f Einmarsch der Amerikaner in den Raum Celle - Teil 1 ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Montag, 21. September 2015

Einmarsch der Amerikaner in den Raum Celle - Teil 1



Als die ersten US Soldaten im April 1945 in den Raum Celle kamen war der Zweite Weltkrieg bereits entschieden. Trotzdem wurde noch erbittert gekämpft und vielerorts starben noch Menschen. In diesem und den folgenden Beiträgen wird der Vormarsch der Amerikaner geschildert. Im ersten Teil steht dabei der 12. April 1945 im Fokus. 


Oft hört oder liest man, dass der Krieg bei uns mit dem Einmarsch der Briten bzw. der Amerikaner endete. Wenn es aber darum geht aus welcher Richtung die alliierten Truppen früher kamen oder wo noch gekämpft wurde, zeigt sich wie wenig vom Kriegsende heute noch bekannt ist. In meinem Buch (Die letzten Kriegstage) habe ich diese Zeit aus verschiedenen Perspektiven untersucht. Gerne möchte ich auch hier im Blog einige Ergebnisse meiner Recherchen vorstellen, die umfasend im Buch verarbeitet wurden. 

So viel vorab: das Buch ist für 31,50€ per E-Mail bestellbar (found-places@live.de) oder bei Edeka-Müller in Wienhausen erhältlich. Ich habe viel Zeit und Arbeit in das Buch investiert. Zudem sind zahlreiche bislang unverarbeitete Quellen (z.B. Militärberichte aus US Archiven) verarbeitet worden. Daher ist das Buch zwar kein Schnäppchen, aber ein qualitativ hochwertiges (Farbe, Hartcover) Werk, welches das Kriegsende in der Region anschaulich darstellt. 

Aber genug der Werbung. Was geschah am 12. April 1945? 

Bild: Vormarsch des 334. US Infanterie Regiments im April 1945. 
Quelle: After Action Report 334. Infanterie Regiment. 


Auf amerikanischer Seite war es im Wesentlichen die 84. US Infanterie Division, die sich ab dem 12. April im Gebiet des Landkreises Celle befand. Dieser Division waren neben ihren Infanterieregimentern diverse Panzerbataillone zugeteilt. Sie hatte bereits an zahlreichen Einsätzen an der Westfront teilgenommen - unter anderem an der Adrennenschlacht. Als die US Soldaten in den Raum Celle kamen, waren sie bereits auf viele Gegebenheiten des Krieges eingestellt. 

In den Zeitschriften des Militärs - den sogenannten "Bulletins" wurde den Soldaten Nützliches über den deutschen Gegner vermittelt. Unter anderem wurden die unterschiedlichen Uniformen des Feindes gezeigt, damit die eigenen Soldaten diese im Kampf besser zuordnen konnten. 

Bild: Uniformen der deutschen Armee. 
Quelle: US Military Bulletin April 1945. 


Die US-Army war im Grunde beim Eintreffen im Raum Celle bestens über die zu erwartende Feindstärke, Aufstellung des Gegners und seine Waffen informiert. Dennoch fürchteten die US Truppen vor allem Widerstands- und Untergrundkämpfer, die nach dem Einmarsch den eigenen Nachschub gefährden könnten. Weiterhin wollte man seitens des US Militärs keinesfalls in deutsche Hinterhalte oder Fallen geraten. Der Krieg war im Grunde entschieden - nun galt es die Verluste möglichst zu begrenzen und keine unnötigen Opfer zu bringen. 

Nicht zuletzt waren die US Truppen auf die Unterstützung durch deutsche Zivilisten angewiesen, um sich vor Ort einen Überblick über die gegnerischen Kräfte zu verschaffen. Im Raum Celle erwartete die US-Army ein vorhersehbares Ziel - die Überquerung der Aller und diverser Nebenflüsse. Dieser Herausforderung galt verstärke Aufmerksamkeit, zumal die Strategie der US Truppen in einem schnellen Vormarsch an die Elbe bestand. Verzögerungen sollten unter allen Umständen vermieden werden. 

So fand folgende Meldung am 12. April 1945 Eingang in den Divisionsbericht der 84. Infanteriedivision. Diese war aus Hannover abgerückt und stand bereits in Burgdorf. 

Bild: Auszug aus einem Verhörbericht der 84. Infanteriedivision. 
Quelle: Divisionsbericht 84. Infanteriedivision vom 12.04.1945. 


Die Aussage des Zivilisten belegt, dass die verfügbaren Brücken im Raum Celle geplant zur Sprengung freigegeben worden sein müssen. Es war somit keine Initiative des Volkssturmes die Brücken zu zerstören, sondern durch entsprechende militärische Befehle vorgesehen. An vielen Stellen, so auch in Müden und Altencelle, wurden die Brücken mit eingesammelten Fliegerbomben der Alliierten vermint. Möglicherweise sollten so die Reserven an deutschen Sprengmitteln geschont werden oder es waren einfach nicht mehr ausreichende Sprengmittel vorhanden. 

Am 12. April 1945 gegen 7:00 Uhr verzeichnet der After Action Report der 84. US Inf. Div. den Auszug der Truppen aus Groß Burgwedel. Im Forst Brand (zwischen Hänigsen, Nienhagen und Wathlingen) wurde eine große Ölproduktion eingenommen. Bei Hänigsen wurde weiterhin ein großes Munitionsdepot durch die US Verbände vereinnahmt. es handelte sich dabei um Teile der Heeresmunitionsanstalt "Waldlager". Weitere Informationen dazu ebenfalls im Buch

Bild: Auszug aus dem After Action Bericht der 84. Inf. Div. 
Quelle: After Action Bericht der 84. Inf. Div. vom 12.04.1945. 


Derweil rückten Teile des 325. Field Artillery Regiments über Nienhagen vor. Sie erreichten am Abend eine Stelle südlich von Bockelskamp - etwa in Höhe der Ziegelei. 


Bild: Auszug aus dem After Action Bericht des 325. FA. 
Quelle: After Action Bericht des 325. FA vom 12.04.1945. 


Die US Truppen gingen innerhalb der Orte äußerst vorsichtig vor. Obgleich in diesen Tagen fast ein Wettrennen zur Elbe einsetzte und es nur wenige Tage dauern sollte, bis die Spitzen der US Army an dieser stehen sollten, mussten Verluste um jeden Preis begrenzt werden. Eine Grafik im Intellegence Bulletin des Monats Februar verdeutlichte die befürchteten Hinterhaltstaktiken der deutschen Wehrmacht. 

Bild: Deutsche Hinterhalte. 
Quelle: Intellegence Bulletin US Army, Februar 1945. 


Das 1. Bat. des 334. US Inf. Reg. ging am Vormittag des 12. April auf den Ort Wathlingen vor. Gegen 10:45 traf es auf eine deutsche Straßensperre, welche sich in etwa in Höhe der Wathlinger Kolonie befunden haben müsste. Ein US Panzer wurde getroffen und brannte aus. Der entsprechende After Action Report gibt Aufschluss darüber. 


Bild: Auszug aus dem After Action Bericht des 334. US Inf. Reg. 
Quelle: After Action Bericht des 334. US Inf. Reg.


Diverse Quellen berichten von einem deutschen Gegenangriff. Sollte es einen solchen gegeben haben, bestand dieser vermutlich nur aus leichter Artillerie und Maschinengewehren. Eine ausgebaute deutsche Verteidigung war nicht installiert worden - die Masse der Wehrmacht war bereits in den vorherigen Tagen über die Fuhse in Richtung Eicklingen / Lachendorf abgerückt. 

Bild: Situation am 12. April südlich von Wathlingen. 
Quelle: Google Earth / War Office Map 1945 / Archiv Altmann. 


Westlich von Wathlingen - aus Richtung Papenhorst - rückten Teile des 333. US Inf. Reg. heran. Die Amerikaner wurden allerdings durch Mörserbeschuss zunächst gestoppt. 

Bild: Auszug aus dem After Action Bericht des 333. US Inf. Reg. 
Quelle: After Action Bericht des 333. US Inf. Reg.


Woher der Beschuss kam ist bislang nicht ganz klar. Vermutlich war ein deutsches Mörserteam am westlichen Ortsrand von Wathlingen eingesetzt. 


Bild: Mörserteam der Wehrmacht im Einsatz. 
Quelle: German Military Forces, US Army 1945.


Die Mehrzahl der deutschen Verbände hatten sich am 12. April bereits über die Fuhse und die Aller in nordöstliche Richtung abgesetzt. Die Fuhsebrücke in Richtung Eicklingen, etwa in Höhe des Wathlinger Gutes, war gesprengt worden. Für die anrückenden US Truppen stellte dies allerdings kein wirkliches Hindernis dar. Aus dem Ort wurde schnell Material herbeigeschafft und die Brücke notdürftig wieder instand gesetzt. 

Bild: Auszug aus dem After Action Bericht des 334. US Inf. Reg. 
Quelle: After Action Bericht des 334. US Inf. Reg.


Die Fuhse war somit überwunden. Bald darauf erreichten die US Truppen den Ort Eicklingen und wenig später auch Sandlingen und Langlingen. Dazu mehr im Teil 2.