Randalierern, als den friedlichen Bürgern und so konnten die Krawalle auch fortgesetzt werden, als es bereits dunkel wurde.
Die Demonstranten nahmen sich nun das Haus des Fabrikanten Capelle vor. Capelle war "Hof-Materialist" und betrieb mit einen Textilbetrieb "Capelle & Sohn" mit einigen Angestellten in Celle. Nun wurden am 19. Juli die Fenster seines Hauses zertrümmert. Teile seines Treppengeländers wurden in den nahe am Grundstück fließenden Magnusgraben geworfen. Der gesamte Weinbestand des Herrn Capelle wurde in Besitz genommen und sogleich "vernichtet".
Am Markt 18 wurde der dort befindliche Laden des Kaufmanns Lauenstein verwüstet. Die Ladenkasse wurde aufgebrochen und der Inhalt entwendet. Allerdings verlor der Täter wohl seine Brieftasche und konnte daher schnell gefasst werden.
Die Ausschreitungen dauerten bis spät in die Nacht an. Spät Nachts trafen 200 Mann preußischer Landwehr aus Hannover ein. Erst mit ihrer Hilfe konnte der Krawall beendet werden.
Bild: preußischer Soldat 1860.
Quelle: Ospreys.
In den folgenden Tagen wurden etliche Verhaftungen durchgeführt. Es begannen Verhöre und Befragungen. Der resultierende Schaden belief sich laut Schätzungen auf mehrere tausend Thaler.
Die Polizei und die Feuerwehr vermochten an den beiden Krawall-Tagen nicht Herr der Lage zu werden. Die Ursache liegt wohl zum Einen darin, dass niemand mit derartigen Ausschreitungen rechnete und zum anderen, dass die Warnungen nicht ernst genommen wurden.
Für den Lauf der Geschichte hatte das Ereignis des 18. und 19. Juli 1866 keine Auswirkungen: Celle verlor seine Vormachtstellung im ehemaligen Königreich Hannover und wurde preußisch.
Am 18. Juli erschien der erste Teil zu diesem Beitrag hier: Teil I
Viele Grüße,
Hendrik.
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