f Der Harkeknecht unter der Allerbrücke ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Mittwoch, 16. September 2015

Der Harkeknecht unter der Allerbrücke


Unter der Allerbrücke bei Schwachhausen lebt angeblich der Harkeknecht. Was hat es mit dieser Legende auf sich? 

Die Allerbrücke in Schwachhausen kennen sicher viele. Momentan wird sie aufgrund der Straßensperrung in Richtung Langlingen besonders stark genutzt. Die Brücke überlebte den  Zweiten Weltkrieg unbeschadet und ist ein markantes Wahrzeichen für den kleinen Ort. 

Nur wenigen dürfte allerdings eine der Legenden um die Allerbrücke bekannt sein. Die Älteren erzählten sie noch - den Jüngeren dürfte die Geschichte fremd sein. 

Bild: Allerbrücke in Schwachhausen heute. 
Quelle: H. Altmann. 


Es war ein sonniger Tag als ein Mädchen aus Schwachhausen alleine über die Brücke schlenderte. An einer Hand trug sie einen schönen Fingerring. Im Gehen ließ sie die Hand über das Geländer gleiten - der Ring klackerte über die Längsstreben des stählernen Brückengeländers. Mit einem Mal war der Ring verschwunden. 

Zuhause angekommen berichtete das Mädchen ihrer Großmutter von dem Vorfall. Diese hatte sogleich eine Erklärung für das Verschwinden des Rings parat: der Harkeknecht hat den Ring geholt. 

Der Harkeknecht soll im Mittelpfeiler der alten Brücke hausen. Wenn er es schafft soll er sich angeblich Dinge von der Brücke holen, die er mit in die Tiefe nimmt und die er niemals wieder herausgibt. 

Bild: Bau der Allerbrücke in Schwachhausen im Sommer 1931. 
Quelle: H. Altmann. 


Die Allerbrücke in Schwachhausen wurde Anfang der Dreißiger Jahre errichtet. Schwere Maschinen und Kräne kamen bei den Baumaßnahmen zum Einsatz. Die Stahlträger wurden mit der Bahn zum Offeneres Bahnhof transportiert und von dort auf Pferdefuhrwerken zur Baustelle nach Schwachhausen gebracht. 

Schon von Alters her gibt es eine Allerbrücke in Schwachhausen. So ist hier bereits auf der Kurhannoverschen Landesaufnahme aus dem Jahr 1780 eine Brücke eingezeichnet. Angeblich sollen hier auch französische Truppen den Fluss während des Siebenjährigen Krieges überquert haben. Die Geschichte der Allerbrücke reicht aber noch viel weiter zurück - bereits im Mittelalter dürfte hier eine Flussquerung existiert haben, die von Händlern genutzt wurde, welche auf dem Celler Markt ihre Waren anbieten wollten. 

Bild: Alte Allerbrücke in Schwachhausen vor 1931. 
Quelle: H. Altmann. 


Im Jahr 1931 wurde die frühere Holzbrücke schließlich durch eine solide Stahlkonstruktion ersetzt, die auch den Zweiten Weltkrieg überstand und bis heute existiert. Es handelt sich bei der Schwachhäuser Allerbrücke also um einen sehr geschichtsträchtigen Ort, der sowohl Höhen als auch Tiefen erlebt haben muss. 

Hinweise was es mit dem Harkeknecht auf sich haben könnte, finden sich jedoch wenige. Es scheint eine Legende zu sein, die vermutlich nicht viel älter ist als die jetzige Allerbrücke. Die Bezeichnung "Harkeknecht" bezieht sich dabei wohl auf das Bild der Knechte und Mägde während der Heu- und Strohernte - also ein gängiges und gut vorstellbares Bild. 

Bild: Magd und Knecht in traditioneller Tracht zur Heuernte. 
Quelle: Archiv H. Altmann. 


Die Knechte trugen einst lange Sensen und Harken mit großen langen Zinken, um Heu zu Mähen. Sicherlich würde sich eine solche Harke auch bestens eignen, um Ringe von Finger zu stibitzen... 

Aber die Legende ist auch für andere Orte überliefert. Der sogenannte "Hakemann" war früher scheinbar ein Wesen, das in ganz Niedersachsen sein Unwesen trieb. So ist diese Geschichte bereits um 1855 in einer bekannten Märchen-Sammlung überliefert. Der "Hakemann" soll der Sage nach unvorsichtige Kinder ins Tiefe Wasser gezogen haben...

Bild: Der Hakemann. 
Quelle: Sagen und Märchen - aus dem Munde des Volkes gesammelt, G. Schambach, W. Müller, Göttingen 1855. 




Der Hintergrund der Legende ist sicherlich recht einfach. Die Aller war früher ein gefährlicher Strom. Aufgrund der vielen Mäander und Biegungen gab es zahlreiche Strudel - sogenannte "Drehkuhlen". Diese konnten ziemlich tief werden (vermutlich über 10m). Geriet man in solche Strudel gab es kaum ein Entrinnen. Im Bereich der Allerbrücke ist das Baden noch heute gefährlich, obwohl der Fluss längst durch einige Begradigungen gezähmt wurde. Hier stehen immer noch die alten Eichenpfeiler kurz untere er Wasseroberfläche, die einst die alte Allerbrücke und deren Eisbrecher trugen. 

Es liegt auf der Hand, dass die alten Leute im Ort Kinder davon abhalten wollten den Fluss zu unterschätzen und darin baden zu gehen. Ein Ungeheuer unter der Brücke scheint doch bestens geeignet um genau dies zu erreichen. 


H. Altmann