Als sich im April 1945 der Zweite Weltkrieg seinem Ende neigte, stießen britische und amerikanische Verbände recht schnell auf Celle vor. Die Stadt wurde am 12. April 1945 durch britische Truppen eingenommen. Als das 15. schottische Aufklärungsregiment entlang der heutigen Bundesstraße 191 in Richtung Eschede vorging, erreichten Teile der Einheiten das einsam liegende Burghorn bei Habighorst. Hier fiel den alliierten Soldaten der 96 Jahre alte Generalfeldmarschall August von Mackensen in die Hände...
Von Mackensen hatte eine steile Karriere als Militär hingelegt. Kurt Tucholsky bezeichnete ihn sogar als "Militärstar". Der Werdegang von Mackensens reichte bis ins Kaiserreich zurück - seine militärischen Fähigkeiten hatten dem deutschen Heer wichtige Siege im Ersten Weltkrieg beschert. Seine Rolle im Dritten Reich ist zwiegespalten.
Bild: August v. Mackensen.
Quelle: n.a.
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Im Ersten Weltkrieg bewies von Mackensen sein militärisches Geschick. Er durchbrach die russische Front, wurde zu einem populären Heerführer und zum Generalfeldmarschall ernannt. Bis zum Ende des Krieges entschied von Mackensen zahlreiche Schlachten siegreich. Bei Kriegsende wurde er dann in Ungarn und Griechenland interniert.
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland schied er aus dem aktiven Militärdienst aus. Als treuer Diener des Kaiserreiches konnte er sich nicht mit der neuen Staatsform der Demokratie anfreunden. Mit dieser Ansicht war von Mackensen in der Weimarer Republik freilich nicht alleine. Die Nationalsozialisten, allen voran Adolf Hitler, erkannten schnell das propagandistische Potential in von Mackensen.
Nach der Machtergreifung 1933 wurde von Mackensen zum preußischen Staatsrat ernannt. 1935 schenkte Adolf Hitler ihm die Domäne Brüssow. Hier lebte von Mackensen fortan mit seiner zweiten Frau Leonie von der Osten. Noch im Februar 1940 verurteilte von Mackensen die Kriegsverbrechen, welche beim Einmarsch der Wehrmacht in Polen geschehen waren. Sein Erkennungsmerkmal war die Uniform des I. Leibhusarenregiments, welche er seit 1911 als Ehrenzeichen auf Lebenszeit tragen durfte.
General Tzschoekell zu Gast...
General Tzschoekell zu Gast...
Bereits im Herbst 1944 hatte H.H. v. Gersdorff-Cunersdorf, der bis 1945 zehn Jahre lang Adjutant von Mackensens gewesen war, erste Schritte zur Evakuierung des einstigen Generalfeldmarschalls unternommen. Die Rote Armee rückte dem Anwesen der von Mackensens in Brüssow immer näher - die aussichtslose Kriegslage sorgte schließlich dafür, dass auch August von Mackensen einer Umsiedlung zustimmte.
Zunächst war ein Gebäude in Achterberg, auf dem Truppenübungsplatz Munster, als neue Unterkunft ausgewählt worden. Dieses wurde dann jedoch von Generalfeldmarschall von Manstein bezogen, sodass eine andere Bleibe gefunden werden musste. Als Ausweichquartier wählte das Generalkommando das Gutshaus in Burghorn aus. Dieses gehörte ursprünglich einem Fabrikbesitzer namens Beisse aus Osnabrück und war zuvor beschlagnahmt worden. Zwischenzeitlich wurde das Haus durch einen Wehrmachtsstab genutzt. Am 1. Februar 1945 gelangte August von Mackensen schließlich mit dem PKW und einem kleinen Gefolge nach Burghorn.
Scheinbar war Burghorn bis dahin für die Alliierten nur von nachmaliger Bedeutung gewesen, denn Karten aus dieser Zeit zeigen den Ort nur wenig detailreich.
Quelle: War Office Map 1945, 1. Edition.
Viele persönliche Dinge mussten bei der Umsiedlung in Brüssow verbleiben - das schmerzte den ehemaligen Generalfeldmarschall sehr. Laut seinem Adjutanten wurde von Mackensen in Burghorn nicht heimisch - er unternahm allerdings ausgiebige Spaziergänge in die nähere Umgebung.
Das Anwesen in Burghorn befand sich abseits der nördlich verlaufenden Bundesstraße und war ohnehin recht einsam gelegen. Es war mit einer Vielzahl französischer Möbel ausgestattet, die ein General zuvor aus Frankreich mitgebracht hatte. Schon bald kamen Freunde und Verwandte und zogen mit in das Haus - viele waren ebenfalls auf der Flucht vor der Roten Armee.
Leonie von der Osten, die zweite Frau des Generalfeldmarschalls, berichtete nach dem Krieg, dass oft Besuch auf das Anwesen in Burghorn kam. Unter den Gästen waren unter anderem der Herzog von Braunschweig, der Landrat Heinichen, General Tzschoeckell aus Celle und General Lichel aus Hannover.
Bereits als britische Verbände auf Celle vorstießen kam der kommandierende General Tzschoekell nochmals auf dem Anwesen in Burghorn vorbei. Als Celle bereits eingenommen war, zog sich die Wehrmacht in nordöstliche Richtung zurück. General Tzschoekell kam ein letztes Mal zu den von Mackensens nach Burghorn und brachte einige "schöne Sachen", wie Leonie v. Mackensen später berichtete, vorbei. Darunter waren auch einige Flaschen Sekt.
Einmarsch der Briten...
Am 13. April 1945 rückte das 15. schottische Aufklärungsregiment von Celle in Richtung Eschede vor. Das "B" Bataillon gelangte ohne Zwischenfälle bis an den Durchfluss des Quarmbaches an der Bundesstraße 191. Als die schottischen Soldaten auf der linken Seite der Straße vorgehen wollten, wurden Sie von einem deutschen Sturmgeschütz beschossen. Erst als die Schotten eine Flankierung von rechts unternahmen, gelangten sie einige Zeit später nach Eschede. Während das 15. schottische Aufklärungsregiment weiter der Bundesstraße folgte, wurde das Anwesen des Generalfeldmarschalls von Mackensen in Burghorn entdeckt.
Leonie v. Mackensen erzählte nach dem Krieg, wie der Einmarsch vonstatten ging. Zunächst durchsuchten die britischen/schottischen Soldaten das Gebäude nach Waffen und Munition. Wenig später veranlassten sie den 96 jährigen August von Mackensen eine Petition an Adolf Hitler zu schicken - das Blutvergießen sollte aufhören. Leonie v. Mackensen erinnerte sich, dass ihr Mann in dieser Aktion keinen Sinn sah, zumal niemand von ihnen annahm die Petition könnte Hitler zur Aufgabe bewegen. Nachdem sie dennoch unterzeichnet war trugen sich die britischen Offiziere noch höflich ins Gästebuch ein.
Von Mackensens Adjutant H.H. v. Gersdorff-Cunersdorf erinnerte sich später, dass der Einmarsch nicht so reibungslos verlief. So wussten die Briten / Schotten scheinbar nicht sofort mit wem sie es hier zu tun hatten. Bei der Hausdurchsuchung verschwanden eine Nachtuhr, eine Schreibmaschine, ein Füllfederhalter und weitere persönliche Gegenstände des Generalfeldmarschalls. Erst später wurden diese teilweise auf Bitten von Gersdorff-Cunersdorfs zurückgegeben. Von Mackensen legte für die Tage nach dem Einmarsch die Uniform ab und trug Zivil. Der Niedergang des Dritten Reiches schien ihm sehr zu schaffen zu machen, so von Gersdorff-Cunersdorf später.
In den ersten Tagen nach Kriegsende kam es immer wieder zu Plünderungen und Übergriffen durch umherstreifende Fremdarbeiter. Besonders russische Zivilgefangene waren es, die wiederholt über die Gegend herfielen und sich an vielen Dingen bedienten. Später wurde eine Wache aus alliierten Soldaten für das Anwesen in Burghorn abgestellt.
Am 8. November 1945 um 14:55 Uhr starb August von Mackensen in Burghorn. Die Beisetzung fand am 12. November auf dem Celler Stadtfriedhof statt. Obwohl die Post- und Bahnverbindungen zu dieser Zeit aufgrund der Kriegsauswirkungen äußerst schlecht waren, kamen zahlreiche Trauergäste. Die alliierten Besatzungstruppen verboten allerdings eine Beisetzung unter militärischen Ehren.
Leonie von Mackensen blieb noch bis in den Februar 1946 auf dem Anwesen in Burghorn wohnen. Später wurde ihr eine Wohnung bei Hoppes in Wienhausen zugewiesen.
Das Anwesen heute...
Wenig erinnert noch an jene Tage von einst. Burghorn ist inzwischen zu einem kleinen Ort geworden - einige Ein- und Mehrfamilienhäuser sowie Bauernhöfe haben sich angesiedelt. Das Anwesen, in welchem einst der Generalfeldmarschall unterkam, steht noch und auch das umliegende Gelände hat sich erhalten.
Quelle: Google Earth.
Etwas zurückgesetzt von der schmalen asphaltierten Straße liegt das rot gestrichene Gebäude hinter Wachholdersträuchern und meterhohen Rhododendren verborgen. Über die Geschichte des Hauses nach dem Krieg ist wenig bekannt.
Quelle: H. Altmann.
Quelle: H. Altmann.
In einem Interview mit der Heimatforscherin Hannah Fueß am 18. August 1949 spekulierte Leonie von Mackensen, dass der Osnabrücker Fabrikbesitzer Beisse möglicherweise Geld anlegen wollte, als er das Anwesen in Burghorn bauen ließ. Während Burghorn heute mit dem Auto relativ gut erreichbar ist, lag es einst sicherlich recht fern ab.
August von Mackensen hatte sich bereits im Kaiserreich zu einer herausragenden Person des öffentlichen Lebens entwickelt. Durch zahlreiche siegreiche Schlachten im Ersten Welt erlangte er Ruhm und Ansehen. Sein Verhältnis zum Nationalsozialismus war sicher nicht eindeutig. Mit Adolf Hitler verband er zunächst zumindest eine tiefe Verbundenheit.
Die Totenkopfverbände der Waffen-SS beriefen sich traditionsgemäß auf das Motto bis zum Letzten zu kämpfen - der Totenkopf stand dabei seit jeher für den Grundsatz "Pardon wird nicht gegeben!" Der Feind konnte sich somit selbst bei einer Gefangennahme seines Lebens nicht sicher sein. Auch die Leibhusarenuniform, welche August von Mackensen bis zu seinem Tod trug, beinhaltete den Totenkopf als sichtbares Mützenzeichen. Doch die Welt hatte sich nach der aktiven Dienstzeit Mackensens verändert. Militärische Traditionen waren vielfach der totalen Vernichtung um jeden Preis gewichen. Es ist an dieser Stelle fraglich, wie von Mackensen über diese Entwicklung geurteilt haben mag. Dies wird sich aus heutiger Sich kaum noch klären lassen.
Hendrik Altmann