f Kriegsende in Schwachhausen - 12.04.1945 ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Samstag, 25. Februar 2012

Kriegsende in Schwachhausen - 12.04.1945

Vorbemerkung:

Dieser Eintrag steht in Verbindung zum Eintrag "Das Ende der SS Kampfgruppe Wiking" (folgt!) - Eine Verlinkung steht dann an dieser Stelle.

Einleitung:

"Kriegsende in Schwachhausen" - was soll man sich darunter vorstellen? Schwachhausen gewann im zweiten Weltkrieg an gravierender strategischer Bedeutung und damit verbunden spielten sich dramatische Szenen in dem sonst so beschaulichen Dörfchen ab.
Etwas besonderes stellt diese Geschichte außerdem dar, da ich auf Augenzeugenberichte zurückgreifen konnte. Meine Großmutter, damals 24 hat die Geschehnisse miterlebt und mir so aus erster Hand berichtet. Sie kann sich an viele Details erinnern und da sich niemand älteres in der Ortschaft mehr findet, sind es wohl die letzten berichte, die sich so authentisch wiedergeben lassen!

Bedeutung Schwachhausens:

Am 12.04.1945 waren sämtliche Allerbrücken (Celle, Müden, Wienhausen und Altencelle (offiziell)) gesprengt und somit zerstört. Bei Wienhausen hatte es am Mittag um 14:00 Gefechte zwischen der SS Kampfgruppe Wiking (siehe Vorbemerkung!) und dem 333. U.S. Regiment (9. Kompanie des Captain James Bradfort) an der Allerbrücke gegeben. Diese wurde daraufhin von deutschen Soldaten gesprengt. Die Holzbrücke bei Altencelle SOLL gesprengt gewesen sein. Jedoch waren die Ladungen nicht detoniert. Sie stürzte aber ein, als die schweren britischen Panzer sie passierten und war somit ebenfalls für den Nachschub nicht mehr verfügbar.
Schwachhausen war also faktisch die einzige unzerstörte Brücke weit und breit.
Nach dem tagelangen Aufhalten der britischen Truppen bei Schwarmstedt und Essel wussten die Amerikaner wie viel an Mühen man sich sparen konnte, wenn man eine unzerstörte Brücke einnehmen konnte. Daher lautete der Befehl die Brücke unzerstört zu erlangen.

Bericht laut U.S. Chronik und "Krieg in der Heimat" (Ulrich Saft):

"(...) Währenddessen rollte eine andere amerikanische Kolonie durch Wienhausen. Es war das 1. Bataillon des 333. Regiments. Sein Angriffsziel war Nordburg. In schneller Fahrt wurde Offensen kampflos erreicht. Dann wurde die Amerikaner vorsichtiger. Hinter der nächsten Ortschaft Schwachhausen führte eine Brücke über die Aller. Diese sollte auf jeden Fall unzerstört genommen werden. Die amerikanischen Infanteristen sprangen von ihren Transportpanzern und besetzten das Dörfchen zu Fuss. Als sie den Ortsausgang erreicht hatten, erkannten sie nur knapp 200m entfernt die noch unzerstörte Allerbrücke. Sie sahen aber, dass sich zwei deutsche Soldaten an den angebrachten Ladungen zu schaffen machten. Die Amerikaner hielten sie verständlicherweise für Pioniere. Tatsächlich war aber zumindest der 18 jährige Heinz Schäfer ehemaliger Marinesoldat. Er gehörte jetzt zu jener Festungs-Pak-Abt. 101, die tags zuvor bei Essel aufgerieben worden war. Sein Kamerad, mit dem er hier den Zündtrupp bildete, gehörte vermutlich zur selben Einheit. Beide fielen ahnungslos und ohne Gegenwehr im gezielten Feuer der amerikanischen Infanterie. Sie wurden später auf dem Gemeindefriedhof in Wienhausen beigesetzt. Das 333. Regiment hatte somit seine unzerstörte Allerbrücke (...)"

Augenzeugenbericht zum 12.04.1945:

In unserem Haus wohnten 1945 mehrere Flüchtlingsfamilien. Einerseits stammten sie aus bombardierten Städten und den evakuierten Gebieten in Ostpreußen und Andererseits waren es Flüchtlinge aus Polen. Wobei die Polen von Anfang an unter sich verschworen waren und unsere Familie bis aufs Nötigste sehr einschränkten.
Schon vor dem 12.04. gab es ein Verbot ins Langlinger Holz zu gehen. Bauern brauchten einen Genehmigungsschein um das Areal zu betreten. (Man kann nur vermuten, dass es sich bei Kampfhandlungen in dieser Gegend um die SS Kampfgruppe Wiking handelte, sowie Teile der Verteidigung der Stadt Celle).
Am 12.04. standen mehrere (deutsche) Soldaten unter dem Schauer bei Engelmanns (Unter dem Vordach der Scheune). Dort gab es die Verpflegung für die Truppen. Plötzlich und unvorbereitet standen die Amerikaner vor dem Dorfe. Hastig flüchteten alle in die Keller. (Meine Großmutter und ihre Familie waren während der Einnahme im selbstgebauten Bunker).
Als die Amerikaner uns im Keller fanden, stand einer der Polen hinter Ihnen und freute sich "jetz ich chef, du nix Chef - jetz ich Chef!."
Wir wurden nach Offensen evakuiert, da jetzt bei Nordburg gekämpft wurde. Wir mussten unsere Sachen packen. Jede Familie durfte einen Wagen voll mitnehmen. Das gesamte Vieh mussten wir zurücklassen...
Gegenüber unseres Hauses stand ein Schuppen. Dort lagen die toten deutschen Soldaten. Es waren mindestens drei.

Was geschah:

Sobald die Amerikaner freies Feld hatten schossen sie auf die Allerbrücke. Eine Kugel flog durch unser Fenster und schlug in einen Schrank ein. Die Allerbrücke wurde nicht zerstört.
Warum nicht?
Es hatte Befehl gegeben dem Feind keine Brücke in die Hände fallen zu lassen. Jedoch wurden den Truppen in Schwachhausen Panzer gemeldet, die die Brücke unbedingt noch passieren mussten. Bei diesen Panzern kann es sich um die Panzer der SS Kampfgruppe Wiking handeln.
Es ist also verständlich, dass die Durchführung des Sprengbefehls so weit es ging verschoben wurde.

Einschub - Allerbrücke heute:

Blick in Richtung Schwachhausen.
Heute haben wir eine der ältesten Allerbrücken überhaupt. Sowohl Hauptbrücke, als auch Überflutungsbrücke sind erhalten.
Eine Sprengung hätte den Krieg sicherlich nicht um einen Tag verlängert und wäre sehr sinnlos gewesen.




Einschussloch. Hier verformte sich massiver Stahl, als eine amerikanische Kugel ihn traf...










Einschussloch...







 Einschusslöcher...












Unmittelbar nach dem Krieg:

Als in Schwachhausen der Krieg vorbei war, wurde in Nordburg gekämpft. Dort lagen etwa 100 SS-Soldaten und leisteten Widerstand. Im Wald (Wochenendgebiet heute) gab es ein Munitionsdepot der Deutschen. Dieses wurde erst weit nach Kriegsende (1965) bei der Abtragung von Sand gänzlich geräumt.
In und um Nordburg findet man noch heute Geschosse (9mm, 7,62 & Bmg 50).

Ich verweise schon an dieser Stelle auf einen folgenden Eintrag zum Thema "Unmittelbar nach dem Krieg in Schwachhausen."

Relikte:

Bmg cal. 50. Wahrscheinlich schweres Maschinengewehr des Typs Browning (dieses Kaliber wurde ebenfalls in Bordmaschinenkanonen bei Flugzeugen eingesetzt).
Ausstellungsstück.
Ein deutsches K 98 (Gewehr) Geschoss.

Eine K 98 Patronenhülse.












Fazit:

Der Krieg fand vor unsrer Haustür statt. Wir dürfen dankbar sein von derartigen Ereignissen verschont zu sein.
Ich habe die unmittelbaren Kriegsereignisse in Schwachhausen niedergeschrieben und nachrecherchiert, weil es ein großartiges Geschenk ist, jemanden in der Familie zu haben, der noch über diese Geschehnisse berichten kann.

Gruß,

S.t.a.l.k.e.r.


P.S.: Bitte beachten, dass dieser Eintrag in Zusammenhang zu "das Ende der Kampfgruppe Wiking" und "Unmittelbar nach dem Krieg in Schwachhausen" steht!




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3 Kommentare:

  1. Wieder mal ein sehr guter Eintrag und interessant zu lesen, besonders weils im eigenen Dorf passiert ist.
    Vielen Dank!

    Gruß, Tobi

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    1. moin, mich würde mal interessieren wo genau in Nordburg dieses Munitionslager war oder die Stellungen der SS im Wald.
      würde mich sehr über eine Antwort freuen...

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