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Freitag, 5. August 2022

Celle: Luftschutzbunker im Schlossberg


Der Schlossberg in Celle hütet bis heute wohl noch so manches Geheimnis. Historische Akten aus dem Celler Stadtarchiv und aktuelle Recherchen haben nun eines davon gelüftet - in der Böschung des Schlossberges wurden im Zweiten Weltkrieg mehrere Luftschutzräume eingerichtet. 

Auf den ersten Blick ist nichts Ungewöhnliches zu bemerken. Erst bei genauem Hinsehen fällt auf, dass der Schlossberg im hinteren Bereich offenbar ansteigt. Dieser Eindruck täuscht allerdings - die Standfläche des Schlosses ist grade. Auf der westlichen Seite, d.h. im rückwärtigen Teil des Schlosses, besteht der Berg im oberen Drittel aus einer beidseitig angehäuften leicht ansteigenden Böschung. Diese umläuft die Rückseite des Schlosses ähnlich einem Deich. Mehrere Meter hoch ist der Schlosswall bzw. Damm. 

Bild: augenscheinlich "schiefer" Schlossberg. Quelle: H. Altmann, 2022. 

Eben dieser Damm hinter dem Schloss erregte im fortschreitenden Zweiten Weltkrieg die Aufmerksamkeit der Ordnungsbehörden. Es galt damals gut erreichbare Schutzräume für die Zivilbevölkerung sicherzustellen, die im Falle eines Luftangriffs rasch bezogen werden konnten. 

Bereits in seinem Schreiben an den Oberbürgermeister vom 13. April 1942 machte Hermann Oetzmann in seiner Funktion als Hauptmann der örtlichen Schutzpolizei darauf aufmerksam, dass im Celler Schloss geeignete Schutzräume geschaffen werden könnten. Die zentrale Lage spielte hierbei eine entscheidende Rolle. 

Bis ins Jahr 1942 rechnete man in Celle zwar noch nicht mit Luftangriffen bei Tagen. Die Nachrichten aus bombardierten Städten im Reichsgebiet nahmen jedoch stetig zu und erreichten auch Celle. Am 30. April 1942 hatte die Lübecker Kunstweberin Alen Müller-Hellwig eine detaillierte Schilderung der Bombennacht, die sich tags zuvor in Lübeck ereignete, nach Celle geschickt. Zwischen dem 24. Juli und dem 3. August 1943 bombardierten Einheiten der alliierten Luftstreitkräfte (RAF, USAAF) im Zuge der "Operation Gomorrhadie Stadt Hamburg - der Feuerschein war Nachts bis Celle sichtbar. 

In Anbetracht der zunehmenden Luftangriffe zeigte sich, dass die vorhandenen Luftschutzräume in Celle keineswegs ausreichend waren. Aus einer Aufstellung vom 17. September 1940 geht hervor, dass die Stadt seinerzeit über insgesamt neun Sammelschutzräume mit 558 Sitz- und 18 Liegeplätzen. Diese Schutzräume waren allerdings nicht gegen schwere Bombenangriffe gewappnet - außerdem lagen sie teilweise sehr weit voneinander entfernt. Einige Bereiche der Stadt verfügten über gar keine Luftschutzeinrichtungen - die Anwohner hätten im Falle von Luftalarm weite Distanzen bis zum nächsten Schutzraum überbrücken müssen. 

Vor diesem Hintergrund bemühte sich die Stadtverwaltung zusätzliche bedarfsgerechte Luftschutzräume zu organisieren. Im Schlossdamm fand man schließlich einen geeigneten Raum. 

Bild: Grundriss des Luftschutzraumes unter dem Schlossdamm, 28.01.1944. Quelle: Stadtarchiv Celle, StadtA CE K 05 Nr. 4356

Im Celler Stadtarchiv ist eine Grundrissskizze erhalten geblieben, die den Luftschutzraum im Schlossdamm in der Seiten- sowie in der Draufsicht zeigt. Die Skizze trägt das Datum 28. Januar 1944, was darauf hindeuten könnte, dass sich der Schutzraum in den letzten Kriegsmonaten noch im Ausbau- bzw. Planungszustand befunden haben könnte. Die Skizze ist nicht unterzeichnet - der Name des planenden Architekten ist nicht vermerkt. 

Bild: Ausschnitt Grundriss des Luftschutzraumes unter dem Schlossdamm, 28.01.1944. Quelle: Stadtarchiv Celle, StadtA CE K 05 Nr. 4356

Der Luftschutzraum bestand gemäß dem Grundriss aus drei separaten Räumen. Der Zugang war auf der Seite des Hinterhofes des Schlosses vorgesehen. Über eine kurze Treppe erreichte man zunächst einen tiefer im Schlossdamm gelegenen Vorraum. Von diesem zweigte der Zugang zum ersten größeren Luftschutzraum ab. Diesem nachgelagert war ein weiterer, ähnlich großer Raum. Zusammengenommen verfügten die Räume über eine Gesamtfläche von ca. 125 Quadratmetern. 

Im westlichen Bereich, d.h. in Richtung des Schlossgrabens, verfügte die Anlage über einen Notausgang. Dieser war in Form eines länglichen Schlauches angelegt. Über technische Vorrichtungen, wie Gasschleusen oder Luftfilteranlagen verfügte der Luftschutzraum offenbar nicht. 

Bild: Ausschnitt Längsschnitt des Luftschutzraumes unter dem Schlossdamm, 28.01.1944. Quelle: Stadtarchiv Celle, StadtA CE K 05 Nr. 4356

Im Längsschnitt wird die Beschaffenheit der Luftschutzanlage deutlich - sie reichte von der einen Seite des Schlossdammes bis zu dessen anderer Seite. Um eine möglichst große Deckung zu schaffen, war die Anlage einige Meter in den Damm eingelassen - daher mussten beim Betreten einige Stufen abgestiegen werden. 

Ob die Luftschutzräume ausreichenden Schutz im Falle eines unmittelbaren Luftangriffs geboten hätten, erscheint fraglich. Ebenso konnte noch nicht abschließend geklärt werden, ob die Anlage zu Kriegszeiten fertiggestellt werden konnte oder ob sie sich noch im Ausbau befand. 

Bis heute ist die Luftschutzanlage im Schlossdamm erhalten geblieben - bei genauem Hinsehen ist sie von Außen erkennbar. 

Bild: Notausgang des Luftschutzraumes unter dem Schlossdamm. Quelle: Altmann, 2022

Auf der Seite des Schlossgrabens ist der ehemalige Notausgang des Luftschutzraumes zu erkennen. Der Ausgang selbst ist mit Efeu bewachsen - ein nachträglich installierter Auslass einer modernen Lüftungsanlage steht heute an dieser Stelle. Die Lüftungsanlage des Celler Schlosstheaters wurde in Teile des ehemaligen Schutzraums eingebaut. 

Bild: Notausgang des Luftschutzraumes unter dem Schlossdamm. Quelle: Altmann, 2022

Der Notausgang weist heute noch dieselbe betonierte Form auf wie es die Planskizze aus dem Jahr 1944 zeigt. Über diesen Ausstieg hätten die Insassen fliehen können, falls der Haupteingang - beispielsweise in Folge eines Bombentreffers - verschüttet worden wäre. 

Die inneren Räume des Luftschutzraumes sind in Form von Tonnengewölben ausgebaut. Diese sind aus Ziegelsteinen gemauert und hell verputzt. Über die Decken- und Wandstärken liegen keine Angaben vor. Aus der Planskizze kann jedenfalls geschlossen werden, dass die Wände eine Mindeststärke von ca. 50 - 75 cm gehabt haben dürften. Hinzu kam die natürliche Deckung durch den Schlosswall. 

Bild: das Innere des Luftschutzraumes unter dem Schlossdamm. Quelle: Altmann, 2022

Auf der Innenseite des Schlosswalls ist der Eingang zu der Luftschutzanlage nicht mehr sonderlich gut zu erkennen. Eine moderne Verblendung und Eingangstür täuschen darüber hinweg, dass sich dort eine Einrichtung aus dem Zweiten Weltkrieg befindet. 

Bild: Zugangsbereich zur ehemaligen Luftschutzanlage hinter dem Schloss. Quelle: Altmann, 2022

Der Luftschutzraum im Schlossdamm hätte im Extremfall vermutlich keinen ausreichenden Schutz gegen direkte Treffer geboten. Vielmehr wurde der Schutzraum sehr wahrscheinlich nur als solcher vorgehalten, um das städtische Sicherungskonzept abzurunden. In den Kellergewölben des Schlosses befanden sich weitere Schutzräume - unter anderem für die Jugendherberge und den, seinerzeit ebenfalls im Schloss untergebrachten Landeserbhofgerichtes. 

Eine tatsächliche Verwendung des Luftschutzraumes im Schlosswall ist bis heute nicht bekannt. Möglicherweise war die Anlage bei Kriegsende noch nicht abschließend fertiggestellt worden. 

H. Altmann


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Stand Beitrag: 08/2022



5 Kommentare:

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  2. Ich wusste es, meine Mutter hat mich schon erzählt, im 2. Weltkrieg, wenn Fliegeralarm über Celle war.

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  3. Wieder ein sehr guter Beitrag und sehr sehr interessant. Dankeschön

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    1. Ich bin auf der Stechbahn groß geworden und glaube nicht einmal, dass meine Eltern davon wussten! Danke, auch von mir, für diesen interessanten Beitrag!

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  4. Danke für den Beitrag, der wieder ein wenig Erinnerung an die Kindheit in Celle zurückbringt. Der beschriebene Notausgang wurde in den frühen 70er Jahren beim winterlichen Rodeln von uns als "Sprungschanze" genutzt. Der eigentliche Rodelhang war auf der Seite zum Teich hin, der wesentlich steilere Hang mit dem Notausgang bot sich aber trefflich für Mutproben an und trug bei uns den theatralischen Namen "Todesberg" ... Zumindest zwei Schlitten haben dort "den Tod gefunden", deren "Knochenbrüche" waren letzten Endes lethal ... Verschlossen war der Notausgang zumindest zeitweise nur mit einer stabilen Stahlrohr-Gittertür.

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