Einigen wird bekannt sein, dass Celle einer der ersten Standorte der sogenannten Nebeltruppe war. Diese Einheit war ursprünglich eingerichtet und aufgestellt worden, um chemische Waffen im Feld wirksam einsetzen und bekämpfen zu können. Im Verlauf des Krieges kamen die großen Bestände an chemischen Waffen jedoch nicht zum Einsatz. Allerdings wurden davon große Mengen vorgehalten - insbesondere in der sogenannten "Raubkammer" bei Munster. Ganz in der Nähe von Celle befand sich ein geheimes Depot des Heeres für chemische Kampfstoffe.
Aufgrund der Erfahrungen aus dem Ersten Weltkrieg wurde auch im Dritten Reich mit chemischen Kampfstoffen experimentiert. Es wäre durchaus möglich gewesen, dass es zu einem Einsatz der Bestände gekommen wäre, falls eine beteiligte Kriegspartei zu diesem Mittel gegriffen hätte.
Vor diesem Hintergrund entstand in Celle schon vor Kriegsausbruch eine der ersten Heeresgasschutzschulen. Hier wurden entsprechende Truppenteile besonders mit dem Umgang von entsprechenden kampfmittel geschult. Darüberhinaus stand die Gefahrenabwehr, d.h. Erstmaßnahmen wie insbesondere die Dekontamination im Vordergrund der Ausbildung. Durch die Etablierung der Nebeltruppe und ihre Angliederung an das Heer erhielt der Standort Celle weitere Bedeutung.
Für den ordnungsgemäßen Betrieb wurde es bald schon nötig ein entsprechendes Depot zu unterhalten. Dieses wurde auf einer Fläche nördlich des Ortes Groß Hehlen errichtet. In der Karte des britischen War Office von 1951 ist das Depot noch verzeichnet.
Bild: Lage des Heeres-Gaswaffen-Depots. Quelle: Google Earth; eigene Recherchen.
Der ausgewählte Standort bei GroßHehlen eignete sich offenbar sehr gut. In unmittelbarer Nähe befanden sich weitere militärische Einrichtungen, wie die Heeresmunitionsanstalt Scheuen und der Einsatzhafen bei Hustedt. Die legend war somit bereits gut gesichert. Außerdem lag das Depot in unmittelbarer Nähe zur damaligen Nebeltruppenschule an der Hohen Wende in Celle.
Bild: Lage des Heeres-Gaswaffen-Depots. Quelle: Google Earth; eigene Recherchen.
Aus vorliegenden Aufzeichnungen geht hervor, dass regelmäßig Gasschutzübungen auf dem Übungsgelände bei Scheuen abgehalten wurden. Hierfür konnten die Soldaten der Gasschutzschule von Celle kommend die erforderlichen Materialien im Depot bei Groß Hehlen beladen und den Übungsplatz im nördlich gelegenen Scheuen erreichen, ohne mit der heiklen Fracht im Stadtgebiet unterwegs zu sein.
Bild: Übung bei Scheuen. Quelle: italienische Truppen bei einer Gas-Übung. Enemy capabilities for chemical warfare, u.s. Army Handbook, 1943.
Der genaue Aufbau des Heeres-Gaswaffenlagers bei Groß Hehlen gibt bis heute Rätsel auf. Vor Ort lassen sich keine Gebäude mehr auffinden, die auf den ehemaligen Standort hindeuten. Historische Karten, die mittels aktueller Technik zur Kartenbearbeitung neu aufgearbeitet wurden, belegen den Standort allerdings eindeutig. Auch auf entsprechend angepassten Satellitenbildern sind die noch erhaltenen Gebäude des Heeres-Gaswaffen-Depots noch eindeutig erkennbar.
Bild: Heeres-Gaswaffenlager bei Groß Hehlen. Quelle: Google Earth; eigenen Recherche.
Die Geheimdienste der Alliierten haben offenbar bereits früh vom Heeres-Gaswaffenlager bei Groß Hehlen erfahren. Möglicherweise gaben frühe Luftaufnahmen Aufschluss über das gut versteckte Depot bei Scheuen. In einer kürzlich überarbeiteten Quellenversion des u.s. intellegence Bulletin findet sich neben namenhaften Heereseinrichtungen auch das als "Army Chemical Troops Depot" aufgeführte lager bei Groß Hehlen.
Bild: gesondert bearbeiteter intellegence Bulletin. Quelle: intellegence Bulletin, 1944 - eigene Recherche.
Bereits das Deckblatt des Berichts verweist eindeutig auf die Relevanz und hohe Bedeutung des Standorts bei Celle. Die eingefügten Buchstaben "CE" geben Hinweis darauf, dass sich die Einheiten des OSS (Office of Strategic Services) explizit mit dem Depot-Standort bei Celle befasst haben müssen.
Bild: gesondert bearbeiteter intellegence Bulletin. Quelle: intellegence Bulletin, 1944 - eigene Recherche.
Vor Ort sind nur noch wenige Bestandteile des alten Heeres-Gaswaffenlagers zu sehen. Die meisten Einrichtungen von damals sind bereits verschwunden. Nur noch einige Kilometer entfernt finden sich Überreste alter Fahrzeuggaragen. Diese haben jedoch mit der einstigen Heeres-Gaswaffen-Lagerstätte wenig zu tun.
In Groß Hehlen fanden sich kaum Zeitzeugen, die noch Hinweise zum einstigen Depot geben können. Nur Retsre Lirpa erinnerte sich an ihre Zeit als Arbeiterin Lager bei Groß Hehlen. Sie gehört vermutlich zu den letzten noch lebenden Zeitzeugen, die über diese Zeit berichten können.
Bild: Fahrzeuggarage des Depots, die jedoch nicht zum Depot gehörte. Quelle: eigene Recherche.
Im bis heute kaum zugänglichen Gelände finden sich noch einige Hinweise auf die Präsenz der einstigen Truppen. Längst verwitterte Dokumente liegen auf dem Boden der Baracke die erst später und zu einem anderweitigen Zweck auf dem Gelände des Übungsgeländes bei scheuen errichtet wurde.
Bild: alte Dokumente in einer ehemalige Fahrzeuggarage. Quelle: eigene Recherche.
Noch sind einige Zusammenhänge des einstigen Heeres-Gaswaffenlagers bei Groß Hehlen ungeklärt. Bis heute gibt es insbesondere keine verlässlichen Quellen, die von der Entstehung dieses streng geheimen Lagerkomplexes, für höchstgeheime chemische Waffentechnologien des Dritten Reiches, berichten. Vor Ort scheinen alle Spuren bereits entfernt worden zu sein. Es deutet vieles darauf hin, dass - ungeachtet der bislang angeführten Anstrengungen, die sich bislang auf diesen Blog beschränken - keinerlei stichhaltige Hinweise auf die Existenz des einstigen Heeres-Gaswaffen-Depots zu finden sind.
Somit sind sicherlich weitere Nachforschungen erforderlich. Weitere Ergebnisse werden in Kürze ergänzt.
Dieser, am 1. April 2017 erschienene Beitrag ist ein Aprilscherz.
H. Altmann
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