Einigen dürfte noch die ehemalige Gaststätte "Reiherpfahl" in Altenhagen bekannt sein. Ihr Name stammte von der alten Steinsäule hinter Altenhagen: dem Reiherpfahl. Die Säule war als Denkmal der Fischreiherzucht zwischen Altenhagen und Garßen errichtet worden.
Das bereits 1650 angelegte Reiherhaus stand vermutlich dort, wo heute das Gehöft "Tannhorst" liegt. Noch bis Anfang des letztens Jahrhunderts ließen sich dort die Überreste von Fischteichen ausmachen.
Bild: Tannhorst 1780.
Quelle: Kurhannoversche Landesaufnahme 1780.
Was viele nicht wissen: nicht bloß Reiher wurden gezüchtet. Zu Jagdzwecken wurden auf Fasane, Trappen, englische Hühner, türkische Gänse und verschiedene Entenarten gezüchtet. Diese Tiere galten als überaus edel und bestens für die Jagd geeignet. Schon zwischen 1660 und 1700 gibt es Hinweise darauf, dass es in Tannhorst einen "Fasanenmeister" gab, welcher für die Zucht der Tiere zuständig war. Ein solcher wird erstmals 1655 in der Kirchenrechnung von Groß Hehlen erwähnt. 1770 wurde der Fasanengarten bei Vorwerk in der Beschreibung der Burgvogtei Celle bestätigt.
Als Wohnhaus des Fasanenmeisters kommt ein kleineres Wohngebäude in Frage, welches auch auf der Kurhannoverschen Landesaufnahme von 1780 zu erkennen ist (siehe oben). Dieses Gebäude existierte noch sehr lange, wurde aber schließlich wegen eines Neubaus abgerissen. Clemens Cassel schreibt, dass der Fasanengarten einst auch als "Fasanerie" bezeichnet wurde. Demnach zog die Fasanerie aber schon um 1660 aus Tannhorst weg. Der neue Standort befand sich in der späteren Wittinger Straße vor dem Hehlentor.
Bild: neuer Standort der Fasanerie oberhalb der Dammaschwiesen.
Quelle: Charte von der Statt Zelle, 1758.
Herzog zu Braunschweig-Lüneburg, Georg Wilhelm (1624 - 1705) ließ in den Jahren 1669 und 1670 ließ eigens für den Fasanengarten europäische Sumpfschildkröten aus Dresden liefern. Er kaufte 23 dieser exotisch anmutenden Tiere für vierzehn Thaler und ließ sie in der Fasanerie aussetzen.
Der Fasanengarten entwickelte sich zu einem Lustgarten mit beachtlichen baulichen Besonderheiten. Es entstand eine parkähnliche Anlage mit einem herrschaftlich eingerichteten Wohnhaus. Daneben umfasste die Fasanerie zwei Bruthäuser, ein Verwaltungsgebäude, mehrere Ameisenkeller (Futter) und einige Teichanlagen in denen man Schwarzstörche und Schildkröten ansiedelte.
Alleine an den aufgezählten Bestandteilen erkennt man die Dimensionen des Celler Fasanengartens. Eingerichtet wurde die Einrichtung durch den "Brunnen-, Grotten- und Fasanenmeister" Benedikt de Münster (+ 1699). Sein Sohn Dietrich de Münter führte den Beruf seines Vaters fort. Gemäß der eingangs erwähnten Beschreibung der Burgvogtei Celle war der Fasanengarten im Jahr 1770 ca. 7 hannoversche Morgen groß. Das entspricht heute etwas mehr als 18.300 Quadratmetern - etwa einer modernen Großlagerhalle.
Bild: Plan des Fasanengartens um 1801 (nachgezeichnet).
Quelle: Achenwall, F.W. und Sprenger, H., "Plan von dem Fasanengarten bei Celle", Stadtarchiv Celle, StadtA CE K 02 Nr. C 0033, Lizensierung unter CC-BY-NC-ND-Lizenz.
1770 war auf den Ländereien der Fasanerie niemand zu Hude und Weide berechtigt. Lediglich im Herbst war es den Bauern der Dörfer Vorwerk und Altenhagen gestattet, ihre Schweine auf die Ländereien zu treiben. Im Siebenjährigen Krieg wurde das Gebiet stark in Mitleidenschaft gezogen (siege auch: Celle im Siebenjährigen Krieg). Danach wurde das Gelände neu mit Bäumen bepflanzt.
Der Landwirt und spätere Begründer der modernen Agrarwissenschaft, Albrecht Thaer, übernahm das Gelände pachtweise. Später wurde es unter anderen Pächtern aufgeteilt. 1807 wurden die noch erhaltenen Gebäude verkauft und schließlich abgerissen. Die Erwerber hatten kein Interesse am Fortbestand bzw. an die Erinnerung der Fasanerie. Und das hatte seinen Grund. Wie bereits erwähnt waren mit dem Gelände bestimmte Verbote verbunden: so war die Haltung von Katzen verboten, es durften keine Schusswaffen vorhanden sein, Hunde durften nicht frei laufen und bei der Bewirtschaftung musste genug Futter für die nistenden Vögel übrig bleiben.
Später entstand in unmittelbarer Nähe an der Wittinger Straße die Krugwirtschaft und Gaststätte "Zum Fasanengarten".
Bild: zum Fasanengarten an der Wittinger Straße 93.
Quelle: Postkarte 1915, Archiv Altmann.
Bild: Zeitungsanzeige aus dem Jahr 1912. Quelle: CZ vom 5.01.1912.
Auch die Gastwirtschaft "Zum Fasanengarten" hielt sich nicht lange. 1918 wurde sie zum Bau der Altona-Celler Metallwarenfabrik abgerissen. Dort wurden, nach Entwürfen Otto Haeslers die "Celler Volksmöbel" hergestellt.
Bild: Gelände des ehemaligen Fasanengartens an der Wittinger Straße. 1. Standort der Gaststätte "Zum Fasanenhof". 2. Straße "Fasanenweg". 3. Straße "Wachtelweg". Später Altona-Celler Metallwarenfabrik. Quelle: Google Earth und Messtischblatt von 1901.
Noch heute deuten die Straßennamen "Wachelweg" und "Fasanenweg" auf die alte Fasanerie hin. Heute befinden sich dort Wohnhäuser. Nichts deutet mehr sichtbar auf die ehemalige Nutzung des Geländes hin. Mehrfach überbaut, ist jeder Hinweis auf den Celler Fasanengarten verschwunden.
Bild: Gelände des ehemaligen Fasanengartens an der Wittinger Straße. Quelle: Google Earth.
Heute erscheint die Existenz eines Lustgartens in dem Schwarzstörche neben Sumpfschildkröten lebten irgendwie paradox. Einst war die "Celler Fasanerie" der Privatzoo des Herzogs. Ähnlich wie bei heutigen Naturschutzgebieten, waren mit der Bewirtschaftung sehr strenge Auflagen verbunden. Nicht zuletzt deswegen könnte den späteren Eigentümern daran gelegen gewesen sein, dass die Fasanerie zugrunde ging. Damit war das Gelände wieder für wirtschaftliche Zwecke nutzbar. Von den einstigen imposanten Gebäuden blieb nichts erhalten. Heute erinnern nur die Straßennamen "Wachtelweg" und "Fasanenweg" an die ehemalige Nutzung des Geländes.
H. Altmann
0 Kommentare:
Kommentar veröffentlichen