f Von Norden rollt ein Donner – Rezension ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Donnerstag, 18. Juli 2024

Von Norden rollt ein Donner – Rezension


Als seichte Lektüre kann der zweite Roman von Markus ThielemannVon Norden rollt ein Donner“ sicher nicht bezeichnet werden. Bildgewaltig beschreibt der junge Autor die Heidelandschaft, die seinem neusten Werk eine nur scheinbar harmonische Kulisse bietet. 

Angesiedelt ist die Handlung des Buches zwischen Unterlüß, Faßberg, Lutterloh und Hermannsburg. Anhand der im Buch beschriebenen Nähe zum Schießplatz der Firma Rheinmetall, den alten Kieselgurgruben und Mauerresten, die sehr sicher zum ehemaligen Tannenberglager bei Altensothrieth gehören, lässt sich der Handlungsort unmittelbar auf die Südheide eingrenzen.

Seinen Protagonisten, den 19-Jährigen Heideschäfer Jannes Kohlmeyer, lässt der Autor symbolkräftig mit der Herde und den Hütehunden durch die traditionsreiche Gegend ziehen. Das stimmige Narrativ ist aufgebaut, um sogleich zerstört zu werden. Auf dem Hof, den Jannes mit seinem Großvater, seiner Mutter und seinem Stiefvater bewirtschaftet, herrschen familiäre Spannungen. Sie rühren aus früheren Zeiten – Ereignisse der Gegenwart führen schließlich zur Zerreißprobe: der Wolf ist zurück.

Es wäre jedoch zu platt, den Umfang der Erzählung auf die Bedrohung durch das Raubtier zu reduzieren. Die Vergangenheit sucht Jannes heim. Er hinterfragt, erhält jedoch selten zufriedenstellende Antworten – weder von seiner dementen Großmutter, noch von seinem Großvater, der meist nur über seine ganz eigene Auffassung "von früher" berichtet. Ein Riss in der Geschichte, der unüberbrückbar erscheint. In mehreren Spannungsbögen steigert sich die Handlung – phasenweise treten das Raubtier und düstere Schatten aus alten Zeiten ans Licht.

Das Buch überzeugt durch authentische Beschreibungen alltäglicher Situationen. Sprachfertig und stimmig werden die klassisch wortkargen Dialoge auf dem Heidehof treffsicher auf den Punkt gebracht. Bewusste Lücken in den Spannungsphasen stacheln die eigene Phantasie an. Die traditionell romantisierte Wahrnehmung der Heimat wird gekonnt konterkariert. Abseits der Heidelandschaft, wie sie Touristen auf ihren Kutschfahrten erleben, zeigt der Autor das gesamte Spektrum auf. 

Thielemann holt seine Leser ab, konfrontiert sie und erspart es ihnen nicht, sich eigenständig Gedanken zu machen. Insgesamt ein sehr gelungenes Werk.

H. Altmann



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