f CZ am 6. Mai 1943 ~ Heimatforschung im Landkreis Celle

Montag, 5. Mai 2014

CZ am 6. Mai 1943

Bild: Titelkopf CZ. 
Quelle: CZ, 6. Mai 1943. 


Auf den Tag, vor 71 Jahren erschien die vorliegende Ausgabe der Celleschen Zeitung. In diesem Jahr hatte sich das Blatt für die Achsenmächte bereits längst gewendet - die Armeen im Osten wurden immer weiter durch die Rote Armee nach Westen gedrängt. Das Afrika-Korps unter Generalleutnant Erwin Rommel befand sich zu dieser Zeit in der Auflösung - am 13. Mai 1943 folgte die endgültige Kapitulation. Der Weg für die Alliierten nach Italien wurde somit frei. In der Heimat sah es nicht besser aus: der Luftraum über dem Reich wurde faktisch von den Alliierten beherrscht. Auch Luftangriffe bei Tageslicht waren nun möglich. Insgesamt stellte sich die Lage bereits am 6. Mai 1943 als aussichtslos dar. Darüber berichtete die Zeitung natürlich nicht. Folgende Meldungen seien als die relevantesten Vorgestellt. 

Die Bilder können durch Anklicken vergrößert werden. 

Bild: "Das Stahlbad von Krymstaja"
Quelle: CZ am 6. Mai 1943. 


Der so genannte "Kuban-Brückenkopf" war eine deutsche Auffangstellung auf der Taman-Halbinsel in Südrussland. Zunächst wurde diese Verteidigungslinie eingerichtet, um einen erneuten Vormarsch und Angriff auf die Ölfelder im Kaukasus zu ermöglichen. Dazu kam es nach der Niederlage von Stalingrad jedoch nicht mehr. So wurde der Kuban-Brückenkopf zu einem der wichtigsten Knotenpunkte beim gesamten Rückzug der Heeresgruppe Süd

Bild: Lage am Kuban-Brückenkopf im Jahr 1943. 
Quelle: Google Earth. 


Krymstaja, das heutige Krymsk, liegt im südlichen Bereich des Kuban - dem Fluss, welcher der Auffangstellung ihren Namen gab. Erst im Oktober des Jahres 1943 durften sich die deutschen Truppen über die Meerenge von Kertsch zurückziehen. 

Im CZ-Artikel vom 6. Mai wird deutlich, wie heftig die Kämpfe in diesem Gebiet waren. Auf den Schultern der deutschen Verteidiger lastete eine große Verantwortung - wäre der Kuban-Brückenkopf gefallen, so wären hunderttausende deutscher Soldaten in russische Gefangenschaft geraten. Allerdings drückte der Artikel die tatsächlichen Ereignisse sicherlich noch harmlos aus. Derartige kleine "Erfolge" wie die Vernichtung von einzelnen Panzern durch Mineneinsatz, konnten die Rote Armee sicher nicht aufhalten. 

Bild: Karte des Kuban-Brückenkopfes. 
Quelle: http://oi26.tinypic.com/2vrykhk.jpg 


Ein weiterer CZ-Artikel vom 6. Mai 1943 beschäftigt sich mit der wirtschaftlichen Frage wie sich die Weltwirtschaft nach dem Krieg weiterentwickeln wird (Bild durch Anklicken vergrößern). 

Bild: "USA-Export soll England erdrücken"
Quelle: CZ am 6. Mai 1943. 



Was damals wohl als reine Propaganda zu werten ist, sollte bei Kriegsende zwei Jahre später immens an Bedeutung gewinnen. Die Vermutung, dass die USA und England auf dem Weltmarkt in gegenseitige Konflikte geraten sollten, bewahrheitete sich nur bedingt. Natürlich hatte man 1943 nicht daran geglaubt, dass Deutschland den Krieg verlieren würde. Zumindest wurde diese Meinung nicht in öffentlichen Zeitungen bekannt gemacht. Allerdings reifte nach dem Krieg der so genannte Marshallplan zum größten Wiederaufbauprogramm der USA nach dem Zweiten Weltkrieg. Für die USA war der nette Nebeneffekt ein sicherer Absatzmarkt für die eigene Wirtschaft, die ja ohnehin, bedingt durch die Kriegsproduktion, boomte. 

Im Jahr 1943 war dies alles wohl noch nicht absehbar - genauso wie die Tatsache, dass Italien nicht wieder zu dem Bündnispartner werden sollte der es zuvor gewesen war. Bereits im Juli des Jahres sollte der "Duce" endgültig von der Macht abgesetzt werden. Wenn es im CZ-Artikel vom 6. Mai 1943 also von "unerschütterlicher Treue, Liebe und unlösbare(r) Verbundenheit des italienischen Volkes" die Rede ist, so kann das nur propagandistisches Wunschdenken gewesen sein. 


Die NS-Propaganda ließ keine Gelegenheit aus, dem Volk klarzumachen wer letztlich für viele Probleme verantwortlich zu machen war: die Juden. Oft waren es nicht einmal direkte Anfeindungen und gezielte Beschuldigungen. Um die Meinung der Massen zu beeinflussen kamen regelmäßig auch mehr oder weniger subtile Mittel zum Einsatz. Ein gutes Beispiel dafür liefert ein CZ-Artikel vom 6. Mai 1943 (durch Anklicken vergrößern): 

Bild: "Jude in New York"
Quelle: CZ am 6. Mai 1943. 



Man muss nicht lange überlegen, um die Intention des Artikels zu begreifen - nun ist man heute gerade bei dieser Thematik auch besonders sensibel. Zum einen zielt der Beitrag deutlich darauf ab Menschen jüdischer Herkunft zu diffamieren. Zum anderen sollen ebenfalls die Kriegsgegner (USA) in ihrem Ruf beschädigt werden. So werden die Amerikaner ihrerseits als Antisemiten dargestellt. Dies scheint mehr als paradox wenn es aus der Feder nationalsozialistischer Hetze stammt. Andererseits ergibt es auch einen gewissen Sinn mit dem Kriegsgegner anzubiedern: möglicherweise erkennt man ja auch in den USA, dass die eigentliche Schuld bei "den Juden" liegt. 

Insgesamt besticht dieser Artikel daher, gerade vor dem Hintergrund der massiven Verfolgungen in Europa, durch völlige Geschmacklosigkeit. 


Einen Einblick in die NS-Organisation der "Deutschen Frauenschaft" erlaubt ein weiterer Artikel der CZ vom 6. Mai 1943 (durch Anklicken vergrößern). 

Bild: "Nichts für Uns - Alles für Deutschland"
Quelle: CZ am 6. Mai 1943. 



Oftmals wird vergessen wie vielschichtig das NS-Regime agierte. Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg waren zahlreiche Parteiorganisationen eingeführt worden, die vor allem eins zum Ziel hatten: die Gleichschaltung des Volkes. Bei jedem, der einer NS-Organisation zugehörig war, war die NS-Ideologie, zumindest auf dem Papier, angekommen. Das System stützte sich auf eine Vielzahl von Unterorganisationen, die seinen Fortbestand sichern sollten. Die NS-Frauenschaft war die Frauenorganisation der NSDAP in der alle nicht-nationalsozialistischen Frauenverbände aufgingen, was letztlich zur völligen Gleichschaltung dieser Organisationen führte. 


Einen Bestandteil der Organisation "Kraft durch Freude" (KDF) bildete die Darbietung öffentlicher Veranstaltungen, Reisen und dergleichen. In der CZ vom 6. Mai 1943 wurde diesbezüglich auf den Beginn einer neuen Spielzeit im Schlosstheater verwiesen (durch Anklicken vergrößern): 

Bild: "Das Schlosstheater vor einer neuen Spielzeit"
Quelle: CZ am 6. Mai 1943. 



Es folgten in der Ausgabe vom 6. Mai 1943 noch einige amtliche Bekanntmachungen, wie z.B. die Verleihung von Eisernen Kreuzen 1. und 2. Klasse. Weiterhin wurde auf Treffen der HJ und des BDM hingewiesen. Darauf soll nicht näher eingegangen werden. 


Bild: "Mitteilungen aus der NSDAP"
Quelle: CZ am 6. Mai 1943. 


Insgesamt zeichnet die CZ vom 6. Mai 1943 ein augenscheinlich ruhiges Bild. Wer die Geschichte kennt weiß, dass dem absolut nicht so war. So verschwieg die Zeitung den Verlust des gesamten Afrika-Korps, der sich in eben diesen Tagen vollzog. Die Ereignisse am Kuban-Brückenkopf werden als dramatisch, aber zum einen weit weg und zum anderen noch immer als verherrlicht dargestellt. Der Rest der Zeitung von diesem Kriegstag im Mai 1943 bestand im Grunde aus Propaganda. 

Aus heutiger Sicht - mit Blick auf die damaligen Ereignisse - kann man festhalten, dass die Celler Bürger am 6. Mai 1943 eine ganze Menge Unwahrheiten zu lesen bekamen. Viel schlimmer ist jedoch, dass der Großteil der Bevölkerung an diese Unwahrheiten glaubte. 


H. Altmann




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