f Mai 2024 ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Dienstag, 7. Mai 2024

Lager Krümme - neuer Gedenkort bei Wesendorf angestrebt

 

Zuletzt wurde der Straßenabzweig "an der Krümme" im Bereich der Bundesstraße 4 bei Wesendorf/Wagenhoff vor allem wegen des neu errichteten Kreisverkehrs des Öfteren in der Presse genannt. Bis April 1945 befand sich in unmittelbarer Nähe das sogenannte Lager Krümme. Kürzlich wurden im Wesendorfer Gemeinderat Vorschläge für einen neuen Gedenkort diskutiert. 

Vor Ort erinnert fast nichts mehr an die Infrastruktur des ehemaligen Gemeinschaftslagers Krümme. Es handelte sich hierbei um ein bewachtes Barackenlager, in dem Häftlinge der Zuchthäuser Wolfenbüttel und Celle untergebracht waren. 

Die Zustände im Lager Krümme waren entsetzlich - dies ist quellenseitig belegt. Zu schwerster körperlicher Arbeit auf den Baustellen des nahegelegenen Fliegerhorstes verpflichtet, litten die Häftlinge unter unvorstellbaren Bedingungen. Sie waren der rauen Witterung, mangelhafter Ernährung sowie der willkürlichen Behandlung durch die Wachmannschaften ausgesetzt. 

Es handelte sich überwiegend um politische Zuchthausgefangene. Vergehen, wie unter anderem das Lesen feindlicher Propaganda oder das Hören feindlicher Radiosender, brachten den Gefangenen jahrelange Zuchthausstrafen ein. Zahlreiche von ihnen starben in den Jahren 1944/1945. Nicht selten finden sich in den Sterbeunterlagen Hinweise, dass junge Männer an "Herzschwäche" oder "allgemeiner Körperschwäche" verstorben seien. 

Bild: Auszug Liste Celler Zuchthausgefangener. Quelle: Arolsen Archives, Listenmaterial Gruppe PP, Signatur 8182800. 

In den letzten Kriegswochen verschlimmerten sich die Zustände im Lager Krümme zunehmend. Evakuierungstransporte aus anderen Haftstätten trugen maßgeblich dazu bei, dass die ohnehin mangelhafte Versorgung stetig desaströser wurde. Berichte des zuständigen Arztes im Wolfenbüttler Zuchthaus schildern Grauenvolles. 

Zur Rechenschaft gezogen wurden weder die Bewacher unmittelbar vor Ort, noch diejenigen Führungspersonen, die im Bewusstsein der schrecklichen Zustände stetig weitere Transporte in das überfüllte Lager überstellten. Auch die involvierten Baufirmen, die sich damals die Arbeitskraft der Häftlinge zunutze machten, blieben unbehelligt. 

Bild: Auszug einer Rechnung der Fa. Thiele Marahrens, in der das Unternehmen über geleistete Arbeitsstunden der eingesetzten Häftlinge gegenüber der Oberbauleitung abrechnete. Quelle: Bundesarchiv, R 50/I, 687, 51. 

Vom einstigen Lager Krümme und den alten Baustellen sind nur noch bei genauem Hinsehen vereinzelte Spuren zu erkennen. Das Lager und seine Geschichte gerieten in Vergessenheit. Im Zuge der aktuellen Recherchen zum Buch "Der Fliegerhorst Wesendorf - zwischen Zwangsarbeit und Wunderwaffen" konnten die historischen Zusammenhänge erstmals umfassend aufgearbeitet werden. 

Bild: Relikte der ehemaligen Baustelle im Bereich der alten Rollbahn. Quelle: H. Altmann, 2022. 

Wie zuerst die Aller-Zeitung berichtete, hat der Wesendorfer Gemeinderat kürzlich einstimmig beschlossen, dass ein Gedenkort für die Opfer des Lagers Krümme umgesetzt werden soll. Details zu der Angelegenheit sind der zugrundeliegenden Beschlussvorlage zum Vorschlag zur Einrichtung einer Gedenkstätte an das "Lager Krümme" zu entnehmen. 

Zunächst müsste ein geeignetes Grundstück, mit Bezug zu den historischen Ereignissen, gefunden werden. In diesem Zusammenhang wurde sich darauf verständigt, die Sache entsprechend der Beschlussvorlage weiter zu verfolgen. Abstimmungen mit der Gemeinde Wagenhoff und der Samtgemeinde Wesendorf sollen folgen. 

Aus der Beschlussvorlage geht hervor, dass das Vorhaben verwaltungsseitig unterstützt wird. 

Bild: Buchcover. Quelle: H. Altmann. 


H. Altmann