Inhalt:
1. Was war die Mundburg?
2. Die Mundburg in der Literatur
3. Das Problem der Lokalisierung
der Mundburg
3.1. Die Lage der Warenholzer Burg
3.2. Die Lage der Mundburg
3.3.1. Die Lage der Mundburg bei
Müden
3.3.2. Okerverlauf und Standort bei
Wienhausen
3.3.3. Menschliche Eingriffe in den
Verlauf der alten Oker
3.3. Weitere Standortfaktoren der
Mundburg
4. Ringwall bei Wienhausen
4.1. Standort des Ringwalls bei
Wienhausen
4.2. Standortbetrachtung des
Wienhäuser Ringwalls
4.3. Fotografische Belege
4.4. Erläuterung der
Fotografischen Belege
5. Abschließendes Fazit
Zusätzlich wird abschließen auch noch auf die aktuellen Entwicklungen eingegangen
Einleitung
Die geschichtliche Betrachtung wird
um ein Vielfaches mühsamer und spannender, je weiter man auf der Zeitachse
zurückblickt. „Spannender“, da diese Zeit in der Regionalgeschichte teilweise
nicht abschließend erforscht ist und „mühsamer“, weil die wissenschaftlich
notwendigen Quellen (Karten, Urkunden u.ä. schriftliche Belege) kontinuierlich
abnehmen, je weiter man zurückblickt.
Diese Arbeit handelt von jener Zeit
um 900 bis 1300 n. Chr. im Flotwedel: die Kartografie war noch kaum entwickelt,
Schrift und Amtssprache war Latein/Althochdeutsch und die Zivilisation wie sie
uns heute bekannt ist, gab es noch nicht. In diese Zeit fällt jedoch ein
wichtiges Ereignis, welches bis heute nicht abschließend aufgeklärt werden
konnte: die Erbauung der Mundburg durch den Hildesheimer Bischof Bernward. Wo
mag diese Burg, die als Bollwerk gegen die slawischen Volksstämme aus dem Osten
dienen sollte, gelegen haben?[1]
In den letzten 150 Jahren haben
sich bereits einige Forscher direkt und indirekt mit der Forschung nach der
Burg beschäftigt. Allerdings konnte der empirische Nachweis bisher nicht
erbracht werden. Vielmehr finden sich unterschiedliche Ansichten über den
Standort der frühmittelalterlichen Wehranlage.
Diese Arbeit soll dahingehend den
bisherigen Stand der Forschung aufgreifen, wiedergeben und gezielt hinterfragen.
Darüber hinaus werden neue Forschungsergebnisse vorgelegt und die sich
ergebenen Schlussfolgerungen gezogen. Aus den daraus resultierenden Schlüssen
wird die bisher bestehende Lücke zwischen Archivrecherche und aktiver
Feldforschung geschlossen.
Wie bei allen Beiträgen so soll
auch in diesem die anschauliche Vermittlung der Geschichte im Vordergrund
stehen, ohne dabei die wissenschaftliche Arbeitsweise zu vernachlässigen.
[1] Meibeyer, Lag Bischof Bernwards Mundburg in Wienhausen?, S. 1
1. Was war die Mundburg?
Vor etwa 1000 Jahren, etwa um 983,
begehrten die slawischen Volksstämme jenseits der Elbe gegen die durch Heinrich
I auferlegte Oberherrschaft auf[0].
Sie verwüsteten die im Osten gelegenen Bistümer Brandenburg, Havelberg und
Zeitz und zogen plündernd in Richtung Westen.
Bild: Slawische Krieger um 1000 n. Chr.[1]
(Rekonstruktion)
Auch gut befestigte Städte, wie
z.B. Hamburg, waren gegen die Einfälle der Slawen nicht sicher[2].
Auf dem Höhepunkt der slawischen Invasionen, die immer öfter auch über die Elbe
hinweg nach Westen reichten, wurde Bernward Bischof zu Hildesheim (950/60 –
1022). Über das Jahr 993 schrieb sein Biograf, Thangmar von Hildesheim, dass
Bernward zwei Burgen an der Nordöstlichen Grenze seines Bistums errichten ließ.
Es handelte sich um die Burgen bei Warenholz und um die „Mundburg“, die
angeblich am Zusammenfluss von Oker und Aller gelegen gewesen sein soll. Dazu
später mehr.
Anders als die Burg bei Warenholz
(Ldkr. Gifhorn) konnten bisher keine eindeutigen archäologischen Nachweise für
die Existenz der Mundburg erbracht werden.
[0] Meibeyer, Lag Bischof Bernwards Mundburg in Wienhausen?, S. 1
[2] Vgl. Pahl,
Sachsen Und Slawen Im 9. Jahrhundert, S. 7
Es kann dennoch davon ausgegangen
werden, dass die Mundburg, wie die Warenholzer Burg, in direktem Zusammenhang
zur Abwehr von Slawen-Einfällen in das Bistum Hildesheim anzusehen ist. Somit
handelte es sich bei der Mundburg um eine Art Schutzburg („Mund“ bedeutet im
Althochdeutschen „Schutz“)[1].
[2] Rothero,
Medieval military dress 1066 – 1500, S. 99.
Wie vergleichbare Burganlagen auch
wird die Mundburg im Wesentlichen aus rundlichen Erdwällen und Holzpalisaden
bestanden haben. Da in der Gegend keine Steine abgebaut werden konnten lässt
sich weiter schlussfolgern, dass die Anlage vermutlich über keinerlei
Steingebäude verfügt haben dürfte.
1. Die Mundburg in der Literatur
Wie eingangs angedeutet existiert
eine Vielzahl unterschiedlicher Meinungen und Interpretationen zum Standort der
Mundburg. Durch Thangmar ist der ungefähre Standort der Burg übermittelt[1].
Thangmar schrieb die Mundburg sei dort errichtet: „Ubi flumina Alara et Ovekara confluunt, munitinunclam exstruxit“[2]
(Wo der Allerfluss und (die) Oker zusammenfließen entstand die Mundburg).
Der Zusammenhang zwischen der
Mundburg und den benannten Flüssen wird durch die Schenkungsurkunde Heinrichs
des II. nochmals bestätigt: „Bernwardus –
dicens sibi – ius castellum edificandi quod Mundburg vocatur in ripa Aelere
fluminis permissum fuisse“[3].
Mit besagter Urkunde wurde Bischof Bernward zum Besitz der Mundburg und der
dazugehörigen Grafschaft ermächtigt. Gleichzeitig sollte Bernward bestimmen:
„qui comitatum regat“ – wer Grafschaft verwalten sollte[4].
In der Literatur wird an dieser Stelle oftmals betont, dass es zu dieser Zeit
ein unübliches Privileg für kirchliche Würdenträger war, eine Burg errichten zu
lassen. In O. Meier „die frühmittelalterliche Münzstätte „Mundburg“ des Bistums
Hildesheim“ schließt der Autor, dass die Interessen des Kaisers und Bischof
Bernwards in Hinblick auf die Slawen-Einfälle gleichgerichtet gewesen sein
könnten, was eine Gründung der Burg durch Bernward plausibel machen würde[5].
Während Ortwin Meier in seinem
Aufsatz den Standort der Mundburg definitiv bei Müden (Aller) verortet[6],
stellt Wolfgang Meibeyer in seinem Werk „Lag Bischof Bernwards Mundburg in
Wienhausen“ Wienhausen als Lageplatz der Mundburg heraus[7].
O. Meier stützt seine These im Wesentlichen auf die Ergebnisse des Archäologen
Carl Schuchthardt, der sich zwischen den beiden Weltkriegen u.a. mit der
Erforschung der Niedersächsischen Burganlagen beschäftigte[8].
Im „Atlas vorgeschichtlicher Befestigungen in Niedersachsen“[9]
beschreibt Schuchthardt seine Ergebnisse. Diese werden wiederum durch Hans
Lütgens in „Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Hannover“ bestätigt[10].
Die Autoren W. Meibeyer und O.
Meier vertreten somit unterschiedliche Theorien zum Standort der Mundburg.
Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich die spätere Arbeit von W.
Meibeyer nicht direkt auf den Aufsatz von O. Meier bezieht, sondern auf die
Ausführungen von C. Schuchthardt.
Weitere Quellen beziehen sich nicht
direkt auf die Mundburg, sondern stellen eher Sekundärquellen dar, die bei der
Lokalisierung helfen können. Im Grunde versuchen beide Autoren (O. Meier/W.
Meibeyer) den Standort der Mundburg anhand der Beschreibung vom Hildesheimer
Bischofs-Biografen Thangmar herzuleiten. Damit wird die kontrovers diskutierte
Frage, an welcher Stelle Oker und Aller um die Zeit von 980 bis 1022 n. Chr.
zusammenflossen, zum entscheidenden Ausgangspunkt in der bisherigen
Betrachtung.
2.Das Problem der Lokalisierung der Mundburg
2.1. Die Lage der Warenholzer Burg
Wie eingangs erwähnt ist die Lage
der Burg bei Warenholz bereits archäologisch belegt. Die dortige Burg lag an
einer strategisch äußerst günstigen Lage, nämlich an einer Altstraße, die über
Wittingen nach Südwesten in Richtung Hildesheim verlief[11].
Die Straße bot möglichen Angriffen durch die Slawen sicherlich eine gute
Einfallsroute um direkt auf Hildesheim vorzurücken. Bernward ließ daher die
Burg bei Warenholz westlich eines Übergangs über die östlich gelegene Ise
errichten. Hier konnten die gefürchteten Slawen wirkungsvoll aufgehalten
werden.
[1] Thangmar
schrieb die Biografie von Bischof Bernward auf. Seine Lebensdaten sind nicht
überliefert. Bekannt ist, dass er Domdechant in Hildesheim unter dem Episkopat
(Amt) Bernwards war und zusammen mit ihm im November des Jahres 1000 nach Rom
reiste. Das Ziel der Reise war ein Urteilsspruch des Papstes im Gandersheimer
Grenzstreitfall. Thangmar starb vermutlich nach Bernward – also nach 1022.
[2] Mon. Germ.
Hist. SS IV, S. 761
[3] Origines
Guelficae IV, S. 444 – Falke: Codex traditionum Corbeiensium, S. 236.
[4] Meier, Die
frühmittelalterliche Münzstätte „Mundburg“ des Bistums Hildesheim, S. 1.
[5] Siehe
Fußnote 11.
[6] Meier, Die
frühmittelalterliche Münzstätte „Mundburg“ des Bistums Hildesheim, S. 3.
[7] Vgl.
Meibeyer, Lag Bischof Bernwards Mundburg in Wienhausen?
[8] Carl
Schuchthardt wurde 1888 Direktor des Kestner-Museums in seiner Heimatstadt
Hannover. 1908 ging Schuchhardt als Direktor der Vorgeschichtlichen Abteilung
des Völkerkunde-Museums nach Berlin.
[9]
Oppermann-Schuchthardt, Atlas vorgeschichtlicher Befestigungen in
Niedersachsen, Blatt 1. XV, Text S. 9.
[10] Lütgens,
Die Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Hannover, Reg.-Bez. Lüneburg 4, Kreis
Gifhorn, S. 240-242.
[11] Vgl.
Meibeyer, Lag Bischof Bernwards Mundburg in Wienhausen?, S. 1.
Bild: Lage der Burg bei Warenholz[1]
[1] Quelle:
Google Earth. Die Lage der Burg wurde übernommen aus „Burgen und Wallanlagen in
Niedersachsen“
Bild: Burganlage bei Warenholz.[1]
Die
Burg ist zwar heute nicht mehr sichtbar, konnte aber durch archäologische
Untersuchungen grob rekonstruiert werden.
Es handelt sich bei der Anlage um
zwei halbkreisförmige, nebeneinanderliegende Wälle von unterschiedlicher Größe,
deren Fortsetzungen durch die Bewirtschaftung des Östlich an den Wald sich
anschließenden Ackerlandes zerstört sind. Der größere nördliche Wall, hat eine
Länge von ca. 150 m, der kleinere, südlich gelegene ist etwas nach Westen
versetzt und hat eine Länge von rd. 59 m. Die Höhe der Wälle beträgt etwa 0,50
m. Ihnen vorgelagert ist ein 0,30 m tiefer und 0,50 m breiter Graben[1].
Die Lage der Wälle weist darauf
hin, dass die Burg zweifelsfrei zu einer Verteidigung in Richtung Osten gedient
haben muss. Nach den Ausführungen Thangmars handelt es sich bei der Warenholzer
Burganlage um eine weiter vorgeschobene Burg. Sie mag in ihrer Zeit die „first
line of defense“ gewesen sein – eine Art Vorposten[2].
Die Mundburg wird von Thangmar explizit als altere Anlage genannt.
3.2. Die Lage der Mundburg
Während die
Warenholzer Burg bereits durch Grabungen und Vermessungen zweifelsfrei
„gefunden“ wurde, steht ein empirischer Beleg für die Mundburg noch immer aus.
C. Schuchthardt sah nach seinen Grabungen am Gut Dieckhorst bei Müden
eindeutige Belege dafür, die Mundburg gefunden zu haben[3].
Allerdings konnte er, wie auch M. Last, bei einer Nachsuche, keinerlei Funde
vorlegen, die den Standort belegen würden[4].
W. Meibeyer äußerte in seinem, im Jahr 2002 erschienen Aufsatz[5]
berechtigte Zweifel an dem Standort Müden(Dieckhorst). Diese werden
mittlerweile ebenfalls durch das in 2002 erschienene Buch „die Aller – ein
Fluss verändert seinen Lauf“ von W. Christoph Seiler bestärkt[6].
Es soll daher im
Folgenden dargestellt werden weswegen es kompliziert ist den richtigen Standort
der Mundburg zu ermitteln.
[1] „Burgen und
Wallanlagen in Niedersachsen“, S. 127 f.
[2] „the first
line of defense“ meint die erste Verteidigungslinie – synonym zu ersten
Schlachtreihe in einer Angriffsformation.
[3] Meibeyer,
Lag Bischof Bernwards Mundburg in Wienhausen?, S. 1.
[4] Siehe
Fußnote 23.
[5] Vgl.
Meibeyer, Lag Bischof Bernwards Mundburg in Wienhausen?
[6] Seiler, Die
Aller-ein Fluss verändert seinen Lauf, S. 45.
3.3.1. Die Lage der Mundburg bei Müden
O. Meier kam in seinem Aufsatz
zweifelsfrei zu dem Schluss die Mundburg habe bei Müden (Dieckhorst) gelegen[1].
Dabei ging Meier von der Beschreibung Thangmars aus[2].
Somit spielt der Zusammenfluss von Aller und Oker in der Analyse Meiers eine
zentrale Rolle. In einem weiteren Schritt zieht Meier die Karte des „Ducatus
Luneburgensis“ aus dem Jahr 1654 zur Hilfe[3].
[1] Vgl. Meier,
Die frühmittelalterliche Münzstätte „Mundburg“ des Bistums Hildesheim.
[2] Danach lag
die Mundburg am Zusammenfluss von Aller und Oker.
[3] Meier, Die
frühmittelalterliche Münzstätte „Mundburg“ des Bistums Hildesheim. S. 2.
Bild: Zusammenfluss von Aller und Oker um 1650.[1]
[1] Mellingero,
Ducatus Luneburgensis (Karte des Herzogtums Lüneburg mit anliegenden Gegenden).
Diese Karte belegt zweifelsohne,
dass Dieckhorst („Dyckhorst“) um 1650 an einer Mündung der Oker in die Aller
bei Müden verzeichnet ist. Als Meier seinen Aufsatz schrieb, mündete die Oker
aber bereits direkt südlich von Müden in die Aller – anders als in der
dargestellten Karte von 1650. Daher kommt Meier zu dem Schluss (wie auch C.
Schuchthardt), dass die Oker früher einmal weiter östlich, nämlich bei dem eben
benannten Ort Dieckhorst in die Aller gemündet sein muss.
Schuchthardt schlussfolgert in
seinen Ausführungen weiter, dass die Mundburg westlich vom Gut Dieckhorst auf
einem „künstlichen, ovalen Hügel von etwa 60 mal 40 m Oberfläche und 2,50 m
Höhe“ gelegen haben muss[1].
Als weiteren Beleg für den Standort
führt Meier einen Fund an, der in H.A. Lüntzels Werk „der heilige Bernward,
Bischof von Hildesheim“ schon Erwähnung fand[2].
Im Jahr 1856 wurde dieser Erwähnung
zufolge ein mächtiger Eichenbalken von der „Stelle geborgen, wo die Burg
gestanden haben muss…“[3].
Meier mutmaßte es könnte sich um eine Art Vorwerk der Hauptburganlage gehandelt
haben. Allerdings hat H.A. Lüntzel nicht näher vermerkt wo genau der Fund
gemacht wurde. Es ist also nicht möglich die Stelle mit Schuchthardts Grabungen
abzugleichen.
Ein weiterer Beleg besteht für
Meier darin, dass auf einem Kupferstich (Merian, um 1600) des Gutes Dieckhorst
die Oker als Fluss deutlich bezeichnet ist.
[1] Meier, Die
frühmittelalterliche Münzstätte „Mundburg“ des Bistums Hildesheim.S.2.
[2] Vgl.
Lüntzel, Der heilige Bernward, Bischof von Hildesheim.
[3] Siehe
Fußnote 32.
Bild: Meinersen – Kupferstich.[1]
Ebenfalls in diese Zeit fällt der
Merian-Kupferstich der Ortschaft Meinersen. Man erkennt deutlich, dass die Oker
im Vordergrund des Ortes entlang fließt.
Die Frage auf welche Meier dabei
anspielt ist recht einfach: wenn Thangmar in seinen Ausführungen den Standort
der Mundburg mit dem „Zusammenfluss der
Oker mit der Aller“ umschreibt, gilt es diesen historischen Zusammenfluss
zu finden.
Als weiteren Beleg führt Meier die
Kurhannoversche Landesaufnahme aus dem Jahr 1780 an.
Bild: Kurhannoversche Landesaufnahme 1780.[1]
[1]
Kurhannoversche Landesaufnahme, Blatt Gifhorn.
Der Standort der Mundburg (grün
eingekreist im oben stehenden Bild) läge nach Meier/Schuchthardt genau an der
Stelle wo sich das Gut Dieckhorst befindet.
Meier hinterfragt richtigerweise
den ursprünglichen Verlauf der Oker zwischen Seershausen, Ahnsen, Meinersen und
Müden[1].
Seiner Vermutung nach – und entsprechend der Karte von 1650 (siehe Seite 11) –
floss die Oker ursprünglich ca. 1 Km östlich von Müden (bei Dieckhorst) in die
Aller. Daraus schließen Meier und Schuchthardt, dass die Burg logischerweise
bei Dieckhorst gelegen haben muss.
Meier ging nicht leichtfertig mit
dem veränderten Lauf der Oker um. Auf seine Anfrage beim Regierungs-Präsidenten
in Lüneburg erhielt er am 27. Dezember 1937 Antwort vom Celler Kulturbaubeamten[2].
Nach dessen Auskunft entsprach der Verlauf der Oker in der Kurhannoverschen
Landesaufnahme dem „alten“ Okerverlauf (Siehe Karte auf Seite 13: rote
Umrandung). Ältere Karten waren nicht verfügbar. Die Verlegung/Begradigung der
Oker zwischen Meinersen und Müden war demzufolge in den Jahren 1879 bis 1881
erfolgt. Explizit wies der Celler Kulturbaubeamte darauf hin, dass die noch
vorhandenen Altarme im Messtichblatt Müden den exakten Verlauf der „alten“ Oker
widerspiegeln würden.[3]
Meibeyer geht in seiner Arbeit
ebenfalls auf den Verlauf der Oker ein[4].
Da die Überlieferungen vom Ort sprechen (Ubi
flumina Alara et Ovekara confluunt, munitinunclam exstruxit“[5]) an dem Oker und Aller zusammenfließen,
ist es sicherlich sinnvoll diesen Ort für weitere Betrachtungen erst einmal zu
klären. Damit verbunden wird auch verständlich, wie Meibeyer zu der These
gelangte die Mundburg habe bei Wienhausen gestanden.
3.3.2. Okerverlauf und Standort bei Wienhausen
Meibeyer argumentiert, die Mundburg
könne nicht bei Müden (Dieckhorst) gestanden haben, da die Oker früher einen
anderen Verlauf hatte[6]. Die
geologischen, hydrologischen und bodenstrukturellen Gegebenheiten deuten
allesamt darauf hin, dass die Oker in früherer Zeit nicht den heutigen Verlauf
innehatte und bei Müden in die Aller mündete, sondern bei Seershausen abknickte
und erst weiter nordwestlich, nämlich zwischen Bockelskamp und Wienhausen Teil
der Aller wurde. Diese These soll im Folgenden begründet werden.
[1] Vgl. Meier,
Die frühmittelalterliche Münzstätte „Mundburg“ des Bistums Hildesheim.S.3.
[2] Vgl. Vgl.
Meier, Die frühmittelalterliche Münzstätte „Mundburg“ des Bistums
Hildesheim.S.4.
[3] Siehe
Fußnote 37.
[4] Vgl.
Meibeyer, Lag Bischof Bernwards Mundburg in Wienhausen?
[5] Mon. Germ.
Hist. SS IV, S. 761
[6] Vgl.
Meibeyer, Lag Bischof Bernwards Mundburg in Wienhausen?
Geologische Begründung:
Bild: Ingenieursgeologische Übersichtskarte des Flotwedel[1].
1) markiert den Ort Wienhausen, 2) den Ort Müden und 3) den Ort Seershausen.
[1] Quelle:
NIBIS Kartenserver, Ingenieursgeologische Übersichtskarte Niedersachsen.
Durch Bodenanalysen ist
festgestellt, dass sich im Verlauf der Flüsse (Fuhse, Aller, Oker,
Schwarzwasser) vor allem feinkörnige, bindige Lockergesteine z.T. mit
organischen Einlagerungen finden[1]
(in der Karte als lachsfarben eingezeichnet). Umgeben sind die Flussverläufe überwiegend
von nichtbingigen Lockergesteinen, welche überwiegend mitteldicht bis dicht
gelagert sind (in der Karte dunkelgelb eingezeichnet).
Die Flussläufe heben sich damit in
der ingenieursgeologischen Betrachtung deutlich von den „Nicht-Flüssen“ ab. Der
Verlauf der alten Oker wird damit deutlich sichtbar: durch organische
Ablagerungen kann man den ehemaligen Flussverlauf zwischen den Orten
Seershausen (3) und Wienhausen (1) klar erkennen.
[1] Siehe Fußnote
42.
Bild: Geologische Karte 1:50.000 des Flotwedel[1].
1) markiert den Ort Wienhausen, 2) den Ort Müden und 3) den Ort Seershausen.
Meibeyer führt in seiner
Argumentation ebenfalls die „Allerdünen“ als Nachweis des alten Okerverlaufes
an[2].
Auch Seiler bemerkt das Fehlen von Dünenaufwehungen im Bereich der heutigen
Oker[3].
In der vorstehenden Karte sind die Dünen gelb eingezeichnet. Im Bereich der
heutigen Oker, also zwischen den Orten Seershausen und Müden finden sich
tatsächlich keinerlei eingezeichnete Dünen. Da die, für die Region typischen
Flussdünen, während des Spätglazials aufgeweht wurden[4]
kann davon ausgegangen werden, dass der heutige Okerverlauf zu dieser Zeit
nicht existierte.
Leicht nordöstlich gekrümmt finden
sich entlang der gedachten Luftlinie zwischen Seershausen und Wienhausen
Dünenaufwehungen (Geologische Karte 1:50.000). Die Dünen haben nahezu dieselbe
Ausrichtung wie jene, die an der nördlich verlaufenden Aller zu finden sind. Dies
ist ebenfalls ein eindeutiger Hinweis darauf, dass die Oker zu früherer Zeit
einem heute nicht mehr vorhandenen Flussbett gefolgt ist.
[1] Quelle:
NIBIS Kartenserver, Geologische Karte 1:50.000 Niedersachsen.
[2] Vgl.
Meibeyer, Lag Bischof Bernwards Mundburg in Wienhausen?
[3] Seiler, Die
Aller-ein Fluss verändert seinen Lauf, S. 45.
[4] Siehe
Fußnote 46.
Bild: ehemalige Flussdüne im Wald zwischen Sandlingen und
Wienhausen[1].
Hydrologische Begründung:
Betrachtet man die Gebiete, die
noch heute besonders Hochwassergefährdet sind, so fließen bestimmte Faktoren,
wie z.B. Wasseraufnahmefähigkeit des Untergrunds und Höhe (ü.NN) in die
Betrachtung ein. Die hydrologische Betrachtung ist demnach auch teilweise eine
negative Spiegelung der geologischen Betrachtung, da die Dünenaufwehungen
logischerweise keine hochwassergefährdeten Gebiete darstellen und somit
letztlich auch so ablesbar sind.
[1] Quelle:
eigenes Bild.
Bild: Hochwassergefährdung im Flotwedel[1].
1) markiert den Ort Wienhausen, 2) den Ort Müden und 3) den Ort Seershausen.
Auch die hydrologische Betrachtung
der hochwassergefährdeten Gebiete im Flotwedel liefert eine Begründung zu der
Annahme, dass sich der alte Okerverlauf nicht mit dem heutigen deckt, sondern
dem bereits mehrfach aufgezeigten Fussbett in Richtung Wienhausen gefolgt sein
muss.
[1] Quelle:
NIBIS Kartenserver, Hydrologische Übersichtskarte (Hochwassergefährdung),
1:50.000, Niedersachsen.
Bild: Flussbett der alten Oker zwischen Wienhausen und
Sandlingen[1].
[1] Eigenes Bild
Die These, dass die alte Oker das
Langlinger Holz durchfloss und weite Teile des ehemaligen Flussbettes im Wald
liegen spielt der Interpretation des Namens „Flotwedel“ sicherlich zu (Flotwedel, alt: Flutwidde, „Flot“ von Flaut
= fließen/Flut à
„Flutwald“ oder auch „durchflossener Wald“).
Es liegt auf der Hand, dass der
veränderte Verlauf der Oker einen unmittelbaren Einfluss auf den Standort der
Mundburg hat. Wenn Thangmar den Standort mit dem Zusammenfluss von Oker und
Aller beschreibt, würde dies bedeuten, dass die Burg nicht bei Müden, sondern
zwischen Wienhausen und Bockelskamp gestanden haben muss[1].
Auf den genauen Standort der Burg
soll später eingegangen werden.
3.3.3. Menschliche Eingriffe in den Verlauf der alten Oker
Im Folgenden gilt es folgende
offene Punkte zu klären:
· -Veränderte die Oker ihren Lauf durch menschliche
Einflüsse?
· -Sind natürliche Einflüsse denkbar?
· -In welche Zeit sind die jeweiligen Veränderungen
zu datieren?
Bereits Meier bemerkt in seinem
Aufsatz, dass der Okerverlauf um 1938 ein anderer war, als noch 200 Jahre zuvor[2].
Meier untersucht ausschließlich die Veränderungen des Flusslaufes im Zusammenhang
zur Mündung bei Müden. Er schlussfolgert, dass es zu einer Einflussnahme des
Menschen auf den ursprünglichen Flussverlauf gekommen sein muss, da die Oker in
der Kurhannoversche Landesaufnahme von 1780 mehrere Meanderbogen aufwies, die
im Messtichblatt von 1901 bzw. 1937 nicht mehr vorhanden sind. Allerdings kommt
Meier zu dem Schluss die Flussachse habe sich nur unwesentlich verlagert und
der alte Flussverlauf sei u.a. durch die noch vorhandenen Meanderbögen
(Messtichblatt Müden, 1901) gut ablesbar.
Interessanterweise fährt Meier in
seinen Schlussfolgerungen fort, dass die zahlreichen Tümpel, welche im Messtichblatt
südlich des Gutes Dieckhorst liegen ein alter Nebenarm der Oker gewesen sein
können[3]
[1] Vgl.
Meibeyer, Lag Bischof Bernwards Mundburg in Wienhausen?
[2] Meier, Die
frühmittelalterliche Münzstätte „Mundburg“ des Bistums Hildesheim.S.5.
[3] Siehe
Fußnote 52.
Bild: Bild: Kurhannoversche
Landesaufnahme 1780.[1]
Weiterhin zieht Meier den Schluss: „(…) so müsste angenommen werden, dass man
bei der Schaffung eines neuen Flussbettes nicht so zahlreiche Krümmungen
ausgeführt hatte.“
Es handelt sich bei dem
Flussverlauf aus der Kurhannoverschen Landesaufnahme von 1780 also nicht um
einen künstlich geschaffenen Flusslauf, sondern um einen natürlichen.
Die Maßnahme, welche zur
Begradigung der Oker (Messtichblatt 1901) geführt hat, wurde in den Jahren 1879
bis 1881 durchgeführt[2]. Das Fehlen
von Dünenaufwehungen beachtet Meier in seiner Betrachtung nicht.
Die Oker muss – das ist bis zu
diesem Punkt gewiss – schon vor 1780 bei Müden in die Aller geflossen sein.
[1]
Kurhannoversche Landesaufnahme, Blatt Gifhorn.
[2] Meier, Die
frühmittelalterliche Münzstätte „Mundburg“ des Bistums Hildesheim.S.5. (O.
Meier hat diese Aussage durch den zuständigen Kulturbaubeamten aus Celle am
27.12.1937 (Tagebuch Nr. 134/38) erhalten.
Bild: Messtichblatt 1901[1].
Meibeyer gelangt in seinem Aufsatz
ebenfalls zu der These, dass der Okerverlauf bei/hinter Seershausen durch
menschliche Eingriffe verändert worden ist[2].
So deute das Fehlen der klassischen Meanderbögen „unterhalb der
Durchbruchstelle“ darauf hin, dass hier ein künstlicher Eingriff vorliegen muss[3].
Daraus lässt sich schließen, dass Meibeyer auf den letzten relativ gradlinig
verlaufenden Flussabschnitt der Oker zwischen Meinersen und Müden ins Auge
gefasst hat.
Zur Datierung der Einflussnahme
durch den Menschen verweist Meibeyer auf die Bestrebungen der Stadt
Braunschweig im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts die Oker schiffbar zu
machen. Zumal die Wege zu Land oftmals Umwege waren, Zölle und Fährgebühren
anfielen und Bremen als Handelshafen an der Weser gut über den Wasserweg
erreichbar war, war die Schiffbarmachung der Binnengewässer nachweislich
erforderlich.
Herzog Magnus (* 1324, + 1373)
gestatte den Braunschweigern unter besonderen Bedingungen „(…) dat se moghet dat water de Ovekere maken unde
ruomen eder ruomen laten, also dat se unde de oere unde we des behoevet varen
moghen mit schepen van Brunswich wente to Tzelle weder unde vort unghehindert unde unbeschadet van os unde
van den usen (….)“[6]. Damit
wurde den Braunschweigern gestattet die Ufer der Oker begehbar zu machen,
störende Äste zu entfernen, Treidelpfade anzulegen und seichte Stellen im Fluss
zu vertiefen. Ohne Frage stellt dieses Zugeständnis einen wichtigen Schritt zur
Schifffahrt auf der Oker dar[7].
Herzog Magnus erwähnt in keiner
Silbe, dass die Oker umgebettet werden sollte. In seiner Erlaubnis inbegriffen
sind lediglich die genannten Maßnahmen. Herzog Magnus knüpfte die Durchführung
außerdem an ganz bestimmte Abgaben/Zölle/Steuern, denn die Braunschweiger
sollten ihre Waren in Celle verzollen, es sei denn sie waren bereits in Celle
verzollt (Unde wanne dat gud to Tzelle
vertollet is, so magh men unde scal dat unghehindert vor os unde vor den usen
voren unde bringhen, wor malkeme dat bequeme is, also dat we unde de use se
darenbovene nicht enscolet beschaden eder besweren eder hinderen.)[8].
Man kann also davon ausgehen, dass
für Herzog Magnus nicht der Ausbau der Oker im Vordergrund stand, sondern, dass
dieser ein notwendiges Mittel war, um der Stadt Celle Einnahmen zu generieren.
Die Braunschweiger mussten also in zwei Punkten leisten: 1) Ausbau der Oker und
2) Zölle in Celle. Die volkswirtschaftliche Wohlfahrtssteigerung war natürlich
auch für den Herzog nicht von Nachteil.
1439 erklärte der Rat der Stadt
Magdeburg in seiner Verbündung mit Lüneburg, dass die generelle
Schiffbarmachung von Aller und Oker verhindert werden solle[9].
Aus der Formulierung „(…) uthe der Oveker
in de Alre (…)“[10]. Schließt
Meibeyer, dass es sich bei der „Verhinderung“ um den, durch die Braunschweiger
angelegten, Durchfluss gehandelt haben muss[11].
Auch Seiler geht in seiner Betrachtung von einem künstlich geschaffenen
Durchstich der Oker zwischen Meinersen und Müden aus[12].
[1]
Messtichblatt 1901, Blatt Müden.
[2] Vgl.
Meibeyer, Lag Bischof Bernwards Mundburg in Wienhausen?
[3] Siehe
Fußnote 57.
[4] Dat de
graven und waterfard de de rad und stad to Brunswick heft begond to makende
uthe Oveker in de Alre, dar se also vort na Bremen uppe dencken to schepende,
nablive und vorhindert werde“ (UB Stadt Magdeburg 2, Nr. 395
[5] 1371 März 12
Herzog Magnus von Braunschweig-Lüneburg gestattet
unter besonderen Vergünstigungen Braunschweig die Schiffbarmachung der Oker zur
Herstellung eines Wasserweges nach Celle. Urkundenbuch der Stadt Braunschweig,
Bd. 6, S 610.
[6] Urkundenbuch
der Stadt Braunschweig, Bd. 6, S 610.
[7] Vgl.
Meibeyer, Gab es wirklich eine „bedeutende“ Fracht-Schifffahrt auf der unteren
Oker im hohen Mittelalter?, Braunschweigisches Jahrbuch für Landesgeschichte,
Bd. 83.
[8] Urkundenbuch
der Stadt Braunschweig, Bd. 6, S 610.
[9] Urkundenbuch
der Stadt Magdeburg, Bd 2, S. 523.
[10] Siehe
Fußnote 64.
[11] Meibeyer,
Gab es wirklich eine „bedeutende“ Fracht-Schifffahrt auf der unteren Oker im
hohen Mittelalter?, Braunschweigisches Jahrbuch für Landesgeschichte, Bd. 83.
S. 208.
[12]
Seiler, Die Aller-ein Fluss verändert seinen Lauf, S. 45.
Bild: Oker um 1600[1].
Aus der Karte Papenteichs im Amte
Gifhorn von Johannes Mellinger (um 1600) folgt die Oker bereits dem heutigen
Flussbett und mündet dementsprechend bei Müden/Dieckhorst.
Es ist fraglich wie die
Interpretationen Meiers, Seilers und Meibeyers zusammenpassen. Zumal Meibeyer
den Aufsatz von O. Meier unerwähnt lässt, muss letztlich davon ausgegangen
werden, dass dieser nicht in seine Überlegungen eingeflossen ist. Wie ist es
sonst zu deuten, dass im Aufsatz Meibeyers mit keiner Silbe erwähnt wird, dass
die Begradigung der Oker südlich von Müden in den Jahren 1879 bis 1881
erfolgte? Bereits in der Kurhannoverschen Landesaufnahme von 1780 ist der
Okerflusslauf an gleicher Stelle erkennbar. In Verbindung mit dem Messtichblatt
aus dem Jahr 1901 lässt sich belegen, dass die Begradigung des Flussverlaufes
zwischen Meinersen und Müden zwischen 1780 und 1901 (nämlich 1879 bis 1881)
erfolgt sein muss. Desweiteren belegt die Kurhannoversche Landesaufnahme von
1780, dass die Oker einst auf der gesamten Strecke zwischen Meinersen und Müden
starke Meanderbiegungen vollführte.
[1] Mellinger
Kartenmappe (Atlas des Kurfürstentums Lüneburg), Papenteich im Amt Gifhorn, um
1600
Bild: Okerverlauf zwischen Meinersen und Müden heute[1].
Meier schloss logisch in seinem
Aufsatz, dass niemand auf die Idee käme, einen Fluss umzulegen und dabei
derartig viele Kurven und Biegungen in das neue Flussbett integrieren würde.
Folgt man Meibeyers Argumentation, würde das bedeuten, im 14. Jahrhundert
hätten die Braunschweiger die Oker schiffbar machen wollen und ihr dabei ein
neues Flussbett gegeben, welches für eine Schiffbarmachung denkbar ungünstig
ist - man beachte die heftigen Meanderbögen nordöstlich von Meinersen (1)!
Bisher wurden ausschließlich
menschliche Eingriffe in den Verlauf der Oker in Betracht gezogen. Dabei wird
jedoch vernachlässigt, die eigenen Thesen kritisch zu hinterfragen.
Was wäre, wenn es keine
Menschenhand war, die der Oker ein neues Flussbett gab?
Die Ergebnisse Meibeyers gehen im
Wesentlichen auf die geologische Betrachtung (Dünen-Bildung entlang des alten
Okerverlaufes) zurück. Diese Schlüsse sind zweifelsohne korrekt.
Vom Schwemmkegel der Lachte ist
bekannt, dass dieser dazu führte, dass die Lachte einst ihren Lauf änderte und
nicht mehr beim heutigen Oppershausen, nördlich von Wienhausen, in die Aller
mündete. Vor diesem Hintergrund wäre es möglich, dass die Oker bereits früher
ihren Lauf änderte. Die ursprüngliche Fließrichtung entspricht der des
Allerurstromtals[2]. Denkbar
wäre, dass die Oker diese Fließrichtung nur solange beibehielt, wie sie die
spätglazialen Wassermassen bewältigen musste.
[1] Quelle:
Google Earth.
[2] Vgl. Seiler,
Die Aller-ein Fluss verändert seinen Lauf.
Allerdings ist es sehr wahrscheinlich, dass
die alten Flussarme lange erhalten blieben sondern über die Zeit verlandeten.
Somit könnte es in der Zeit der Entstehung der Mundburg (um 993 n. Chr.)
durchaus „zwei“ Oker-Verläufe gegeben haben. Zumindest ist Wienhausen durch
diese Theorie nicht als sehr wahrscheinlicher Standort ausgeschlossen (Bild:
alte Oker[1]).
Es gibt
Kartenbelege dafür, dass es zumindest bis in die Neuzeit einen Okerlauf gab,
der zwischen Wienhausen und Bockelskamp in die Aller mündete.
[1] Quelle:
eigenes Bild (entstanden bei Wienhausen).
Bild:
Flotwedel 1732[1].
In der Karte
der „Environs de Zelle“ (1732)[2]
ist ein Okerverlauf erkennbar, der nördlich von Eicklingen in nordwestlicher
Richtung in die Aller mündet. Der eingezeichnete Okerverlauf entspricht 1:1 dem
heute landschaftlich sichtbaren Alt-Verlauf. Auffällig ist, dass der
eingezeichnete Fluss hinter Eicklingen entspringt. Entweder liegt hier eine
kartografische Ungenauigkeit vor, oder es gab zu dieser Zeit (1732) schon keine
Verbindung mehr zwischen dem Okerarm bei Wienhausen und der bei
Seershausen/Meinersen fließenden Oker.
Zusammenfassend kann die Erlaubnis
durch Herzog Magnus nicht als Beleg für einen Durchbruch der Oker zwischen
Seershausen, Meinsersen und Müden deuten. Da er den Braunschweigern die Nutzung
der Oker unter genau spezifizierten Bedingungen erlaubte, die keine Verlegung
des Flusses erkennen lassen. Lediglich das Anlegen von Treidelpfaden,
Flussvertiefungen und Uferarbeiten wurden gestattet. Die gewährten Rechte zu
baulichen Veränderungen waren völlig ausreichend, um den bestehenden, bei
Wienhausen mündenden Okerfluss, schiffbar zu machen.
3.3. Weitere Standortfaktoren der Mundburg
Die bisherigen
Betrachtungen beschränkten sich im Wesentlichen auf die ursprüngliche Aussage
die Mundburg sei am Zusammenfluss von Oker und Aller zu verorten. Daher wurde
in den vorangegangenen Abschnitten die Lokalisierung des Zuflusses von der Oker
systematisch aufgearbeitet.
Nun gibt es
jedoch auch noch andere Faktoren die die Lage einer Burg beeinflussen. Ganz allgemein
dient eine Burg entweder zum Schutz oder der Abwehr von Feinden. Der
Überlieferung nach soll die Mundburg zur Abwehr slawischer Überfälle gedient
haben. Es kann also davon ausgegangen werden, dass die Burg an einer
strategisch günstigen Position platziert wurde. Bischof Bernward ließ die
Warenholzer Burg und die Mundburg errichten um das Bistum Hildesheim zu
verteidigen. Der Schutz einzelner Dörfer wird daher nicht im Vordergrund
gestanden haben. Die Burgen wurden (gemäß der Überlieferung des Biografen
Thangmar) an den äußersten Reichsgrenzen errichtet.
Man kann also
annehmen, dass der Schutz der Reichsgrenzen im Vordergrund stand. Sicherlich
mussten daher bei der Ortswahl gegebenenfalls Abstriche in Kauf genommen werden
wenn vor Ort keine 100% perfekten Bedingungen vorgefunden wurden.
[1] Environs von
der Stadt Zelle. 1732, Bibliothèque nationale de France, département Arsenal,
MS-6465(714)
[2] Siehe
Fußnote 72.
Bild: Verlauf
der alten Oker, Altstraße und Bistumsgrenze[1]
Wie auch die
Burg bei Warenholz hätte die Mundburg, sollte sie in/bei Wienhausen gestanden
haben, eine strategisch günstige Lage an einer wichtigen Altstraße innegehabt[2].
Darin sieht auch Meibeyer ein schwerwiegendes Indiz dafür, dass die Burg bei
Wienhausen gestanden haben könnte. In der Tat ist nicht ganz klar welchen
Verteidigungsauftrag die Anlage bei Müden gehabt haben soll.
4. Ringwall bei Wienhausen
Wo mag der
genaue Standort der Mundburg in Wienhausen gelegen haben?
Meibeyer führt
in seinem Aufsatz auffällige Bewuchsmerkmale unweit der Aller an, die auf einem
Luftbild sichtbar geworden sind[3].
Andere Vermutungen deuten darauf hin, dass die Burg am Ort des heutigen
Klosters oder des ehemaligen Jagdschlosses gestanden haben könnte. Dennoch
erscheint eine andere Möglichkeit ebenfalls naheliegend.
4.1. Standort des Ringwalls bei Wienhausen
In den
Ausläufern des „Sunder“[4]
kann man die Überreste einer Ringwallanlage erkennen. Die Anlage befindet sich
unweit des alten Verlaufes der Oker und liegt damit relativ genau in der
Spitze, die sich aus dem Zusammenfluss von alter Oker und der Aller ergibt.
[1] Quelle:
Meibeyer, Lag Bischof Bernwards Mundburg in Wienhausen?
[2] Vgl.
Meibeyer, Lag Bischof Bernwards Mundburg in Wienhausen?
[3] Siehe
Fußnote 66.
[4] Waldgebiet
westlich von Wienhausen und Östlich von Bockelskamp.
Bild: Ringwall Wienhausen[1].
In der
offiziellen Inventarisation des Landesamtes für Denkmalpflege Niedersachen wird
die westlich von Wienhausen belegene Anlage bereits unter der
Identifikationsnummer 351/3978.00003-F und mit der Bezeichnung „Ringwall“
geführt[2].
Die Anlage ist mit einem Durchmesser von ca. 80m, bestehend aus 3 ringförmigen
Wällen und 2 ebensolchen Gräben (vor dem inneren und mittleren Wall)
beschrieben[3].
Die Länge des Walls beträgt ca. 160 m. Damit ist die Anlage größenmäßig mit der
Burg bei Warenholz identisch. Es wurden durch H.G. Berger in 2003 bereits
Probegrabungen durchgeführt, die allerdings bei der großen Innenfläche nur
Stichprobencharakter haben konnten. Datierende Funde konnten bislang keine
gemacht werden.
Der Bearbeiter
des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege Nelson gab als mögliche
Deutung an, die Anlage könnte fortifikatorischen Ursprungs sein[4].
Er schließt aus der geografischen Lage, es könne ein Zusammenhang mit der alten
Poststraße zwischen Celle und Gifhorn bestehen, die nordöstlich des Ringwalls
durch den Sundern verläuft. Auch die Nähe zur alten Oker zieht Nelson für eine
mögliche Deutung als Burganlage in Betracht. Recht unwahrscheinlich dagegen
scheint seine Deutung als Immenzaun oder Gehege. Diese Vermutung ist leicht
widerlegt, zumal die Anlage bereits im Messtichblatt Bröckel eingezeichnet ist.
[1] Quelle:
Google Earth. Rot: Ringwall. Grün: alte Oker.
[2] Karteiblatt
des NLD Nr. 351/3978.00003-F, 2003.
[3] Siehe
Fußnote 70.
[4]
Fortifikatorisch meint einen Festungsbau i.S.e. Wehranlage.
Bild: Ringwall
im Messtichblatt Bröckel[1].
Unten links.
Damit ist
sowohl ausgeschlossen, dass es sich bei dem Ringwall um ein Kriegsrelikt
handelt, da das Messtichblatt aus dem Jahr 1901 stammt, als auch die Theorie
einer Immenstelle widerlegt. Diese landwirtschaftlichen Nutzflächen wurden in
den Messtichblättern nämlich durch eine gesonderte Bezeichnung bzw. Symbolik
ausgewiesen.
Darüber hinaus
taucht der Ringwall bereits in der Kurhannoverschen Landesaufnahme aus dem Jahr
1781 auf.
Bild: Ringwall
bei Wienhausen[1].
Darin ist der
Ringwall als Erhöhung mit deutlicher Schattierung verzeichnet. Es stellt sich
die Frage warum das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege der Anlage
bislang keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt hat, wo doch explizit auf der
Website des NLD darauf hingewiesen wird, dass die Burgenforschung zu den
Schwerpunktbereichen des NLD zählt[2].
Es soll nun
näher darauf eingegangen werden welche Standortvorteile dieser mögliche Ringwall
innehatte um dann im Folgenden zu analysieren, ob es sich bei der Anlage
möglicherweise um die gesuchte Mundburg Bernwards handeln könnte.
4.2. Standortbetrachtung des Wienhäuser Ringwalls
Wie bereits
herausgestellt gibt es bestimmte Faktoren, welche die Errichtung einer
Wehr-/Burganlage begünstigen bzw. nachteilig beeinträchtigen können[3].
Aus den Deutungen im Karteiblatt des Ringwalls bei Wienhausen gehen bereits
einige der Faktoren hervor.
Geologische
Betrachtung:
[1]
Kurhannoversche Landesaufnahme, Blatt Wienhausen.
[2]http://www.denkmalpflege.niedersachsen.de/portal/live.php?navigation_id=12636&article_id=55566&_psmand=45
[3] Siehe
Abschnitt 3.3.
Bild:
Geologische Karte des Waldgebietes Sunder bei Wienhausen 1:50.000[1].
Rot: Ringwall.
Aus der
geologischen Betrachtung geht hervor dass der Ringwall am Ausläufer einer alten
Düne errichtet wurde (hellgelb). Es handelt sich bei dem Untergrund um
nichtbingige Lockergesteine: Dünensand – umgangssprachlich auch Sandboden.
Umgeben wird
der Standort von Lockergesteinablagerungen, welche sich durch organische
Ablagerungen vom eben beschrieben Untergrund unterscheiden[2].
Der Ringwall
liegt also am äußersten Ende einer Düne. Dieser Standort ist in der Gegend
einzigartig, da er einerseits den nächstgelegensten Punkt zum ehemaligen
Zusammenfluss von Aller und Oker bildet. Andererseits dürfte dieser Standort
auch das einfache Anlegen einer Burganlage erleichtert haben, da der Sand
leicht abgetragen werden konnte.
[1] Quelle:
NIBIS Kartenserver, Geologische Karte, 1:50.000, Niedersachsen.
[2] Siehe
Fußnote 77.
Hydrologische
Betrachtung:
Bild:
Hochwassergefährdung im Sunder[1].
Rot: Ringwall.
Hochwasser
konnten einer Burganlage am Untersuchten Standort kaum etwas anhaben (siehe
Karte „Hochwassergefährdung im Sunder“). Die Anlage liegt also nicht nur von
ihrer Bodenbeschaffenheit überaus günstig. Auch betreffend der Hydrologie der
Region ergeben sich entscheidende Vorteile. Diesbezüglich liegt der Ringwall
ebenfalls auf dem nördlichsten Punkt, der zu einer Errichtung einer solchen
Wehr-/Burganlage sinnvoll ist.
Ein
Zusammenhang mit dem von Meibeyer erwähnten Altstraßenverlauf (siehe Abschnitt
3.3.) kann ohne weiteres nicht hergestellt werden. Der angenommene
Straßenverlauf zwischen (Wienhausen – Eicklingen) liegt in einiger Entfernung
in Richtung Osten. Allerdings könnte die Burg durchaus eine
Verteidigungsfunktion eingenommen haben, da sich die einzige Angriffsflankte
trichterförmig in Richtung der benannten Altstraße öffnet. Das macht Angriffe
sicherlich einerseits kontrollierbar. Andererseits könnte die Burg überaus gut
als Rückzugspunkt für vorgeschobene Vorposten genutzt worden sein. Angreifende
Verfolger wären dann ohne es zu ahnen in eine Art natürlichen Hinterhalt
geraten. Bogenschützen und Speerträger hätten diesen Vorteil ausnutzen können.
4.3. Fotografische Belege
Es sollen nun
einige fotografische Belege der Ringwallanlage vorgestellt und im Folgenden
Abschnitt erläutert werden.
[1] Quelle:
NIBIS Kartenserver, Hydrologische Übersichtskarte (Hochwassergefährdung),
1:50.000, Niedersachsen.
Bild: Ringwall bei Wienhausen
im März 2013[1].
Bild: Ringwall
bei Wienhausen im März 2013[1].
Rote Linien verdeutlichen den Verlauf.
Bild: Ringwall bei Wienhausen
im März 2013[1].
Bild: Ringwall
bei Wienhausen im März 2013[1].
Rote Linien verdeutlichen den Verlauf.
Bild: Ringwall bei Wienhausen
im März 2013[1].
Bild: Ringwall
bei Wienhausen im März 2013[1].
Rote Linien verdeutlichen den Verlauf.
[1] Quelle:
eigenes Bild.
4.4. Erläuterung der Fotografischen Belege
Die Anlage ist
mit dem bloßen Auge besser erkennbar als Fotos es festhalten können. Dennoch
lassen sich die, in gleichmäßigem Abstand verlaufenden Wälle, mittels
Hilfslinien gut sichtbar machen. Der durchschnittliche Abstand der Wälle
zueinander beträgt etwa 1,5 m. Die Höhe ist im Mittel entsprechend in der
Karteikarte des NLD korrekt mit 0,5 m angegeben[1].
Auffällig ist, dass der äußere Wall höher ist, als der innere. Innerhalb der
Ringwälle befindet sich eine nahezu ebene Fläche. Besondere Bewuchsmerkmale
können weder vor Ort noch auf Satellitenbildern festgestellt werden.
Eine bereits
erfolgte GPS-Vermessung hat gezeigt, dass die Wälle und die damit verbundenen
Gräben unwesentlich oval verlaufen.
Aktuelle Entwicklungen:
Kürzlich gab es Bestrebungen die Mundburg bei Müden archäologisch nachzuweisen:
Für eine Prospektion und mögliche Ausgrabung hatte sich die Heimatforscherin Anneliese Leffler eingesetzt, die nötige Genehmigungen eingeholte und eine Grabungsfirma beauftragte. Die mutmaßliche Lage der Mundburg, bzw. die Flächen die in den vergangenen Wochen untersucht werden sollten, lassen sich aus den Zeitungsartikeln entnehmen.
Laut Aussage von Anneliese Leffler sollte die Mundburg demnach südlich von Müden und westlich der heutigen Oker liegen. Auf Luftbildern/Satellitenbildern (Google Earth) erkennt man an der Stelle eine auffällige Bodenstruktur. In der Kurhannoverschen Landesaufnahme von 1780 ist an der Stelle eine Düne/Erhebung eingezeichnet.
Bild: mutmaßlicher Standort der Burg laut Anneliese Leffler. Quelle: Google Earth.
Es wird jedem Aufmerksamen Betrachter aber schnell bewusst, dass diese Stelle nicht der Ort sein kann, an dem sich früher einmal die Mundburg befand.
Folgende Gründe dies aus:
- Die auffällige Bodenstruktur ist um ein Vielfaches zu groß. Während die Burg bei Warenholz und der Ringwall bei Wienhausen einen Durchmesser von ca. 80 m und einen Umfang von rd. 150 m haben, misst diese Bodenstruktur etwa 150 m im Durchmesser und rd. 550 m im Umfang - zu groß also für eine Schutzburg. Die vergleichbaren Burganlagen in Burg (Celle) und Altencelle sind ebenfalls nicht so groß.
- Das Gelände ist viel zu feucht gewesen. Niemand würde eine Burg mitten in sumpfiges Marschgelände bauen. Noch auf dem Messtichblatt von 1901/1937, sowie auf der Karte von 1945 (War Office) sind zahlreiche Staugräben erkennbar, die nötig waren, um die Felder zu entwässern. Ohne diese Anlagen und ohne den begradigten Okerlauf war die Gegend schlichtweg zu feucht für eine Burg.
- Die Oker mündete früher weiter östlich (vgl. O. Meier, Die frühmittelalterliche Münzstätte „Mundburg“ des Bistums Hildesheim). Strategisch hat die Lage der Burg dort also keinen Sinn.
Laut Anneliese Leffler brachte eine Feldbegehung mit dem Metalldetektor an der Stelle 46 Ausschläge. Es ist fraglich, ob dies die These nach einer frühmittelalterlichen Burg bestärken kann. Auf jedem anderen Ackerstück, das in den letzten 100 Jahren bewirtschaftet wurde, wird man auf derselben Flächengröße mindestens dieselbe Anzahl von Signalen erhalten.
Auch der Kreisarchäologe Andreas Wallbrecht merkt an: „Die Luftbilder weisen auf Flussstrukturen hin. Aber ich würde dort nicht graben. Verschollenes Fundmaterial aus den 50er Jahren deutete nicht auf die Mundburg hin (Zitat: Gifhorner Rundschau (02.01.2013)).
Mittlerweile sind die Ergebnisse der Untersuchungen bei Müden ausgewertet. Es konnten dort keine Hinweise auf die Mundburg gefunden werden. Die Geomagnetische Untersuchung lieferte demnach keinen Beweis dafür, dass die Burg einst bei Müden stand.
Nachforschungen im Herbst 2013
Im Herbst 2013 wurde die Verdachtsfläche bei Wienhausen näher untersucht. Dr. Cornelia Lohwasser, die derzeit in Altencelle forscht, unterstützte die Aktion an der sich auch Mitglieder der Sondengänger-Gemeinschaft Allertal und ein Archäologiestudent aus Bamberg beteiligten. Das Gelände wurde mit Genehmigung der Denkmalbehörden und Erlaubnis des Besitzers mittels Metallsonden und eines professionellen Magnetik-Messgerätes untersucht.
Bild: Einmessen der Untersuchungsflächen.
Quelle: eigenes Bild.
Bild: Einmessen der Untersuchungsflächen.
Quelle: eigenes Bild.
Bild: Einmessen der Untersuchungsflächen.
Quelle: eigenes Bild.
Bild: Einmessen der Untersuchungsflächen.
Quelle: eigenes Bild.
Bild: Einmessen der Untersuchungsflächen.
Quelle: eigenes Bild.
Bild: Metalldetektoren im Untersuchungsgebiet.
Quelle: eigenes Bild.
Bild: Stein- und Ziegelfunde.
Quelle: eigenes Bild.
Bild: Einmessen der Untersuchungsflächen.
Quelle: eigenes Bild.
Bild: Einmessen der Untersuchungsflächen.
Quelle: eigenes Bild.
Bild: Stabbrandbombe an der Untersuchungsfläche.
Quelle: eigenes Bild.
Der Fund wurde ordnungsgemäß der Polizei gemeldet und von den Kräften des Kampfmittelbeseitigungsdienstes entfernt.
Ein unschöner Fund...
Bei der Begehung mit den Metalldetektoren kam ebenfalls eine intakte Stabbrandbombe aus dem Zweiten Weltkrieg zutage. Derartige Brandbomben wurden ursprünglich genutzt, um Bombenabwurfstellen zu markieren. Später wurden sie jedoch auch genutzt, um Flächenbrände in Großstädten, wie Hamburg, Kassel oder Dresden zu entfachen. Aufgrund des weißen Phosphors waren diese Brandbomben früher äußerst gefährlich für die Einsatzkräfte. Hinzu kommt, dass einige dieser Geschosse mit einem so genannten Zerlegezünder versehen wurden, um die Brandbekämpfer gezielt am Löschen zu hindern. Auch heute kann von diesen Brandbomben noch Gefahr ausgehen.Bild: Stabbrandbombe an der Untersuchungsfläche.
Quelle: eigenes Bild.
Der Fund wurde ordnungsgemäß der Polizei gemeldet und von den Kräften des Kampfmittelbeseitigungsdienstes entfernt.
Bild: Polizei an der Untersuchungsfläche.
Quelle: eigenes Bild.
Ergebnisse der archäologischen Untersuchung
Es konnten bei der Untersuchung des Erdwalls im Wald bei Wienhausen keine Nachweise erbracht werden, dass es sich dabei um die Mundburg handelt. Bei der Begehung mit Metalldetektoren, durch die Sondengänger-Gemeinschaft Allertal wurden keine relevanten Objekte für die Mundburg-Theorie gefunden. Auch die geomagnetische Untersuchung durch Dr. Lohwasser lieferte keinen Beleg für eine Burganlage im Wald bei Wienhausen. Die Auswertung der Bilder ergab keine Hinweise auf Bodenstrukturen (Pfostenlöcher etc.).Erstaunlicherweise gibt es im Wald südlich von Lachendorf, also in nur ca. 5 Km Entfernung, einen sehr ähnlichen Ringwall. Auch hier handelt es sich um drei Gräben und drei Erdwälle, die auf den ersten Blick durchaus den Eindruck erwecken einen fortifikatorischen Charakter zu haben.
Quelle: eigenes Bild.
Der Kulturlandschaftsforscher Florian Friedrich brachte möglicherweise die Lösung des Rätsels: es könnte sich bei den Ringwällen bei Wienhausen um eine alte Immenstelle handeln. Immenstellen / Bienenzäune sind ein Forschungsschwerpunkt Friedrichs. Diese umwallten Orte an denen einst Bienenkörbe (Immen = Bienen) aufgestellt wurden, lagen meist außerhalb der Ortschaften und besaßen teilweise derartige Erdwälle. Der Ringwall bei Lachendorf ist laut einer alten Karte ebenfalls als ein solcher Immenwall eingetragen.
Quelle: http://www.cellesche-zeitung.de/S123748
Die Deutung einer Immenstelle ist insofern plausibel, da die gefundenen Ziegelreste von der Überdachung der Bienenkörbe stammen könnten. Im Bomann-Museum in Celle befindet sich eine authentische Rekonstruktion einer solchen Immenstelle mit eben einer derartigen Überdachung aus Ziegeln.
5. Abschließendes Fazit
In dem vorliegenden Aufsatz wurden die bisher zur Mundburg existierenden Theorien vorgestellt und kritisch gewürdigt. Während Meier in seinem Aufsatz zu dem Ergebnis kommt die Mundburg habe bei Müden (Dieckhorst) gestanden, vertritt Meibeyer den Standpunkt die Burg hätte bei Wienhausen ihren Platz gehabt. Existenzielle Grundlage beider Argumentationen ist die urkundliche Aussage die Mundburg habe am Zusammenfluss von Oker und Aller gestanden. Der ursprüngliche Verlauf des Okerflusses ist also elementare Grundlage für die Bestimmung des Standortes.
Sowohl Meier als auch Meibeyer treffen in sich schlüssige Aussagen. Dass der Verlauf der alten Oker darüber hinaus differenziert betrachtet werden muss, konnte im vorliegenden Aufsatz herausgestellt werden. Letztlich sprechen alle geografischen Geländemerkmale dafür, dass die Oker einst zwischen Wienhausen und Bockelskamp in die Aller mündete. Unklar ist weiterhin ab wann die Oker ihren Lauf veränderte und bei Müden in die Aller mündete. Sollte dieses Ereignis vor 993, dem angenommenen Errichtungsjahr der Mundburg, liegen, würde dies bedeuten, die Mundburg hätte tatsächlich bei Müden gestanden[1]. Wäre die Oker erst später, wie Meibeyer annimmt, verlegt worden würde dies zu dem Schluss führen, dass der Standort bei Wienhausen zu suchen ist. Dabei muss allerdings bedacht werden, dass der „Durchstich“ bei Meinersen erst in den Jahren 1879 bis 1881 erfolgte.
Ob aus der Erlaubnis durch Herzog Magnus die Oker, durch bauliche Maßnahmen schiffbar zu machen, auf eine Verlegung des Flussbettes geschlossen werden kann, ist fraglich. Der Flussverlauf vor der Begradigung 1879 bis 1881 lässt sich aus der Kurhannoverschen Landesaufnahme (1780) ablesen. Dieser beinhaltet viele, teils sehr starke Meanderbiegungen der Oker im Verlauf zwischen Meinersen und Müden. Es ist sehr fraglich, ob man diesem kurvenreichen Fluss nachsagen kann er sei künstlich von Menschenhand entstanden. Besonders die mit der starken Meanderbildung verbundenen Untiefen und entstehenden Strudel deuten eher darauf hin, dass es sich um einen natürlichen Flussabschnitt handeln muss. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass die alte Oker sich selbst ein neues Flussbett gesucht hat.
Ebenfalls nicht ausgeschlossen werden kann, dass es über eine gewisse Zeit zwei Okerströme gab. Träfe dies für die Gründungszeit der Mundburg zu, hätte es auch zwei Mündungen in die Aller gegeben die der Beschreibung Thangmars nach für den Standort der Burg infrage kämen. Zumal noch heute im Wald zwischen Wienhausen und Sandlingen ein tiefes, wasserführendes altes Okerflussbett vorhanden ist, scheint diese Vermutung nicht abwegig.
Bei der Annahme, die Mundburg hätte, durch die Lage an einer wichtigen Wasserstraße einen Standortvorteil innegehabt, liegt ein Denkfehler vor. Denn die Gründung der Burg und die Nutzung der Oker als schiffbare Wasserverbindung fallen nicht nur in unterschiedliche Epochen, sondern erfolgten auch aus verschiedenen Motivationen heraus. Zu jener Zeit, als die Okerschifffahrt aufkam, hatte die Mundburg längst ihren ursprünglichen Zweck, nämlich Slawenüberfälle zu vermeiden, verloren. Die Lage der Burg bei Wienhausen wird also nicht dadurch bedingt, dass es sich bei der „Wienhäuser Oker“ eventuell zu dieser Zeit um einen Altarm gehandelt haben könnte, der keine Verbindung mehr zur fließenden Oker bei Seershausen/Meinsersen hatte.
In Müden (Dieckhorst) konnten bislang keine eindeutigen archäologischen Funde gemacht werden. Der bei Wienhausen belegene, in diesem Aufsatz erstmals wissenschaftlich gewürdigte Ringwall, wurde bislang eher stiefmütterlich durch die Landesarchäologie behandelt. Der Beschreibung nach weist die Anlage alle erforderlichen Merkmale auf, die die Hypothese einer Burganlage untermauern würden. Sowohl die Art und Anzahl der Wälle, als auch die größentechnischen Dimensionen des Ringwalls entsprechen denen einer frühmittelalterlichen, fortifikatorischen Burganlage.
Aufgrund der unterschiedlichen Faktoren (alter Okerverlauf bei Wienhausen (evtl. Altarm), günstige Anbindung an Altstraßen, geologische Einflussfaktoren etc.) und aufgrund der Tatsache, dass sich an ebender, durch Thangmar umschriebenen Position, ein sichtbarer Ringwall befindet, ist es sehr wahrscheinlich, dass die Mundburg bei Wienhausen stand.
Der Ringwall wurde im Jahr 2013 durch die Archäologin Dr. Cornelia Lohwasser und Helfer der Sondengänger-Gemeinschaft Allertal untersucht. Dabei konnten keine Auffälligkeiten festgestellt werden, die auf die Mundburg schließen ließen. Sehr wahrscheinlich handelt es sich bei dem Ringwall bei Wienhausen also nicht um eine Burganlage, sondern um eine alte Immenstelle. Diese These wird u.a. vom Kulturlandschaftsforscher Florian Friedrich unterstützt.
In jedem Fall muss weiter gesucht werden, um den genauen Standort vielleicht irgendwann ermitteln zu können. Mit großer Wahrscheinlichkeit muss die Suche im Raum Wienhausen fortgesetzt werden.
Hendrik Altmann
[1] Ausgehend von der Annahme die These des Standortes am Zusammenfluss von Oker und Aller ist korrekt.
Weitere Quellen und Recherchemöglichkeiten:
- Oker Lexikoneintrag (geschichtliche Entwicklung, Chronik, Quellen, Literatur)
- Thomas Hill: die Stadt und ihr Markt
Viele Grüße,
Hendrik
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