Die alte Postkarte, gelaufen am 12. März 1928 von Celle nach Burgdorf, zeigt eine typische Fachwerkstraße mittel in Celle. "II. Querstraße" steht unter der vergilbten Fotografie. Eine Querstraße sucht man heute in der Celler Innenstadt vergebens. Wo wurde das Foto aufgenommen?
Zur Beruhigung: in der Innenstadt ist (fast) keine Straße abhanden gekommen. Die II. Querstraße heißt heute einfach nur anders - heute ist dies die Piltzergasse. Ein direkter Vergleich der historischen Aufnahme mit der heutigen Ansicht zeigt, dass sich vor Ort vieles von damals erhalten geblieben ist.
Wo es eine II. Querstraße gegeben hat läge eigentlich nahe, dass es zumindest auch eine I. gegeben haben müsste. Tatsächlich existierten in der Celler Altstadt ursprünglich einmal vier dieser Querstraßen, die alle als nord-süd-gerichtete Wege verliefen.
Die I. Querstraße verlief zwischen Bergstraße und Mauernstraße. Die II. Querstraße verband die Mauernstraße mit der Zöllnerstraße. Die III. Querstraße verlief zwischen Zöllnerstraße und Neue Straße. Eine IV. Querstraße ist heute im Stadtbild nicht mehr zu erkennen. Sie verlief früher einmal zwischen der der Neue Straße und der Schuhstraße. Was aus ihr wurde? Dazu gleich mehr.
Wie der Stadtchronist Clemens Cassel berichtet, wurden die zunächst drei "Twechten" bereits in den Tagen des Celler Herzogs Wilhelm des Jüngeren nach und nach mit Häusern besetzt und entwickelten sich zu echten Querstraßen. Twechten - das waren eigentlich kleine Gassen zwischen Grundstücken, die üblicherweise nicht durch den öffentlichen Verkehr frequentiert wurden. Die zunehmende Besiedlung führte aber dazu, dass sich auch dort eine neue Bebauung entwickelte und diese Gassen an Bedeutung gewannen.
Bild: Stadtansicht Celle und Lage der einzelnen Querstraßen. Quelle: J.J. Schneider (Zeichner), Plan von der Stadt Celle, ca. Ende 19. Jahrhundert, NLA HA Kartensammlung Nr. 32 c Celle 5 pm (Kennzeichnung als Public Domain).
Wo ist die IV. Querstraße geblieben?
Am 27. Juni 1857 entstand gegen 14:00 Uhr ein Feuer in einem Hinterhof des Häuserblocks zwischen der Neue Straße und der IV. Querstraße. Das Feuer - anscheinend verursacht durch Kinder - entwickelte sich rasch zu einem größeren Brand. Die damals bereits länger andauernde Trockenheit und der Mangel an vor Ort verfügbaren Wasserreserven trugen zur schnellen Ausbreitung des Brandes bei.
Erst gegen 20:00 Uhr konnte das Feuer durch Hinzuziehung eines Sonderzuges der Hannoverschen Pioniere erfolgreich eingedämmt werden. Hierfür mussten allerdings Wohngebäude eingerissen werden - andere brannten vollständig ab. Insgesamt 27 Gebäude und Hinterhäuser fielen der großen Brandkatastrophe zum Opfer. Einige wurden wieder aufgebaut - König Georg V. spendete 500 Taler. In Erinnerung an den folgenschweren Brand blieb eine große Fläche fortan von der Bebauung ausgenommen: der heutige Brandplatz. Die IV. Querstraße hörte damit als eigenständige Straße auf zu existieren.
Mit der II. Querstraße - der heutigen Piltzergasse - hat dies allerdings nichts zu tun. Deren heutiger Name leitet sich möglicherweise vom alten Beruf des "Peltzers" her, d.h. von Gewerbetreibenden, die Pelze verarbeiteten und vertrieben.
Bild: II. Querstraße um 1928. Quelle: Postkarte, 1928, Archiv Altmann.
So betrachtet verbirgt sich hinter diesem historischen Motiv mehr, als textlich auf einer Postkarte untergebracht werden könnte. Gleichzeitig belegt die alte Ansicht wie wenig sich am traditionellen Erscheinungsbild der historischen Celler Altstadt gewandelt hat.
H. Altmann
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