f Pfingstbräuche in der Heide ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Samstag, 30. Mai 2020

Pfingstbräuche in der Heide


Das traditionelle Dorfleben ist vielerorts auf dem Rückzug. Nur in kleinen Dörfern haben die alten Bräuche die Zeit teilweise überdauert. So kann es beispielsweise empfehlenswert sein, am Sonnabend vor Pfingstsonntag eine Flasche guten Schnaps an den Gartenzaun zu hängen... 

Weihnachten, Ostern, Christi Himmelfahrt - die Hintergründe dieser Feiertage sind landläufig bekannt. Mit der traditionellen Einordnung von Pfingsten tun sich viele da schon deutlich schwerer. Im Internet finden sich selbstverständlich Erklärungshilfen - so lässt sich leicht herausfinden, dass der christliche Hintergrund von Pfingsten in der Aussendung des heiligen Geistes besteht. Es gibt jedoch eine Vielzahl regionaler Pfingstbräuche, die hiervon abwichen - auch im Raum Celle. Wie wurde das Pfingstfest also früher in der Heide begangen? 

Das Brauchtum des Pfingstfestes in der Lüneburger Heide war stark mit der einstigen Landschaft und deren Nutzung verbunden. So war es Tradition, dass der Hirtenknabe, der am Pfingstmorgen am längsten geschlafen hatte, als sogenannter "Pings-Bötel" ausstaffiert wurde. Man hängte ihm Kränze aus frischem Grün und Blumen um und fuhr oder trug ihn von Tür zu Tür. Wurde die jeweils Tür geöffnet, stimmte die Menge ein Lied auf den "Pings-Bötel" an. 

Bild: Lied auf den Pings-Bötel. Quelle: Kück, Das alte Bauernleben in der Lüneburger Heide, 1906, S. 39. 

Unter den Knaben entstand daraufhin die Tradition des Frühaufstehens an Pfingsten, denn keiner wollte derjenige sein, der am Feiertag als "Pings-Bötel" auserkoren wurde. 

In der Heidegegend stand seit jeher das Einsammeln von Gaben für einen gemeinsamen Schmaus im Vordergrund. Dieser Brauch scheint eng mit den traditionellen Mai-Bräuchen in Verbindung zu stehen. In dieser Jahreszeit zeigte die Natur wieder neue Kraft - das Vieh konnte auf die Weiden getrieben werden. 

Mancherorts wurden die Kühe desjenigen Hirten, der zuletzt sein Heimatdorf erreichte mit Kränzen geschmückt (z.B. Halvesbostel, Kirchspiel Hollenstedt). Andernorts wurde die Kuh, die sich am Pfingstmorgen zuletzt erhob, mit einem Kranz geschmückt. 

In der Südheide bestand lange die Tradition des sogenannten Pfingstochsens. Dieser wurde mit frischem Laub geschmückt und Pfingst-Sonnabend durch den Ort zum Schlachter getrieben. Auch hier stand offenbar das gemeinsame Fest und der gemeinschaftliche Schmaus im Vordergrund. Noch 1884 wurde ein solcher Pfingstochse durch das Nordtor der Stadt Celle getrieben - doch bereits zu diesem Zeitpunkt fand die Bevölkerung nur noch wenig Freude an dem alten Brauch (Dehning, Volkssitte in der Lüneburger Heide, in: Lüneburger Heimatbuch, Bd. II, 1914, S. 382). 

Anlässlich des Pfingstfestes waren mancherorts auch Spiele beliebt. Diese Tradition rührt möglicherweise aus dem traditionellen Frühaufstehen der Hirtenknaben. 

Bild: Spiele am Pfingstfest. Quelle: Dehning, Volkssitte in der Lüneburger Heide, in: Lüneburger Heimatbuch, Bd. II, 1914, S. 382. 

In einigen Dörfern im Raum Celle ist bis heute eine vergleichbare Tradition erhalten geblieben. In der Nacht zum Pfingstsonntag hängen die Dorfbewohner Lebensmittel (Eier, Speck, Brot, Bier, etc.) an die Hofeinfahrt, die Türe oder den Gartenzaun. Die jungen Leute des Dorfes sammeln die Nahrungsmittel des Nächtens ein und verabreden sich zu einem gemeinsamen Schmaus in den frühen Morgenstunden. 

Dort, wo jemand es versäumt hat, entsprechende Güter zu stiften, werden traditionell allerlei Streiche gespielt. Vor diesem Hintergrund musste schon so manche Gartenbank von ihrem Eigentümer vom Dach eines Bushäuschens herab geholt werden. 

Insgesamt kann festgehalten werden, dass es nur noch wenige Ortschaften gibt in denen solche Bräuche gepflegt werden. Einen deutlichen Rückgang erlebten die Pfingstbräuche ab der Mitte des 19. Jahrhunderts. Im Rahmen der Verkoppelung und der damit verbundenen Aufteilung der Gemeinheiten wurden die zur gemeinschaftlichen Beweidung genutzten Heideflächen auf die örtlichen Höfe aufgeteilt. Das dörfliche Vieh wurde fortan nicht mehr insgesamt vom Dorfhirten zur gemeinschaftlichen Weide geführt, sondern einzeln von jedem Bauern. 

Mit dem Rückgang der gemeinschaftlichen Weide verschwand allmählich auch die gemeinschaftliche Tradition. Das Pfingstfest, das lokal ursprünglich eng mit der Weide-Tradition verknüpft war, verlor somit ebenfalls an Bedeutung. 

Es ist schön und wichtig, dass in heutiger Zeit diese historisch gewachsenen Traditionen noch nicht vollständig in Vergessenheit geraten sind. In einigen Dörfern empfiehlt es sich daher auch heute noch zum Pfingstsonntag eine Flasche guten Schnaps an den Gartenzaun zu hängen. 

H. Altmann




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