f Barbaren, Raubgräber und das, worüber Medien nicht berichten ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Freitag, 21. Februar 2014

Barbaren, Raubgräber und das, worüber Medien nicht berichten

Wie ein Komet schlug die Nachricht vom Schatzfund in der Südpfalz ein. Der Finder, ein Sondengänger, hatte in einem Waldgebiet bei Rülzheim einen einzigartigen Fund gemacht. Unter den gefundenen Objekten waren u.a. silberne Trinkschalen, goldene Schmuckstücke und Figuren. Zumal die Objekte in die Zeit der Völkerwanderung datieren, war schnell der Name „Barbarenschatz“ geboren. 


Insgesamt geht sein Wert vermutlich in die Hunderttausende. Jedoch beging der Finder einen folgenschweren Fehler. Da er den Schatz eigenmächtig dem Boden entriss, können Experten nun kaum Schlussfolgerungen zu den Fundumständen und den Hintergründen der gefunden Objekte machen. Hinzu kommt, dass der Sondengänger über keine Suchgenehmigung verfügte und die Stücke wohl erst nach einer Hausdurchsuchung an die Landesarchäologen übergab.

In den vergangenen Tagen konnte kaum ein Presseportal von der Geschichte des „Barbarenschatzes“ die Finger lassen – auch weil fachkundige Archäologen seine herausragende Bedeutung immer wieder betonten. Gebetsmühlenartig wird in den Medienberichten immer wieder betont, dass es sich beim Finder um einen „Raubgräber“ handelt. Der Begriff ist so selbsterklärend, dass er keiner Definition bedarf und dennoch könnte man den vorliegenden Fall als eine solche ansehen. Wer ungenehmigt (illegal) nach Bodendenkmälern sucht, Gegenstände birgt, mitnimmt und den Behörden vorenthält – das ist ein Raubgräber. Verständlich, dass für Archäologen der Raubgräber vergleichbar mit einem modernen Räuber Hotzenplotz daherkommt, nur, dass er statt zwei rauchenden Pistolen nun einen hochsensiblen Metalldetektor bei sich trägt.

In den gängigen Foren des Internets ist man bereits jetzt alarmiert. Nachdem die breite Medienlandschaft das Thema aufgegriffen hat, fürchten viele demnächst strengere Regeln und Kontrollen. Nicht unbegründet, denn in einem Interview des Deutschlandfunks wurden bereits Spaziergänger implizit dazu angehalten Sondengänger auf deren Suchgenehmigung anzusprechen.

Aber ist jeder Sondengänger ein Hotzenplotz? Der Finder des Barbarenschatzes meldete sich in einem Onlineforum bereits persönlich zu Wort. In der Sondengänger-Szene ist er nicht unbekannt, da er in der Vergangenheit mehrfach Videos ins Netz stellte, die seine Schatzsuchen auf Feldern, Wiesen und in Wäldern dokumentieren. Aus seinen Äußerungen geht unter anderem aber auch hervor, er werde niemals mit Archäologen und / oder Denkmalbehörden zusammenarbeiten. Letztlich schwanken in der Szene  daher die Meinungen zwischen Bewunderung, des tollen Fundes wegen und offener Kritik am Verhalten des Suchers. Viele sind der Ansicht der Finder habe mit seinem Verhalten nicht nur dazu beigetragen kulturelles Erbe zu zerstören, sondern er habe die Archäologen und Denkmalbehörden auch bewusst provoziert und somit den Ruf vieler Sondengänger nachhaltig geschädigt.

Bild: Metalldetektor im Einsatz. 
Quelle: H. Altmann
Dabei können es sich Archäologen und Denkmalbehörden heutzutage eigentlich gar nicht mehr erlauben auf die Unterstützung ehrenamtlicher Sondengänger zu verzichten. Deutschlandweit gibt es zahllose Sucher, die die Regionalarchäologie unterstützen und ihre Funde melden. Sie leisten freiwillig einen wichtigen Beitrag, zumal es den Denkmalbehörden an Mitteln und Kapazitäten fehlt. 

Voraussetzung für die Zusammenarbeit ist jedoch eine Suchgenehmigung, welche nach den meisten Landesdenkmalschutzgesetzen beantragt werden kann. In Bundesländern wie Niedersachsen und Schleswig Holstein ist es möglich Kurse beim Landesamt für Denkmalpflege zu besuchen und dann die nötige Genehmigung zu beantragen.

Problematisch sind die, bundesweit nicht einheitlichen Denkmalschutzgesetze und ihre Umsetzung auf der unteren Verwaltungsebene. So gibt es Bundesländer, wie Bayern, die gar keine Genehmigungen vorsehen und andere Bundesländer in denen es zwar vom Gesetz her die Möglichkeit gäbe einen Antrag zu stellen, dieser jedoch faktisch keine Chance auf Erfolg hat. Diese Unstimmigkeiten führen dazu, dass viele Sondengänger gänzlich auf die Beantragung einer Genehmigung verzichten und automatisch unter die Definition eines Raubgräbers fallen, wenn sie ihrer Beschäftigung nachgehen.

Die Situation ist daher differenziert zu betrachten und viele Medien machen es sich sehr einfach, wenn sie von Raubgräbern sprechen und diese in einem Absatz mit Grabräubern in Ägypten, Libyen und Syrien nennen. Ganz sicher zeigt der Fall des „Barbarenschatzes“, dass sich ein unbelehrbarer Sucher rücksichtslos verhalten hat. Dies darf jedoch nicht dazu führen, dass Sondengänger allgemein verteufelt werden. Für eine Verbesserung der Lage wäre es notwendig die gesetzlichen Vorschriften bundesweit anzupassen und darin ein festes Genehmigungsverfahren zu integrieren. Das schafft Rechtssicherheit bei denjenigen, die aus geschichtlichem Interesse heraus aktiv die Arbeit von Archäologen und Denkmalbehörden unterstützen wollen. Die Motivation derjenigen zu bestrafen, die freiwillig einen positiven Beitrag für Wissenschaft und Forschung leisten, scheint sachlich jedenfalls falsch und verfassungsmäßig fragwürdig.

Raubgräber hat es zu jeder Zeit gegeben. Die Unbelehrbaren, welche sich aus persönlichen Gründen gegen eine Zusammenarbeit mit Archäologen und Denkmalbehörden sperren, wird es auch weiterhin geben. Genauso wie sich Bankräuber nicht an Gesetze halten, gibt es auch in der Szene der Sondengänger immer wieder die berühmten schwarzen Schafe. Jedoch ist ein Metalldetektor, wie auch eine Schaufel, lediglich ein technisches Hilfsmittel. Dieses gehört nicht in die Hände eines Hotzenplotz, sondern in die eines verantwortungsbewussten, genehmigten Sondengängers, der mit Archäologen und Denkmalbehörden zusammenarbeitet und die von ihm gemachten Funde meldet.


Hendrik Altmann









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