In diesen Tagen finden vielerorts Gedenkveranstaltungen zum Ende des Zweiten Weltkrieges statt. Mitte April vor genau 69 Jahren waren britische und amerikanische Truppen bis hinter Hannover vorgestoßen. Bereits am 11. April 1945 stand die 84. U.S. Infanterie Division bei Burgdorf und war in ihren Spitzen sogar bis Gifhorn vorgestoßen.
In Hannover kam es kurz vor Kriegsende zu einer kuriosen Geschichte: die Bürger der Stadt dürften ihren Augen nicht getraut haben, denn fast zeitgleich mit den U.S. Truppen eine schwere SS-Kampfgruppe, ausgerüstet mit neuen Halbkettenfahrzeugen und Panzern des Typs Jagdpanther nach Hannover gelangte. Es handelte sich um die Kampfgruppe Wiking unter dem SS-Hauptsturmführer Nikolussi-Leck.
Ihr eigentlicher Einsatzort war die Ostfront gewesen - kurz vor Kriegsende wurde jedoch ein "Abholkommando" geschickt, um neue Panzer aus dem Reich an die Front im Osten zu bringen. In einem U.S. Bericht heißt es dazu scherzhaft: "They didn't send material after men - they were sending men after material" - Sie schickten keine Waffen zu den Männern, sondern Männer zu den Waffen.
Bild: Frontverlauf am 11. April 1945
Quelle: War Office, 1945.
Allerdings verlief die Abholung der Panzer nicht reibungslos. Das Unternehmen scheiterte, weil die Alliierten zu schnell in Richtung Osten vorstießen. Aus dem Abholkommando wurde eine Kampfgruppe, die immer wieder in kleinere Auseinandersetzungen mit vorrückenden U.S. Truppen verwickelt wurde. Zunächst sah es so aus, als würden die "Wikinger" bei Hannover in die Verteidigung gehen. Das Ende der Kampfgruppe fand jedoch anderen Ortes statt. Später ging die Geschichte der Durchquerung Hannovers als "Husarenritt" der Kampfgruppe in die Geschichte ein. Dabei gingen auch in Hannover Panzer verloren.
JänzW hat sich mit der Geschichte der Kampfgruppe in Hannover beschäftigt. Anhand von Vergleichsbildern, die kurz nach Kriegsende aufgenommen wurden, identifizierte er die Stelle an der einer der getroffenen und zerstörten Jagdpanther gestanden hat.
Bild: Gegend nordöstlich des ehem. Hainholzer Bahnhofs.
Quelle: War Office Map, Hannover, 1955.
Unmittelbar nordöstlich des ehemaligen Hainholzer Bahnhofs, an der Einmündung der Fenskestraße in die Schulenburger Landstraße, wurde der Jagdpanther getroffen und blieb liegen. Das heutige Satellitenbild zeigt, dass die Bebauung, bis auf den Bahnhofsbereich im Grunde dieselbe ist, wie zu Kriegsende.
Bild: aktuelles Satellitenbild, Schulenburger Landstraße, Ecke Fenskestraße.
Quelle: Google Earth.
Auf einem Bild, welches unmittelbar nach Kriegsende entstanden sein muss, posiert ein U.S. Soldat vor dem zerstörten Panzer. Der mächtige Stahlkoloss ist auf seiner linken Seite schwer getroffen worden - die Kettenaufhängung ist völlig zerstört. Der Jagdpanther ist leicht geneigt - vermutlich da auch zahlreiche Laufräder der Kette durch den Treffer abgerissen wurden. Im Hintergrund erkennt man eine kleine Kirche. Ein markantes Gebäude ist offensichtlich ebenfalls durch Kriegseinwirkungen beschädigt worden - Fenster sind zerborsten und das Dach teilweise abgedeckt. Zur Linken erkennt man einen Schutthaufen, welcher ahnen lässt, dass die umliegenden Gebäude ebenfalls, sicherlich durch Bomben, beschädigt wurden.
Bild: getroffener Jagdpanther.
Quelle: Forum-Panzer-Archiv.
Ein anderes Bild, das aus höherer Distanz aufgenommen wurde, belegt die Situation umfassend. Ein größeres Wohnhaus auf der Ecke der Schulenburger Landstraße / Fenskestraße ist komplett zerstört. Neben der Ruine steht der Jagdpanther in der Einmündung der Fenskestraße. Auf der Schulenburger Landstraße fahren bereits U.S. Militär-Jeeps.
Bild: Schulenburger Landstraße / Einmündung Fenskestraße zu Kriegsende.
JänzW hat aktuelle Bilder aus möglichst gleichen Perspektiven geschossen. Auf den ersten Blick erkennt man heute keinerlei Spuren vor Ort mehr. Erst durch den Vergleich mit den historischen Aufnahmen wird deutlich, dass sich eigentlich kaum etwas verändert hat. Natürlich wurden die Gebäude in Stand gesetzt und wieder aufgebaut. Obwohl heute die Oberleitungen der Straßenbahn und die Ampeln hinzugekommen sind, erkennt man doch sehr gut, dass es sich hier um den Ort handelte an dem vor 69 Jahren ein Jagdpanther abgeschossen wurde.
Quelle: JänzW.
Quelle: JänzW.
Genau an dieser Stelle stand in den letzten Kriegstagen der getroffene Jagdpanther - mitten in Hannover.
Quelle: JänzW / Montage: Hendrik Altmann.
Die Bilder belegen: der Krieg fand vor der eigenen Haustür statt. Für viele waren gerade die letzten Kriegstage eine schwere Gewissensprobe. Vielleicht flammte bei denjenigen, die an so etwas wie einen "Endsieg" glauben, noch einmal Zuversicht auf, als die Kampfgruppe Wiking nach Hannover gelangte. Ohne Frage handelte es sich bei ihr um einen der letzten wenigen zusammenhängenden Verbände im norddeutschen Raum. In der Literatur wird die Kampfgruppe teilweise sogar als der letzte schwere Panzerverband bezeichnet.
Den Verlauf und das Ende des Krieges vermochte das alles nicht mehr zu beeinflussen. Heute, da sich in diesen Tagen das Kriegsende vielerorts zum 69 Mal jährt, erinnern sich viele bewusst der Ereignisse. Besonders, wenn man die Geschichte so greifbar machen kann wie mit den Bildern von JänzW ist zumindest ein Ziel erreicht:
Das Geschehene nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.
Viele Grüße,
Hendrik Altmann
Ein sehr interessanter Bericht, vor allem die Fotomontage ist wirklich beeindruckend. Klasse!!
AntwortenLöschenWow, an der Stelle bin ich jahrelang täglich mit dem Rad vorbeigefahren. Wenn ich mir jetzt die Fotomontage ansehe, läuft es mir kalt den Rücken runter, so "echt" wirkt das. Gute Arbeit!
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