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Mittwoch, 5. September 2018

Blickwinkel #5: Zöllnerstraße, Celle


Schon in früheren Zeiten entstanden in Stadt und Landkreis herrliche Aufnahmen von Sehenswürdigkeiten, Straßenszenen und alltäglichen Begebenheiten. Manchmal sticht erst beim direkten Vergleich mit heutigen Aufnahmen ins Auge, was sich im Laufe der Zeit verändert hat. In der Serie Blickwinkel werden alte Fotografien im historischen und lokalen Kontext vorgestellt. 

Ein Blick auf das Postkartenmotiv verrät: die Aufnahme ist in der Zöllnerstraße in Celle entstanden. Quasi unverändert zeigen sich noch heute die markanten Fachwerkgiebel. Auf der rechten Straßenseite ist ein Steingiebel im Stil der Weserrenaissance mit einem vorgelagerten Erker zu erkennen - alles in allem kommt Cellern die Straßenszene sehr vertraut vor. Und doch gibt birgt das Bild einige interessante Details. 

Am Ende der Zöllnerstraße ist die alte städtische Mittelschule (Bürgerschule) zu erkennen. Heute befindet sich dort das Gebäude in dem C&A ansässig ist. Zur Linken ist das Schild der einstigen Haushalts- und Spielwarenhandlung Renners zu sehen - vielen Celler dürfte der Name geläufig sein. 

Interessant ist auch, dass die Straße damals für den öffentlichen Verkehr zugänglich war. Es gab noch keine Fußgängerzonen - auch Straßenbäume sucht man im historischen Bild vergebens. 

Bild: Zöllnerstraße, Celle, Postkarte gel. 07.10.1943. Quelle: Archiv H. Altmann. 

Die Postkarte wurde am 07.10.1943 von einem in Celle stationierten Unteroffizier abgesendet. Die Feldpostnummer der Einheit befindet sich auf der Rückseite der Karte. Sie lautet: 05256. 

Ab September 1943 war diese Feldpostnummer dem Stab der 1. Abteilung des in Celle stationierten Werfer-Lehr-Regiments 1 zugeteilt. Die neue Truppengattung der "Nebelwerfer" war in Celle in der Heeresgasschutzschule untergebracht. Am 31.01.1942 war das 1. Werfer-Lehr-Regiment aufgestellt worden. Nach dem Angriff auf die Sowjetunion wurde es 1942/1943 zumeist im südlichen Abschnitt der Ostfront eingesetzt. 

Bereits im Dezember 1943 nahm die Einheit im Raum Kiew an Abwehrkämpfen gegen die Rote Armee teil. In dem handgeschriebenen Kartentext ist unter anderem auch die Rede von einem Abmarsch an die Front - allerdings finden sich keine Informationen wohin genau der Kartenschreiber verlegt wurde. Ob er den Krieg überlebte oder diejenige, die diese Karte kurz vor seinem Abmarsch aus Celle erhielt? Man weiß es nicht.  

Als historische Garnisonsstadt beherbergte Celle im Zweiten Weltkrieg viele Soldaten aus den verschiedensten Teilen des Landes. Ihre Freizeit verbrachten diese vermutlich desöfteren in der Altstadt, die schon damals reizvolle Postkartenmotive bot. 

Bild: Zöllnerstraße, Celle, Postkarte gel. 07.10.1943. Quelle: Archiv H. Altmann. 

In manchen Bereichen hat sich das Bild der Zöllnerstraße bis heute sehr gewandelt - Straßenbeleuchtung, Fußgängerzone und Bäume markieren die wesentlichen Veränderungen zur Ansicht aus dem Jahr 1943. 

Die Häuserfronten der historischen Fachwerkbauten sind jedoch noch nahezu genauso erhalten, wie sie die 75 Jahre alte Aufnahme zeigt. Dies ist nicht zuletzt dem Umstand zu verdanken, dass die Celler Innenstadt von Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg verschont geblieben ist. Im Jahr 1943 war das allerdings noch kaum abzusehen. 

Bild: Zöllnerstraße, Celle, Bildmontage. Quelle: H. Altmann. 

Obwohl die Zöllnerstraße seit es Postkarten gab stets ein beliebtes Motiv abgab, ist diese Postkarte aus meiner Sicht etwas besonderes, da sie eine alltägliche und scheinbar völlig normale Straßenszene zeigt, während in vielen Teilen der Welt der Zweite Weltkrieg tobte. 

H. Altmann


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