f Abwehrstellung auf dem Horstberg bei Diesten (?) ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Montag, 3. August 2020

Abwehrstellung auf dem Horstberg bei Diesten (?)


Obwohl sie vergleichsweise noch nicht allzu lange zurückliegen, weisen die Ereignisse der letzten Kriegstage bis heute noch viele ungeklärte Zusammenhänge auf. Ungereimtheiten stellen sich häufig bereits ein, wenn es um die Frage nach den letzten Kampfhandlungen geht. Ein Beispiel findet sich im nördlichen Teil des Landkreises - auf dem Horstberg bei Diesten. 

Der Horstberg, westlich der Straße zwischen Huxal und Diesten gelegen, sticht deutlich aus der Umgebung hervor. Die Anhöhe mit ihren ca. 78 m üNN weist nicht umsonst einen trigonometrischen Punkt aus - sie diente aufgrund ihrer Höhe einst zur Landesvermessung. Allerdings scheint der Höhenzug noch weitere historische Überraschungen parat zu halten. Eine Auswertung aktueller Geodaten lieferte kürzlich interessante Ergebnisse - in regelmäßigen Abständen finden sich auf dem Horstberg Vertiefungen, wobei es sich um angelegte Stellungen handeln könnte. 

Im Rahmen von Ortsbegehungen scheint sich diese Vermutung zu bestätigen. Größe und Zustand der vermeintlichen Stellungen sprechen dafür, dass es sich um Relikte der letzten Kriegstage handeln könnte. Es sind einfache Deckungslöcher, die sicherlich ohne längere Vorbereitungszeit angelegt worden sind.

Bild: Stellungsloch auf dem Horstberg bei Diesten. Quelle: H. Altmann, 2020. 

Fünf größere und weitere, etwas kleinere Stellungen befinden sich verteilt über den Horstberg. Im Nordosten lassen sich darüber hinaus eine ganze Reihe kleiner, trichterförmiger Vertiefungen beobachten - diese könnten möglicherweise von einem alten Sprengplatz stammen. Die großen Stellungslöcher wurden bereits größtenteils wieder von der Natur zurück "erobert" 

Bild: Stellungsloch auf dem Horstberg bei Diesten. Quelle: H. Altmann, 2020. 

Soweit zu den Beobachtungen, die im Bereich des Horstberges gemacht werden konnten - wie sieht es mit dem historischen Hintergrund aus? Passen die vermeitlichen Stellungen überhaupt in das geschichtliche Gesamtbild der letzten Kriegstage vor Ort? 

In den letzten Kriegstagen befand sich die 15. schottische Division im Vormarsch auf Celle - die Stadt wurde am 12. April 1945 erreicht und ohne größere Kampfhandlungen besetzt. Vor ihrem Abrücken hatten sich die deutschen Truppen, die sich im Wesentlichen aus Wehrmachtsverbänden und Einheiten der Nebeltruppenschule zusammensetzten, strategische Flussübergänge gesprengt. Dies verschaffte zwar ein wenig Vorsprung vor den herannahenden britischen Truppen, konnte diese jedoch nicht aufhalten. Um die britischen Einheiten zu verlangsamen, wurden entlang der großen Vormarschrouten entsprechende Verteidigungspositionen besetzt - so u.a. an der Örtzebrücke bei Wolthausen und entlang der Reichsstraße in Richtung Weyhausen. 

Über Eversen kommend, schoben sich Einheiten des 2nd Fife and Forfar Yeomanry auf Hermannsburg vor. Diese britischen Einheiten waren unter anderem ausgestattet mit Panzern des Typs "Cruiser Tank A34 Comet" - einem relativ schnellen Kampfpanzer. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich südwestlich von Hermannsburg offenbar zwei Kompanien, die aus Angehörigen Soldaten der Panzertruppenschule Retsag (Budapest, Ungarn) gebildet worden war. Aufgrund der herannahenden Roten Armee hatte man sie ursprünglich aus Ungarn nach Bergen verlegt und in die dortige Panzertruppenschule eingegliedert. 

Die ungarischen Soldaten aus Retsag wurden der Kampfgruppe "Grosan" unterstellt und kamen in den letzten Kriegstagen zwischen Soltau und Faßberg zum Einsatz. Unter anderem verteidigten die Ungarn Beckedorf bei Hermannsburg, rund 3,5 km nördlich von Diesten. Sechs Gebäude wurden beim Schusswechsel mit britischen Einheiten in Brand geschossen. Die ungarischen Soldaten wichen daraufhin in Richtung Bonstorf aus. 

Kampfhandlungen am 15. April 1945. Quelle: U. Saft, Krieg in der Heimat, S. 225. 

Tatsächlich scheint es, dass sich die Stellungen auf dem Horstberg bei Diesten in den historischen Zusammenhang der letzten Kriegstage einordnen lassen. Aus militärischer Sicht ließ sich die heutige L 240 im Bereich zwischen Diesten und Huxal ausgezeichnet von der Anhöhe des Horstberges überwachen. Auch die direkt parallel zur Straße verlaufende Bahnstrecke hätte man von der Position des Horstberges aus gut im Blick gehabt. 

Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass sich die vermeintlichen Stellungen ausschließlich auf der südlichen Seite des Horstberges befinden - eben in jener aus der im April 1945 die britischen Truppen herannahten. 

Horstberg bei Diesten. Quelle: GSGS, AMS M841, 4rd Ed. 1955. 

Vieles spricht somit dafür, dass es sich bei den Vertiefungen auf dem Horstberg bei Diesten tatsächlich um Stellungslöcher aus den letzten Kriegstagen handelt. Äußerst interessant wäre es, ob sich für diesen Ablauf noch weitere Belege finden lassen. 

H. Altmann

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Quellen: 

U. Saft, Die letzten Kriegstage




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