f Die falschen Funktürme bei Eicklingen ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Donnerstag, 2. Juli 2015

Die falschen Funktürme bei Eicklingen



Auf der Höhe des Zweiten Weltkriegs nutzen die Alliierten alle verfügbaren Mittel, um das Dritte Reich in die Knie zu zwingen. Die Briten hatten durch die Zerstörung der Heeresversuchsanstalt Peenemünde bewiesen, wie wirkungsvoll die Luftaufklärung eingesetzt werden konnte. So wurden spezielle Maschinen mit Kameras ausgerüstet und überflogen fast jeden Winkel Deutschlands. Amerikaner und Briten fotografierten auf diese Weise etliche Einrichtungen der Wehrmacht, rüstungswichtige Betriebe, Städte, Straßen und alles sonst, was für anschließende Bombardierungen relevant sein konnte. Die Briten schufen eine spezielle Einheit, welche sich ausschließlich mit der Auswertung dieser Luftbilder befasste. 

Den Bodentruppen kamen diese Erkenntnisse später zugute. Die Im Raum Celle aufgenommenen Bilder stammen unter anderem vom 9. April - also wurden sie nur zwei bis drei Tage vor dem Einmarsch aufgenommen. 

Die Erkenntnisse, welche aus den Luftbildern gewonnen werden konnten, wurden in topografische Karten übernommen. So verfügten die Briten über deutsche topografische Karten, welche auf den Messtischblättern der Jahre 1933-1937 beruhten. Diese Karten im Massstab 1:25.000 wurden nun um Objekte ergänzt, welche auf den Luftbildern identifiziert worden waren. 

So zeigt das entsprechende Kartenblatt Bröckel eine ungewöhnliche Ansammlung von eingezeichneten Objekten westlich von Eicklingen. 

Bild: Objekte östlich von Eicklingen. Quelle: War Office Map 1945. 


Die Objekte sind als schwarze Punkte mit einem nach oben gerichteten Blitz eingezeichnet. In der Legende sind sie als "W/T Station - Tower over 200 feet" (Funkstation) verzeichnet. 

Bild: Kartenlegende: Funkstation. Quelle: War Office Map 1945. 


In den deutschen Kartenwerken waren derartige Funktürme und Funkstellen ähnlich verzeichnet. So ist in der Kartenfibel aus dem Jahr 1941 eine identische Symbolik enthalten.  

Bild: Funktürme in den deutschen Karten Quelle: Kartenfibel 1941, D. Luft. 


Aber hat es derartige Funkmasten bzw. Funkstationen je bei Eicklingen gegeben? Zunächst sei nochmals auf die Lage der angeblichen Funktürme hingewiesen. Durch Einbindung der britischen Karte in ein aktuelles Satellitenbild lässt sich feststellen, dass die vermeintlichen Funktürme südlich der heutigen Siedlung Schepelse und östlich von Eicklingen verzeichnet sind. Die Siedlung Schepelse gab es einst noch nicht. 

Bild: mutmaßliche Funktürme östlich von Eicklingen. Quelle: War Office map 1945 / Google Earth. 


Tatsächlich ist der alliierten Luftaufklärung wohl ein kleines Missgeschick unterlaufen. In Eicklingen gab es nie eine derartige Funkstation oder entsprechende Funktürme. Vielmehr haben die Alliierten die Bohrtürme des Eicklinger und Sandlinger Erdölfeldes mit Funkmasten verwechselt. 

Im Raum der heutigen Samtgemeinde gab es verschiedene Erdölbohrungen. In einem anderen Beitrag wurden bereits solche Bohrungen behandelt, die sich auf dem Gebiet der Gemeinde Wienhausen befunden haben (siehe: Erdölbohrungen Wienhausen). Im Feld Eicklingen wurden etwa 45 Bohrungen abgeteuft, von denen rund 35% fündig wurden. 

Die erste fand im Jahr 1935 statt und wurde von der Haniel&Lueg gebohrt und wies eine Tiefe von 750m auf. Noch lange über das Kriegsende hinaus wurde das Ölfeld Eicklingen betrieben. Die ertragreichste Bohrung war das Loch Nummer 12, welches eine Gesamtmenge von ca. 150.000L Öl zutage brachte. 

Noch im Jahr 1986 wurden im Eicklinger Feld etwa 2.500 Tonnen Erdöl gefördert. Zum Ende der 80er Jahre waren die meisten Bohrlöcher aber bereits verfüllt, da sie im Vergleich zu anderen Bohrungen zu wenig ertragreich waren. 

Eine Karte des Landesamtes für Bergbau zeigt die Standorte der einstigen Bohrungen an. 

Bild: Erdölbohrungen östlich von Eicklingen. Quelle: LBEG, Bibis Kartenserver. 


Vergleicht man die Standorte der Bohrtürme mit denen der mutmaßlichen Funktürme, wird schnell klar, dass es hier zu einer Verwechslung gekommen sein muss. Eine mögliche Erklärung für diesen Fehler der alliierten Luftaufklärung wäre die schlechte Qualität der Luftbilder. 

Noch heute sind die einstigen Bohrstellen auf Satellitenbildern als Bodenverfärbungen erkennbar. 

Bild: Bohrstellen östlich von Eicklingen. Quelle: Google Earth. 


Vom Boden aus ist jedoch nichts mehr von den Bohrstellen zu sehen. Dort wo einst mehrere hundert Tonnen Erdöl aus der Tiefe gepumpt wurden, befinden sich heute landwirtschaftliche Nutzflächen. 

Bild: einstige Bohrstellen östlich von Eicklingen. Quelle: Hendrik Altmann.


Hier standen einst mehrere Bohrtürme. Im Hintergrund ist der östliche Ortseingang von Eicklingen zu sehen. 


Bild: einstige Bohrstellen östlich von Eicklingen. Quelle: Hendrik Altmann.


Herausragende militärische Bedeutung wurde den "Funkanlagen" scheinbar ohnehin nicht zugeschrieben. Zumindest wurden sie nach bisherigem Kenntnisstand nicht zum Ziel einem gezielten Bombardements. 

Bereits in den nachfolgenden Ausgaben der britischen Karte im Maßstab 1:25.000 waren die angeblichen Funkanlagen verschwunden. 


Hendrik Altmann




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